Bottrop. Anfang August starten die i-Dötzchen in ihr Schulleben. Zwei Bottroper Pädagoginnen zeigen, wie die Kinder darauf vorbereitet werden können.

Die Einschulung ist ein Meilenstein für jedes Kind – und oft ein wichtiges Ereignis für die ganze Familie. Anfang August werden die Schultüten geschultert. Doch wie bereitet man sein Kind am besten auf die Grundschule vor? Christina Eiden und Kirsten Wissing, die Rektorin der Fürstenbergschule und ihre Stellvertreterin, geben Tipps.

Zunächst einmal: Druck rausnehmen. Dass dieser teils empfunden werde, hänge vielleicht mit dem alten Spruch vom mit der Schule beginnenden „Ernst des Lebens“ zusammen, überlegt Christina Eiden, stellvertretende Sprecherin der Bottroper Grundschulen. „Es fängt tatsächlich ein neues Kapitel an. Aber ob das so ernst wird? Es wird auch viel Lustiges dabei sein!“

Sprache als Schlüssel zum Schulerfolg

Zudem hätten die Jungen und Mädchen in der Regel schon viel gelernt, bevor sie in die Schule kommen. „Es gib eine Kooperation zwischen den Kitas und den Grundschulen. Unterm Strich kann man sagen: Kinder, die regelmäßig die Kita besucht haben, sind gut vorbereitet.“ Was als sogenannte Vorläuferfähigkeiten zum Schulstart erwartet werde, werde dort spielerisch erarbeitet. Sollte Förderbedarf erkannt werden, werde das individuell thematisiert.

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Ebenso spielerisch können Familien den Nachwuchs daheim vorbereiten. Dazu geeignet sind kleine Reime, Merk- und Singspiele. Christina Eiden nennt ein Beispiel: „Bei dem alten Singspiel ,Drei Chinesen mit dem Kontrabass’ lernt man ganz viel.“ Wie die Fähigkeit, korrekt und durchgängig einen bestimmten Laut auszulassen.

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Bilderbücher vorlesen und gemeinsam darüber reden gehört wohl zu den klassischen Ratschlägen für Familien mit Vorschulkindern. „Mit Büchern umzugehen verkümmert immer mehr im Zuge der Digitalisierung“, bedauert Kirsten Wissing. Aber selbst vorzulesen oder das Kind ein Hörbuch hören zu lassen sei einfach nicht das Gleiche. Zumal parallel zum Hörbuch oft noch gespielt werde, die Konzentration also gerade nicht auf der Sprache liegt. Christina Eiden: „Wir empfehlen immer, bestimmte Spiel- und Ruhezeiten festzulegen, damit die Kinder sich auf eine Sache konzentrieren können.“

Zu dem Komplex gehört auch, das (Zu-)Hören zu schulen. „Durch den Medienkonsum sind wir mehr darauf fixiert, die Augen zu benutzen.“ Mit Spielen wie „Mäuschen piep mal“ werde der Hörsinn gefordert.

Da sie Sprache als einen „riesigen Schlüssel zum Schulerfolg“ sehen, geben die erfahrenen Pädagoginnen weitere Tipps. Nämlich, den Nachwuchs seine Bedürfnisse korrekt formulieren zu lassen – statt etwa schon auf ein einzelnes „Saft“ zu reagieren.

Zudem blicken Christina Eiden und Kirsten Wissing auch auf die Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Muttersprache. Grundsätzlich gelte: „Wer seine Muttersprache beherrscht, lernt schnell eine andere Sprache.“ Sie raten dazu, in der Familie genau festzulegen: Bestimmte Themen, zum Beispiel alles rund um Schule, werden daheim möglichst auf Deutsch besprochen. Der Rest in der Muttersprache. Wichtig sein, die Sprachen nicht miteinander zu vermischen.

Kein Muss: Buchstaben kennen

Viele Eltern werden es kennen: Das eigene Kind kennt noch keinen einzigen Buchstaben, während der Freund aus der Kita-Gruppe schon lesen kann. Wie geht man damit um? „Die meisten Kinder sind neugierig und interessiert an Buchstaben. Man sollte das dann ruhig fördern“, meint Christina Eiden.

Allerdings: „Was man nicht machen sollte, ist die Buchstaben mit den Kindern zu trainieren.“ Schon weil an dieser Stelle – aus Unkenntnis – den Kindern von Elternseite teils Fehlerhaftes vermittelt werde. „Wenn ein Kind seinen Namen schreiben kann, ist schon viel gewonnen.“ Manche i-Dötze werden schon mehr können – aber nötig ist dies nicht.

Orientierung und Motorik

Gut ist es allerdings, Richtungen zu kennen – links, rechts, vorwärts, rückwärts. „Wer rückwärts gehen kann, kann auch rückwärts denken“, meint Christina Eiden. Was hilfreich ist zum Beispiel bei Subtraktionsaufgaben. Durch kleine Hol- und Bringaufgaben – „Bring mir doch bitte den Teller unten links aus dem Schrank“ – lerne das Kind wiederum ganz spielerisch.

Fädeln, kneten, malen, mit Bügelperlen basteln sind alles Aktivitäten, bei denen ganz nebenbei die Feinmotorik gestärkt wird. Und die ist besonders wichtig fürs Schreiben.

Soziales Miteinander und Teamfähigkeit

Gesellschaftsspiele können Wesentliches für den Umgang miteinander vermitteln. „Das Spiel ,Mensch ärgere dich nicht’ hätte einen Nobelpreis verdient“, findet die Rektorin der Fürstenbergschule. „Was man dabei alles lernt!“ Mengen erfassen beim Blick auf den Würfel etwa. Aber eben auch das Zurückstellen der eigenen Bedürfnisbefriedigung – weil man abwarten muss, bis man an der Reihe ist. Das wird später auch im Unterricht erwartet, in dem jeder seinen Beitrag erst loswerden kann, wenn er drangenommen wird. Wichtig ist auch das Einüben der Frustrationstoleranz: Nicht immer gewinne ich! Teamfähigkeit ist in der Klasse ein wichtiger Punkt – und falle vielen Kindern noch schwer.

Üben könne man diese auch bei Ritualen in der Familie, ergänzt Christina Eiden. Etwa durch Beachtung der Regel, dass erst mit dem Essen angefangen wird, wenn jedes Familienmitglied etwas auf dem Teller hat.

Realität und Digitales

Handy am Esstisch? Sicher keine gute Idee. „Die neuen Medien sind wichtig, wir nutzen sie alle fleißig“, betont Christina Eiden. Dennoch sollte man mit Kindern im Grundschulalter über die Mediennutzung sprechen und den Medienkonsum begrenzen, sagt sie. „Es sollte eine bestimmte Zeit geben, in der sich das Kind zum Beispiel etwas auf dem Tablet anschauen kann. Und auch eine Zeit, in der es draußen spielt.“ Um dort seine Umwelt mit allen Sinnen zu begreifen.

Die Schulleiterinnen hätten festgestellt: „Kinder, die direkte Erfahrungen mit der Natur haben, haptische Erfahrungen machen können, kommen ein Stück weit gut vorbereitet in die Grundschule.“

Selbstständig auf dem Schulweg

Tipps haben die Pädagoginnen auch zum Thema Schulweg. „Wir raten, den Schulweg vorher häufiger gemeinsam mit dem Kind abzugehen, sich zu überlegen, mit wem das Kind zusammen zur Schule gehen könnte, und es auch mal alleine vorgehen zu lassen.“ Kinder unter acht Jahren, betont Christina Eiden, „sehen die Verkehrssituation anders als wir Erwachsene sie sehen“. Vor dem Absolvieren der Fahrradprüfung in Klasse vier sollte auch kein Kind alleine zur Schule (bzw. nach Hause) radeln.

Gleichzeitig wissen die Lehrerinnen, dass nicht jedes Kind zu Fuß zu Schule kommen wird bzw. kann. Aber wenn zum Beispiel das „Eltern-Taxi“ schon nötig ist, dann sollte dieses zumindest nicht direkt bis zum Schultor vorfahren, wo am Morgen ganz viele Kinder aus unterschiedlichsten Richtungen ankommen. „Die Parksituation vor Schulen stellt oft eine große Gefahr dar“, warnen Christina Eiden und Kirsten Wissing.

Ausschilderung der Hol- und Bringzone an der Astrid-Lindgren-Schule in Bottrop. Solche Zonen sollen helfen, ein „Eltern-Taxi“-Chaos vor den Schultoren zu vermeiden.
Ausschilderung der Hol- und Bringzone an der Astrid-Lindgren-Schule in Bottrop. Solche Zonen sollen helfen, ein „Eltern-Taxi“-Chaos vor den Schultoren zu vermeiden. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Es lohnt sich daher, vorher abzuchecken: Wo kann mein Kind gut aussteigen, um dann die letzten Meter ungefährdet zu Fuß zurückzulegen? An manchen Bottroper Schulen sind bereits extra Hol- und Bringzonen eingerichtet worden, etwa für die Droste-Hülshoff-, die Cyriakusschule oder die Astrid-Lindgren-Schule.

Zumindest ein Stück des Schulweges mit anderen Kinder gemeinsam zurückzulegen diene nicht zuletzt dazu, Sozialkontakte herzustellen, betont die Schulleiterin.