Bottrop. Für eine 40-Stunden-Woche fehlt in diesem Amt häufig die Zeit. Doch als Oberbürgermeister Einfluss zu nehmen, gleicht offenbar die Mühen aus.
Zum Oberbürgermeister gewählt werden kann theoretisch jeder unbescholtene Bürger, der mindestens 23 Jahre alt ist und im Bundesgebiet wohnt. Was es in der Praxis heißt, erster Repräsentant einer Stadt, Vorsitzender des Rates und Chef der Verwaltung zu sein, skizziert der scheidende Oberbürgermeister der Stadt, Peter Noetzel. Ab dem 20. Oktober wird der 63-Jährige in den Ruhestand treten. Seit fünf Jahren bekleidet er das höchste Amt in Bottrop.
Das Amt erfordert Präsenz
Dass er dabei mit einer 40-Stunden-Woche oft nicht auskam, hat Noetzel nie gestört. „Die Aufgaben sind ja auch interessant”, sagt er. Gerade in einer überschaubaren Stadt wie Bottrop komme es stark auf die Präsenz des OB vor Ort an. „Das wird von diesem Amt und mir erwartet.” Seien es Veranstaltungen von Vereinen, Verbänden, Firmen oder anderen Einrichtungen, bisweilen auch Privatleute mit einem Altersjubiläum - das Grußwort vom Oberbürgermeister ziert das Ereignis.
Dann sind da die vielen Gremien und Gesellschaften, denen die Stadt angehört. Ob es der Regionalverband, der Energie-Versorger ELE, die Sparkasse oder die Wohnungsbaugesellschaft ist - „ständig gibt es Versammlungen, zu denen man vorbereitet erscheinen muss”, sagt Noetzel. Ein Blick in den Terminkalender Peter Noetzels auf einen Tag im Frühjahr spiegelt den Arbeitsalltag des Oberbürgermeisters wider.
Blick in den Terminkalender
9 Uhr: Tagung der Gesellschaft „Arbeit für Bottrop”. - 11 Uhr: Überreichung eines Bundesverdienstkreuzes. 12.30 Uhr: Mittagessen mit OB Baranowski und Landrat Welt. 14 Uhr: Tagung Risiko-Ausschuss der Stadtsparkasse. 16 Uhr: Gespräch mit der Leitung des Berufskollegs. 18 Uhr: Sport-Gala der WAZ.
„Nicht immer sind es so viele Termine an einem Tag, häufig dauern aber einzelne Veranstaltungen deutlich länger”, sagt Noetzel und denkt da vor allem an Ausschuss- und Ratssitzungen.
Bottrops OB ist Chef von 1700 Verwaltungsmitarbeitern. Da sind Personalentscheidungen zu treffen, da gibt es Auseinandersetzungen, da muss organisiert werden. Gesetzlich vorgeschrieben ist für das Amt auf jeden Fall die Innenrevision. Dass Noetzel zusätzlich noch den Dezernatsbereich Wirtschaftsförderung an sich gebunden hat, war seine Entscheidung.
Doch, juristisches Verständnis, wie er es auf der Verwaltungsakademie mitbekommen habe, könne in diesem Beruf nicht schaden, meint er. Fingerspitzengefühl und politische Erfahrung aber auch nicht. Denn ein Oberbürgermeister habe weitergehende Möglichkeiten als ein Ratsmitglied. „Das macht ja auch die Attraktivität aus”, sagt Noetzel. Eine fachlich abgestimmte Meinung nach vorne zu bringen, das hätte ihn immer gereizt, deshalb hab er dieses Amt angestrebt.
Mehrheiten zu bilden wird schwieriger
Ist es das, was man auch als Macht bezeichnet? - „Ich würde es nicht Macht nennen. Ich nenne es: Einfluss nehmen.” Das aber wird in Zukunft nicht einfacher, glaubt der scheidende Amtsträger. „Das politische Handeln im Haus wird schwieriger, wenn es mehr politische Gruppen im Rat gibt. Denn es gilt ja, Mehrheiten zu bilden. Das war in der Vergangenheit leichter”, sagt Noetzel.