Bottrop. . Vor den Augen des neunjährigen Sohnes ging der 40-Jährige auf seine Ehefrau los, verletzte sie schwer. Doch für diesen versuchten Totschlag soll er nicht verantwortlich sein. Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen hält den psychisch erkrankten Mann für schuldunfähig und will ihn in die geschlossene Psychiatrie einweisen lassen, weil er weiterhin gefährlich sein soll.
Vor dem Essener Schwurgericht gesteht der Beschuldigte am Freitag die lebensgefährliche Attacke mit der 1,6 Kilo schweren Axt. Er schränkt aber ein: Keineswegs habe er seine Frau zu töten versucht: „Ich wollte sie nur verletzen, habe sie nur an der Schulter getroffen.“ Sie hätte immer etwas an ihm auszusetzen gehabt, klagt er vor dem Gericht.
Seit 2009 lebt das Ehepaar getrennt voneinander. 1988 hatten die beiden in der Türkei geheiratet, drei Kinder bekamen sie, neun bis 21 Jahre alt. Laut Anklage ist der Beschuldigte seit mehreren Jahren an einer paranoiden Psychose erkrankt, hört Stimmen und wurde mehrfach in der Psychiatrie behandelt. Arbeiten kann er wegen der Erkrankung auch nicht mehr. Hinzu kommt ein Alkoholproblem. Er sagt selbst, am Tattag „viel Bier“ getrunken zu haben. Was „viel“ meint, fragt Richter Andreas Labentz. „So sieben bis acht Flaschen Bier“, bekommt er zur Antwort.
Auf die Familie wirkte sich das natürlich schon längere Zeit aus. Die Ehefrau hatte bei der Polizei von einem Martyrium gesprochen, das zur Trennung führte. Regelmäßig sei sie von ihrem Man angegriffen worden, mit dem Messer oder dem Bügeleisen hätte er sie attackiert. Als Richter Labentz dem Beschuldigten diese Vorwürfe vorhält, weist dieser sie barsch und eindringlich zurück: „Das stimmt alles nicht.“ Nach der Trennung behielt sie die Kinder, er zog zu seinen Eltern.
„Ich dachte, was macht der denn hier“
Eine Woche vor der Tat am 18. November vergangenen Jahres hatte der jüngste Sohn des Paares Geburtstag. Ohne Wissen seiner Frau plante der Beschuldigte aus diesem Anlass einen Besuch: „Ich wollte ihm zum Geburtstag gratulieren.“ Die Frau lag auf dem Sofa, der Neunjährige öffnete dem Vater. „Ich dachte, was macht der denn hier“, schildert die Ehefrau die Sekunden vor der Tat. Sofort habe ihr Mann aus einer mitgebrachten Plastiktüte die Axt geholt. „Er sagte, das ist das Geschenk für unseren Sohn.“ Dann habe er die Axt mit beiden Händen hochgehoben und auf ihren Kopf geschlagen. „Stirb!“, hätte er dabei gerufen. Einmal traf er den Kopf, einmal den Nacken
Ihr sei die Flucht in den Flur geglückt, wo er sie aber eingeholt und erneut geschlagen habe. Zum Glück kam der ältere Sohn vorbei und drängte den Vater samt Axt aus der Wohnung. Das Schwurgericht hat noch zwei weitere Prozesstage für das Verfahren angesetzt.
Eigentlich sollte der neunjährige Sohn aussagen; allerdings nicht im Saal, sondern per Videokonferenz. Die Konfrontation mit dem Vater sollte ihm erspart bleiben. Doch alle Beteiligten verzichteten auf die Aussage.