Bottrop. Weinerlichkeit, Appetitmangel und aggressives Verhalten können Anzeichen einer Depression bei Kleinkindern sein. Kinder- und Jugendpsychiaterin Dr. Birgit Brosche-Bockholt beobachtet, dass immer mehr mehr Mädchen und Jungen in ihre Praxis kommen. Bei älteren seien häufig Mobbing, Leistungsdruck oder die Scheidung der Eltern Auslöser emotionaler Störungen.

„Eine Depression äußert sich einerseits in der Denkweise und andererseits in der Verhaltensweise der Kinder und Jugendlichen. Betroffene haben oft das Gefühl, ihnen gelingt nichts mehr, sie fressen dann alles in sich hinein“, erklärt Kinder- und Jugendpsychiaterin Dr. Birgit Brosche-Bockholt.

Brosche-Bockholt, selbst zweifache Mutter inzwischen erwachsener Kinder, hat in ihrer Praxis am Kirchhellener Ring 89 kürzlich ihr Einjähriges gefeiert. Sie behandelt das gesamte Spektrum kinder- und jugendpsychiatrischer Erkrankungen, vom Säuglingsalter beginnend bis zum 21. Lebensjahr. Sie ist gut vernetzt, kennt die Strukturen in der Stadt und hat an Schulen etliche gesundheitsfördernde Projekte begleitet.

Erschreckend hohe Zahlen

Der Zulauf zu ihrer Praxis sei derzeit sehr groß, der Anteil an Kindern und Jugendlichen mit Depressionen erschreckend hoch. „Immer häufiger müssen Jugendliche aufgrund akuter Selbstmordgefahr direkt in die Klinik eingewiesen werden“, berichtet die Fachärztin. Oft kämen viele Ursachen zusammen: schulischer Leistungsdruck, Mobbingsituationen, Scheidungen der Eltern oder Todesfälle in der Familie.

Auch bei den Kleinsten

„Auch sehr junge Kinder können schon unter einer emotionalen Störung leiden, die sich dann durch Weinerlichkeit, Bauchschmerzen, keine Lust am Spielen, Appetitmangel und Unruhe zeigen können. In schweren Fällen können sich sogar erneutes Einnässen und Einkoten zeigen. Kindergartenkinder bringen ihre Traurigkeit manchmal auch durch aggressives Verhalten zum Ausdruck“, erklärt Brosche-Bockholt. Depressive Erkrankungen können auch mit anderen Krankheitsbildern gemeinsam vorkommen: mit Ängsten, ADHS, Essstörungen, Zwangserkrankungen, Suchterkrankungen und traumatischen Erlebnissen wie körperliche Misshandlung oder sexueller Missbrauch.

In einigen Fällen leiden die Betroffenen unter einem geringeren Selbstbewusstsein. „Es ist wichtig, dass das Umfeld genau beleuchtet wird, um die Ursache für die Depression zu erschließen“, führt Dr. Birgit Brosche-Bockholt aus. Vor einer weiteren Therapieplanung sind deshalb Gespräche mit den Eltern der Kinder und Jugendlichen notwendig. Aber auch Lehrer, Familienhelfer und Betreuer müssten miteinbezogen werden. Nach der Diagnose wird gemeinsam überlegt, ob eine stationäre, eine ambulante Therapie oder gar ein Antidepressivum erforderlich ist.