An Rhein und Ruhr. Immer mehr Menschen werden Opfer des Enkeltricks. Nun können Täter sogar vertraute Stimmen nachstellen. So funktioniert die gefährliche Masche.
Die Zahl der Schockanrufe in NRW hat stark zugenommen. Im vergangenen Jahr sind dem Landeskriminalamt 8210 Fälle der im Volksmund als „Enkeltrick“ bekannten Telefonmasche bekannt worden. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 waren es landesweit noch 6919 Betrugsfälle. Das entspricht einem Anstieg von mehr als 15 Prozent, meist werden Seniorinnen und Senioren Opfer der Schockanrufe, wie die Landesbehörde auf NRZ-Anfrage mitteilt.
Dabei täuschen die Betrüger eine vermeintliche Notsituation von Angehörigen des Opfers vor, etwa einen Autounfall oder eine Entführung, die sich nur mit Geld klären ließe. In die Statistik fließen ebenfalls Taten mit derselben Masche über Chat-Nachrichten auf dem Handy ein. Auch bei dieser Variante sei die Fallzahl „stark zunehmend“, so LKA-Sprecherin Daniela Dässel.
Schockanrufe mit KI: Stimmen von Angehörigen werden täuschend echt imitiert
Eine Trendwende ist in Zukunft kaum zu erwarten. Durch den technologischen Fortschritt wird es für Ermittler immer schwerer, die Täter zu entlarven. Experten warnen bereits vor dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz, kurz KI, bei Schockanrufen. Die Computerprogramme bedienen sich dafür an echten Stimmaufnahmen aus den sozialen Medien. „So lernt die KI, wie reale Menschen zu klingen und die echten Angehörigen zu imitieren“, berichtet der Spam-Schutz-Experte Thomas Wrobel. Durch die vertraute Stimme haben Verbrecher oft leichtes Spiel.
Auch Sprachbarrieren können die Täter, die laut LKA in der Regel aus dem Ausland agieren, mithilfe der Technik umgehen. Wrobel: „Programme wie ChatGPT können mühelos und binnen von Sekunden fehlerfreie Texte verfassen, die von der gefälschten Stimme nur noch vorgelesen werden müssen. Damit ist auch die Grammatik kein Problem mehr für Verbrecher und die Bedrohung durch die unechten Stimmen nimmt weiter zu.“ In den USA wurden demnach allein im vergangenen Jahr rund 5000 Menschen zum Opfer der neuen Masche, der Schaden beläuft sich schätzungsweise auf etwa 11 Millionen US-Dollar. Verschiedene Medienberichte legen nahe, dass Schockanrufemit Künstlicher Intelligenz auch in Deutschland angekommen sind.
Straftaten mit Künstlicher Intelligenz: LKA warnt vor neuen Gefahren in NRW
In Nordrhein-Westfalen seien solche Fälle zwar „immer noch die Ausnahme“, wie das LKA mitteilt, eine zunehmende Nutzung von KI beobachten die Ermittler „derzeit (noch) nicht“. Nichtsdestotrotz stellen die neuen Möglichkeiten für Kriminelle die Polizei vor Herausforderungen. Attraktiv sei der Missbrauch der Künstlichen Intelligenz durch den einfachen und kostengünstigen Zugang über das Internet. „Dies führt unweigerlich auch zum Einsatz der KI als Tatmittel von Straftaten“, warnt Dässel. Neben Betrugsabsichten sieht die Kriminalhauptkommissarin ein Risiko für verleumderische Taten.
Das LKA empfiehlt, wie bei den bisher bekannten Schockanrufen, grundsätzlich nicht auf Geldforderungen am Telefon einzugehen. Zudem sollten Betroffene versuchen, die angeblich in einer Notlage steckende Person auf normalem Weg zu kontaktieren. Bei vermeintlichen Entführungsszenarien wird zudem dringlichst zu einem Anruf bei der Polizei geraten.