Bottrop. Kann die Stadt das Hansacenter überhaupt kaufen? Bottrops Grüne wollen eine Sondersitzung. Der Haus & Grund-Verein warnt vor Finanz-Abenteuern.
In der vergangenen Woche hat der Insolvenzverwalter der Fakt AG die Zahlungsunfähigkeit von sechs weiteren Gesellschaften des Essener Unternehmens bekanntgegeben. Darunter war allerdings nicht die Fakt Hansa-Center Bottrop GmbH, die das Hansa-Center gekauft hatte und entwickeln wollte. Aktuell verhandelt die Stadt mit der Fakt AG, zu welchen Konditionen sie das Hansa-Center übernehmen kann. Allen Seiten – Insolvenzverwalter, Fakt AG und Stadtverwaltung – dürfte daran gelegen sein, zeitnah eine Einigung zu erzielen.
Entscheidend ist dabei auch, ob die Bottroper Gesellschaft in die Insolvenz geht. Unterdessen haben die Parteien im und außerhalb des Rates intensiv über die Zukunft der Innenstadt-Immobilie und ihre Rolle zur Neuentwicklung der Bottroper City debattiert. Während die Grünen eine Sondersitzung beantragt haben, in der sich die beiden Ratsausschüsse für Stadtplanung und für Wirtschaftsförderung mit Blick auf das marode Hansacenter gemeinsam mit der Innenstadtzukunft befassen sollen, meldet sich auch der Bottroper Haus & Grund-Verein zu Wort.
Warnung vor großen finanziellen Abenteuern der Stadt
Vorsitzender Walter Eilert warnt die Stadtspitze vor finanziellen Abenteuern und rät, Interessengruppen aus der Innenstadt und auch die Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen. „Ich bin sicher, dass sich genug Bottroper finden, welche sich an einer gemeinsamen Investition beteiligen und ausreichend Kapital zusammenbringen würden“, meint Eilert. Schon sieht der Haus & Grund-Vorsitzende andernfalls eine Erhöhung der Grundsteuer heraufziehen, mit der die Stadt einen Kauf und Umbau des Hansacenters womöglich mitfinanzieren könnte. Das hielte Walter Eilert allerdings für unsozial.
Die Stadt solle bei einem Kauf der so wichtigen Immobilie zwar als Organisatorin, aber nur als eine Eigentümerin unter mehreren agieren. Der Eigentümer-Verein fordert kleinteilige Eigentümerstrukturen und auch eine kleinteilige und vielfältige neue Nutzung des alten Einkaufszentrums. Ein Festhalten an dem Großstandort nutze nichts. Dessen Scheitern erweise sich ja längst als doppeltes Problem. „Der Frequenzbringer fällt weg und Leerstand mit all seinen Folgen droht“, erklärt Eilert. Die Innenstadt drohe regelrecht zu kollabieren.
„Wir nehmen die Entwicklung unserer Innenstadt in die Hand“
Deshalb macht SPD-Fraktionschef Thomas Göddertz die Zukunft der Bottroper City nicht erst seit der akuten Krise der Fakt AG Sorgen. „Uns allen ist klar: Innenstädte der Zukunft müssen anders aufgestellt sein“, sagte er. Jetzt gehe es aber erstmal darum, überhaupt handlungsfähig zu werden. „Ich vertraue dabei auf unseren Oberbürgermeister und sein Verhandlungsgeschick, um zu einer vernünftigen Lösung für das Hansacenter zu kommen“, betonte der Landtagsabgeordnete.
Die Stadt arbeite außerdem ja an einem Zukunftskonzept für die Innenstadt. „Damit sind wir Herr des Verfahrens, und nehmen die Entwicklung unserer Innenstadt in die Hand!“, sagte Göddertz. Kritischer als er sieht CDU-Fraktionschef Hermann Hirschfelder die Rolle der Stadt bei dem Desaster um das frühere Einkaufszentrum. „Die Nichtentwicklung des Hansa-Zentrums hat gezeigt, dass wir gut beraten gewesen wären, rechtzeitig Alternativlösungen anzudenken“, sagte der Ratsherr.
„Dazu wird das Mittun möglichst vieler erforderlich sein“
Dabei wirkte zuletzt auch der CDU-Vertreter als Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaftsförderung hinter den Kulissen darauf hin, die Kaufüberlegungen offensiver anzugehen. „Zu lange haben wir darauf verwiesen, dass das Heft des Handelns nicht in unseren Händen gelegen hat“, bedauert er nun öffentlich. Hirschfelder setzt darauf, dass die Stadt mit einem neu ausgerichteten Ressort für Wirtschaftsförderung besser und erfolgreicher handeln könne. Auch er betont: „Dazu wird das Mittun möglichst vieler erforderlich sein“.
Die FDP befürworte die Übernahmepläne der Stadt zwar, Ratsherr Andreas Mersch hätte jedoch jetzt schon klarere Verhältnisse. „Auch wir wissen nicht, ob wir von unserem Vorkaufsrecht überhaupt Gebrauch machen können, immerhin soll das Bauwerk ja inzwischen mit gut 50 Millionen Euro in den Büchern stehen. Solche Entscheidungen werden doch nicht zwischen Suppe und Kartoffeln getroffen“, sagte er. „Daher die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit dem Hansa Zentrum, sollte der Insolvenzverwalter doch schon im kommenden Jahr auf uns zukommen?“, wandte sich Mersch an OB Bernd Tischler.
Kompetente Menschen wollen sich einbringen
Auch die Grünen wollen Antworten. Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda bittet die Verwaltung für die Hansacenter-Sondersitzung alle nötigen Daten und Fakten aufzubereiten. Sie schlägt die Bildung einer Innenstadt-Lenkungsgruppe vor, in der für alle Ratsfraktionen und Ratsgruppen Mitglieder der Ausschüsse für Stadtplanung und für Wirtschaftsförderung vertreten sein sollen. Auch Stadtmitte-Bezirksbürgermeister Klaus Kalthoff und seine Stellvertreterinnen gehörten dazu.
Dabei sollte die Lenkungsgruppe auch offen für weitere Ideengeber sein. „Bottrop hat das große Glück, dass sich auch kompetente Menschen aus der Wirtschaft, aus Vereinen, dem Handel und der Gastronomie einbringen wollen“, betonte Andrea Swoboda. Denn für die Grünen wird die Entwicklung der Innenstadt zur Zukunftsfrage der Stadt überhaupt. „Eine frühzeitige Diskussion und Debatte in den zuständigen Ausschüssen direkt Anfang des Jahres wäre der richtige Schritt“, meint Andrea Swoboda.
„Die Ausschüsse sind zu träge, zu schlecht informiert“
Die Debatte müsse von Anfang an offensiv und transparent für alle sein. Das ehemalige Hansacenter spiele dabei eine zentrale Rolle. Eine reine Shoppingmall nach altem Vorbild sei nicht die richtige Antwort. „Die Entwicklung muss so weitreichend und so einschneidend sein, dass dieses Arial nicht mehr wieder zu erkennen ist“, fordert die Grünen-Sprecherin. Das könne die Stadt als Käuferin des Hansacenters besser als ein privater Investor oder eine private Investorin. Dabei schließen die Grüne Alternativen nicht aus.
Die Innenstadt-Lenkungsgruppe könne die Gründung einer Bottrop AG ebenso prüfen wie die einer Genossenschaft. Fest steht für ihre Fraktionsvorsitzende: „Es reicht nicht, die Innenstadtentwicklung nur von oben zur Chefsache zu erklären, wir müssen gemeinsam handeln.“ Dabei stellt sie dem Rat und seinen Fachgremien im Vergleich zu der geforderten Lenkungsgruppe ein schlechtes Zeugnis aus: „Die Ausschüsse sind dafür zu unflexibel, zu träge, zu schlecht informiert“.
„Konsumschlachten in den Innenstädten sind passe“
Erste Ideen für die neue Nutzung des Hansacenters bringen die Grünen schon ein. Darin sei Platz für Büros, auch der Stadtverwaltung. Die Hochschule Ruhrwest könne dort Räume nutzen. Der Kommunale Ordnungsdienst könne einziehen und auch die Radstation. Noch sei es dafür zu früh, aber Grünen-Sprecherin Andrea Swoboda meint: Klar sei, dass Bottrop es als Einkaufsstadt schwer haben wird.
Das bestätigt der Bottroper Haus & Grund-Verein. „Konsumschlachten sind passé“, meint Vorsitzender Walter Eilert. Die Menschen wünschten sich mehr andere Angebote. Dazu gehören mehr Grün, attraktiver Städtebau, hochwertige Wohnungen für zahlungskräftige Bewohner. Bottrop dürfe die einmalige Chance am Standort des ehemaligen Hansazentrums nicht verpassen, mahnt der Haus & Grund-Vorsitzende.