Bottrop. Der Wahlkampf verändert die Kandidaten, zumindest auf den Plakaten. Den Abgelichteten wachsen Bärtchen, fallen die Zähne aus oder es bilden sich Teufelshörner auf der Stirn. „Man sollte solche Dinge nicht überbewerten”, beruhigt Politikwissenschaftler Dr. Timo Grunden.
Schnell ist der schwarze Filzstift gezückt und das Konterfei verunziert. Was verbirgt sich hinter solchem Vorgehen eigentlich?
Für Politikwissenschaftler Dr. Timo Grunden von der Uni Duisburg-Essen ist die Antwort klar: „Ich glaube nicht, dass es sich dabei um eine ernsthafte Meinungsäußerung oder Ablehnung handelt. Es geht einfach um Vandalismus.” Rechtlich passiere hier Sachbeschädigung, sagt der Forscher, zumeist von Kindern oder Jugendlichen. „Man sollte solche Dinge nicht überbewerten.”
Gelassenheit zeigen deshalb wohl auch die Bottroper Parteien. Strafanzeige hat noch keine gestellt. Einhellig ist man der Meinung, dass dies wohl auch sinnlos wäre. „Man müsste den Verursacher schon auf frischer Tat ertappen”, sagt CDU-Geschäftsführer Christoph Holsträter. Mitglieder und Kandidaten gehen aber regelmäßig Patrouille, um beschädigte Plakate auszutauschen. „Gerade in der City kann man davon ausgehen, dass innerhalb der sechs Wochen jedes Plakat einmal ausgetauscht wird”, sagt Johannes Bombeck von der ÖDP. Die Öko-Demokraten rätseln übrigens über den Verbleib ihrer Plakate in Kirchhellen. „Die Hälfte ist einfach verschwunden.”
Einfach verschwunden
Die SPD hat einen gewissen Schwund bei ihren Plakaten von vornherein eingeplant. „Zehn bis 15 Prozent Verlust muss man kalkulieren, schon wegen der Witterung”, sagt Anja Kohmann von der Geschäftsstelle. Den Ersatz unleserlicher und unansehnlicher Plakate regelten Mitglieder der Ortsvereine und Kandidaten. „Alle zwei bis drei Tage sind die unterwegs und kontrollieren sämtliche Plakate”, beschreibt Anja Kohmann den zusätzlichen Aufwand.
Marcel de Jong von der DKP-Geschäftsstelle gibt zu, bei einigen „Verschönerungen” schmunzeln zu müssen. Trotzdem tauschen auch die Kommunisten verunstaltete Wahlplakate aus. Ernsthafte Parolen hat er selten auf den verschmierten Plakaten ausgemacht. „Hörner, Bärtchen oder Zahnlücken lassen auf Kinderstreiche schließen”, urteilt de Jong.
Ähnlich die Beobachtung von Sigrid Lange von den Grünen. „Manches tun wir lächelnd ab und plakatieren einfach neu.”
Wichtig sei, dass man nichts von all dem persönlich nehme, meint FDP-Ratsfrau Ruth Becker. „Ich mache seit 40 Jahren Wahlkampf. Mich kann nicht mehr viel überraschen. Ich hatte schon Zahnlücken, Bärte und sogar einen Zylinder auf dem Kopf”, erinnert sie sich. Nur wie bei der ÖDP seien auch FDP-Plakate in Kirchhellen spurlos verschwunden.