Bottrop.

Die Kommunalpolitik als neues Betätigungsfeld – das haben sich die Bottroper Piraten zumindest vorgenommen. Wie die etablierten Parteien darauf reagieren wollen: SPD, CDU, ÖDP, Grüne und DKP beziehen Stellung zur neuen Konkurrenz.

Die neue Partei will sich einarbeiten und zu den Themen, die vor Ort wichtig sind, mitreden (die WAZ berichtete). Langfristig peilen die örtlichen Piraten – selbstbewusst durch den Berliner Rückenwind und die bundesweite Sympathiewelle – auch den Einzug ins Bottroper Rathaus an.

Damit treten sie in direkte Konkurrenz zu den anderen Parteien, die sich zum Teil schon seit Jahren in der Bottroper Politikszene und auch im Rat etabliert haben.

Grund genug einmal nach zu fragen, wie die Ratsparteien auf die Neulinge reagieren. Bis auf die freien Wähler haben alle Parteien geantwortet. Nimmt man die Konkurrenz wahr? Fühlt man sich bedroht? Hat man möglicherweise schon Gemeinsamkeiten entdeckt und kann sich – in einzelnen Punkten – eine Zusammenarbeit vorstellen?

SPD

Die Partei gibt sich gelassen. Ob die Piraten auf kommunaler Ebene zur Konkurrenz wird, „muss die Piraten-Partei selbst beweisen“. Derzeit sehen die Genossen jedoch „weder ein Konzept noch eine sachliche Befassung mit kommunalen Themen“. Daher sei es auch schwierig, über mögliche Überschneidungen oder gar eine Zusammenarbeit nach zu denken. Allerdings gibt der Parteivorsitzende Michael Gerdes zu, dass sich die Bottroper SPD in ihrer letzten Sitzung mit den Piraten befasst hat „und das kommunale Handeln der Piraten-Partei mit Interesse verfolgt“.

CDU

Auch die Christdemokraten sind neugierig auf die lokalen Äußerungen der Piraten. Bekannt sei ihnen bisher nichts. Grundsätzliche gelte aber: „Jede Partei, die sich zur Kommunalpolitik äußert, gilt es ernst zu nehmen“, so der Fraktionsvorsitzende Hermann Hirschfelder. Zumal Forderungen nach Freiheit im Internet oder Basisdemokratie bei jungen Wählern sicher populär seien. Forderung der Piraten nach Transparenz teile die CDU, allerdings nur so weit, wie der Datenschutz sicher gestellt sei. Aber eine Übertragung der Ratssitzung per Live-Stream im Internet sei ja eine Forderung der CDU. Deshalb begrüße man die Entstehung der neuen Partei, „wenn es hilft, Menschen neugierig zu machen auf Politik“.

ÖDP

Hier hat man sich schon häufiger mit der neuen Partei befasst. „Ob sie zu einer kommunalen Konkurrenz werden, ist momentan noch nicht absehbar“, so das ÖDP-Urteil. Das hänge auch von der programmatischen Entwicklung der Partei – nicht nur auf kommunaler Ebene – ab, findet Ratsherr Johannes Bombeck. Aber die ÖDP sieht auch Gemeinsamkeiten, etwa bei der Forderung nach Transparenz und Bürgerbeteiligung, warnt die Piraten aber auch, dass die „Große Koalition aus SPD und CDU Bottrop noch politisch dominiert“. Die direkte Konkurrenz durch die Piraten fürchtet die ÖDP nicht. Darunter hätten, so die selbstbewusste Einschätzung, andere Parteien eher zu leiden.

Die Grünen

Konkurrenten bei den Wahlen blieben in Bottrop die Mehrheitsfraktion SPD und die „Noch-Mehrheitsfraktion“ CDU stellen die Grünen klar. Mit den Piraten habe man sich „am Rande der Landtagswahl sehr vereinzelt vor Ort beschäftigt“, so die Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda. Die Forderung nach Transparenz sei möglicherweise ein sehr allgemeiner gemeinsamer Ansatz. Ansonsten vermissen die Grünen konkrete lokale Ansätze. Daher beobachte man die Piraten vor Ort, ist jedoch davon überzeugt, dass die Konkurrenz bei den nächsten Wahlen SPD und CDU heißt.

DKP

Die DKP erinnert daran, dass politische Veränderungen immer außerhalb von Parlamenten beginnen und im Rat jede demokratische Partei willkommen sei, „die sich gegen die Koalition der beiden großen Fraktionen wendet“. Würden die Piraten ihrem Anspruch gerecht, seien sie für die DKP keinen Konkurrenten, „sondern Partner“, erklärt deren Fraktionsvorsitzender Michael Gerber. Damit spielt die Partei auf die Forderung nach Transparenz an und mehr Demokratie an. Eine Forderung, die auch die DKP stelle. „Wie Störtebeker“ kämpfe man für die kleinen Leute, vergleicht Gerber. Allerdings gebe es einen großen Unterschied: „Die Piraten stehen für die digitale, die DKP dagegen für die soziale Revolution.“

FDP

Die Freien Demokraten geben zu, dass zunächst einmal jede Partei auch Konkurrenz sei. Trotzdem sieht die FDP vor Ort „inhaltliche Schnittmengen“, etwa in Fragen der Netzpolitik und der Freiheits- und Grundrechte. Es habe sogar Versuche gegeben, Kooperationsmöglichkeiten zu nutzen, sagt Ratsherr Oliver Mies. So hätten sich an Unterschriftenaktion der Jungen Liberalen auch Piraten beteiligt. Ziel war es, die Weitergabe von Meldedaten durch das Bürgeramt zu unterbinden. Die Bottroper FDP verfolgt den Werdegang der Piraten mit Interesse, zumal sich bei einem Piraten-Erfolg im Rat „ganz neue Konstellationen“ ergeben könnten.

Die Linke

Als „sehr monothematisch“ hat die Linke die Piraten-Partei aus dem Landtagswahlkampf in Erinnerung. Gleichwohl habe man dafür plädiert, auch Piraten-Vertreter zu Podiumsdiskussionen einzuladen, erinnert Ratsherr Christoph Ferdinand. Ein kommunaler Bezug sei damals noch nicht erkennbar gewesen. Sollte sich das verändert haben, sei eine „punktuelle Zusammenarbeit“ auf kommunaler Ebene immer möglich. Allerdings stört sich die Linke am teilweise unkritischen Umgang mit ehemaligen NPD-Mitgliedern innerhalb der Piraten-Partei. Die örtliche Linke will abwarten, „ob der Charme des Neuen auf Dauer reicht“. Zumal Antworten auf große gesellschaftliche Fragen fehlten.