Bottrop-Kirchhellen. Seine Enkelin Luise hat „Oppa Kurt“ Guske 2014 ans Schreiben gebracht. Seitdem legt der Mann immer neue Bücher hin – gern in Versform.
Für jede Lebenslage einen Spruch auf Lager zu haben, erfordert Witz und Schlagfertigkeit. Kurt Guske (79) kann das noch toppen: Er dichtet aus dem Stegreif.
Und zwar so schnell und so treffend, dass Enkelin Luise ihn einst aufforderte: Du kennst doch so viele Gedichte; schreib die doch mal auf. Luise konnte nicht wissen, dass sie den fünf Berufen, die ihr Opa ausgeübt hatte, eine weitere Berufung hinzufügen würde: Seitdem schreibt der Mann. Und wie.
Zuerst zu den fünf Berufen. Bergmannssohn Kurt Guske, sechstes von neun Kindern, hat mit 14 Jahren seine Lehre als Chemiefacharbeiter bei Ruhröl angetreten. 54 D-Mark hatte er in seiner ersten Lohntüte. Später hat er sich dann vom Bund deutscher Detektive in zwei Jahren zum Ermittler ausbilden lassen. („Da habe ich Geschichten erlebt. Hab ich dir schon erzählt, wie...“ Später, Kurt, später. Erst mal zum Lebenslauf). Taxi gefahren und gekellnert hat Guske nebenbei auch: Die Kinder sollten es schließlich später mal besser haben.
Das erste Buch des Bottropers: „Oppa Kurt“
Nach einer schweren Erkrankung hat ihm die Landesversicherungsanstalt, heute Deutsche Rentenversicherung, eine Umschulung zum Chemielaboranten bezahlt. „Aber das war todlangweilig.“ Also wurde Guske Inspektor bei einer Rechtsschutzversicherung, später lernte er dann noch Pharmareferent. Aus diesem Beruf ging er in Rente. Mit 69 Jahren, wohlverstanden – und entdeckte dank der Enkelin das Schreiben.
„Oppa Kurt“ hieß, naheliegend, im Jahr 2014 sein erstes Buch, Untertitel: „Pottpoesie und mehr“. Fortan hatte er sein Hobby gefunden. Er schrieb weiter Gedichte sowie Weihnachtsgeschichten für die Aktion „Lichtblicke“, wurde Mitglied des Bottroper Autorenkollektivs „Arial 10“. Außerdem wollte er „eine Vampirgeschichte schreiben, wie sie noch nie geschrieben wurde.“ Heraus kamen 80 gereimte Seiten über den „Graf von Dunkelstein“.
2021 erschien seine Liebeserklärung an Kirchhellen
2019 bewies er mit seinem ersten Roman „Entführt, vermisst, verschollen“, dass er auch Prosa kann. 2021 verfasste er mit „Unser Hinterhof“ eine natürlich gereimte Liebeserklärung an seine Heimat Kirchhellen.
Sein siebtes Buch wurde im selben Jahr sein erstes Kinderbuch. Sogar seine schwere Erkrankung machte er zum Thema seiner Gedichte und damit seinen Leidensgenossen im Essener Uniklinikum damit Mut.
Ein bekannter Tumorforscher dort war so beeindruckt, dass er sich „Oppa Kurts“ Verse über „Mein Karzinom und meine Metastasen“ an die Pinnwand heftete. „Es macht mir Spaß zu reimen“, sagt Guske. „Und ich möchte mit den Gedichten ein wenig Spaß verbreiten.“
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Und das gelingt ihm. Nicht nur in seinen Büchern, auch auf dem Markt oder sonstwo im Dorf. „Oppa Kurt“ kann kaum an einer Mutter mit Kind vorbeigehen, ohne ihr ein paar nette Worte zu sagen oder ihr in Echtzeit ein Gedicht zusammenzureimen. Und für die Kinder hat er immer ein 24-Seiten-Bilderbuch in der Jacken- oder Westentasche. „200 Stück von den kleinen Büchern verteile ich im Jahr. Und wenn mir ein Kind aus seinem Buggy zuwinkt, weil es mich erkennt, dann geht mir das Herz auf.“
Autobiografie des Bottropers soll „jetzt aber wirklich“ fertig werden
Diesen Monat ist Guskes neuer Gedichtband „Affenärger“ erschienen. Weitere Buchprojekte hat er bereits in Arbeit. Wie 2021 („Die kleine Schneeflocke Sternenschein“) und 2022 („Wie der Weihnachtsstern seinen Schweif bekam“) will er auch diese Weihnachten ein Kinderbuch fertig haben. Die Vampirballade über die von Dunkelsteins will er weiter schreiben. Und dann hat er noch einen Abenteuerroman in Arbeit. In dem wird er etliche Erlebnisse aus seiner Zeit als Privatermittler einfließen lassen.
(Nein, Kurt, das werden wir hier nicht erzählen. Schreib’s einfach auf.)
Zu viel um die Ohren: „Oppa Kurt“ hört auf als Hausmeister
Außerdem schreibt Kurt Guske an seinem Spätwerk. Seine Autobiografie hat er seit Jahren angekündigt, aber dieses Jahr soll sie nun wirklich fertig werden. Auch aus diesem Grund hängt er seinen Hausmeisterjob im Hochhaus an der Freiligrathstraße im Herbst an den Nagel.
Hausbesitzer Norbert Verfürth hat die Kündigung mit Bedauern zur Kenntnis genommen, denn „Oppa Kurt“ ist nicht nur im eigenen Haus ein echter Kümmerer. Beispiel gefällig?
Letztens stolperte Guske, mit Päckchen beladen, vor der Pauluskirche auf dem Weg zur Post über einen vorstehenden Gully auf dem Bürgersteig am Kirchhellener Ring. „Bauarbeiter haben mir geholfen und erzählt, das sei schon öfter dort passiert. Da muss sich doch einer drum kümmern!“ Guske kümmerte sich und rief bei der Stadt an. Am nächsten Tag standen dort zwei Warnbaken. Inzwischen ist der Gully abgesenkt worden. „Siehste“, sagt Guske: „Geht doch.“
Kurt Guske: Affenärger (10 Euro). Gill-Verlag Kaarst, ISBN 978-3-926800-62-6.