Mülheim. Eine 79-Jährige hilft der echten Polizei in Mülheim, einen falschen Polizisten zu fassen. Für die rüstige Seniorin ist das schon fast Routine.
Ihren Spitznamen hat die Seniorin schon lange weg: „Miss Marple von Mülheim“ nennen sie bei der Polizei die inzwischen 79-Jährige. Am vergangenen Freitag hatte sie mit ihrem Enkel den echten Ermittlern geholfen, einen falschen Polizisten festzunehmen. Für die Rentnerin war es schon der vierte Fall nach dem gleichen Muster, den sie „gelöst“ hat. Trickbetrüger haben bei der trickreichen Frau keine Chance.
Der falsche Polizist hatte sich am Freitagnachmittag gegen 14.45 Uhr bei der Seniorin im Stadtteil Dümpten mit einer bekannten Masche gemeldet: Ihre Tochter sei in einen Verkehrsunfall verwickelt, sie müsse nun eine Kaution stellen - so schilderte die Polizeipressestelle den Vorfall in einer Mitteilung am Sonntagmittag. Kein Problem, so habe die 79-Jährige gegenüber dem Anrufer reagiert, sie habe 15.000 Euro in bar zu Hause und könnte diese an einen Boten übergeben. Was der spätere Geldabholer nicht wissen konnte: Inzwischen hatte der im Haus lebende Enkel parallel die Leitstelle der Polizei alarmiert. Dank der Infos des 20-Jährigen konnten sich die Beamten in Stellung bringen. Statt das Geld in Empfang nehmen zu können, klickten die Handschellen. Der 41-jährige polnische Staatsbürger wurde festgenommen. Ein Richter schickte den Mann noch am am Tattag in Untersuchungshaft.
Schockanrufer sitzen meist im Ausland
„Toll, klasse“, lobt eine Sprecherin der Polizei Essen/Mülheim die Aktion der Seniorin und ihres Enkels. Wichtig sei auch, dass sich die beiden nicht in Gefahr gebracht hätten, als sie Zivilcourage gezeigt haben. Nicht häufig gelingt es der Polizei, Geldboten zu erwischen. Die Schockanrufer selbst sitzen meist sogar im Ausland. Oft melden sich Opfer und Betroffene eines Trickdiebstahls aus Schamgefühl danach gar nicht bei den Ermittlern. Um so wichtiger sei der Zugriff in diesem Fall dank der Mithilfe der Seniorin: „Durch eine Festnahme ergeben sich immer neue Ermittlungsansätze“, so die Polizeisprecherin, „möglicherweise gibt es auch eine Chance, etwas über die Hintermänner zu erfahren.“
Zwei mal waren es falsche Enkel, zwei Mal waren es falsche Polizisten, die an der Mülheimerin scheiterten. Im Mai 2020, da hatte die zierliche Rentnerin mit Unterstützung von Familienangehörigen gerade zum dritten Mal Trickbetrüger hereingelegt, hatte die Frau einen Termin auf der Wache an der von-Bock-Straße in Mülheim. Der damalige Leiter Alexander Prim sprach ihr und ihrem Enkel seinen ausdrücklichen Dank aus. Für die geplante Geldabholung hatte die Frau damals ein altes T-Shirt und ein Paar Strümpfe in einen Schuhkarton gepackt. Zivilkräfte konnten kurz darauf drei Verdächtige festnehmen. Beim Termin auf der Wache gab es für die beiden Hobby-Detektive Präsente, Blumen und warme Worte.
„Vorsicht, Falle!“ und „Aktenzeichen XY“
Sie schaue gerne Sendungen wie „Vorsicht, Falle!“ und „Aktenzeichen XY“, hatte sie damals berichtet. Das schult: Dass sie jemals auf Trickbetrüger reinfallen könnte, glaubte sie nicht. Nachdem die Polizei den Fall publik gemacht hatte, stand das Telefon nicht mehr still. „Warst du das wieder?“, so hätten ihre Bekannten reagiert, erzählte sie vor zweieinhalb Jahren. Es dürfte auch im aktuellen Fall wieder genau so gewesen sein.