Bottrop/Essen. Die Mutter von Emma (6), die ihr Kind getötet hat, muss wohl nicht lebenslang hinter Gittern. Der Anwalt des Vaters spricht von „Hass und Rache“.

Die kleine Emma wurde nur sechs Jahre alt. Vor acht Monaten wurde die Leiche des Mädchens in einer Wohnung in Kirchhellen gefunden. Die eigene Mutter hatte sie grausam getötet. Jetzt droht der 46-Jährigen eine Verurteilung wegen Mordes. Die Staatsanwaltschaft hat am Dienstag elf Jahre Haft beantragt.

Anklägerin Elisa Haering sprach in ihrem Plädoyer vor dem Essener Schwurgericht von einer „verachtenswerten Motivlage“. Die Angeklagte sei nur noch von einem Gedanken angetrieben worden: „Wenn sie das Kind nicht ganz für sich haben kann, darf es auch kein anderer haben.“

Mordfall Emma: Mit tiefem Schnitt in den Hals getötet

Damit habe sie vor allem Emmas Vater im Blick gehabt, dem am Tattag vom Familiengericht ein erweitertes Umgangsrecht zugesprochen worden war. Emma sollte in Zukunft einen Tag pro Monat länger bei ihm bleiben dürfen. „Sie wird das als persönliche Niederlage empfunden haben“, so Fähnrich. Weil sie nach der Trennung von ihrem Mann einzig und allein darauf bedacht gewesen sei, ausschließlich ihre eigenen Vorstellungen der Kindeserziehung umzusetzen.

Der Anwalt des Vaters sprach vor Gericht sogar von „Hass und Rache“. Die 46-Jährige habe im Prozess nicht einmal Reue gezeigt und verweigere ihrem Ex-Mann sogar aus dem Gefängnis heraus noch den Zugriff auf Kindergartenbilder seiner Tochter.

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Die Staatsanwältin geht davon aus, dass die Angeklagte am Abend des 27. Januar dieses Jahres zunächst versucht hat, Emma in der Badewanne zu ertränken und ihr dann einen tiefen Schnitt in den Hals versetzt hat. Zuvor waren der Sechsjährigen starke Schmerz- und Beruhigungsmittel verabreicht worden. Das geht aus toxikologischen Gutachten hervor.

„Die Angeklagte wusste um die einschläfernde Wirkung“, so die Staatsanwältin. Das sollte ihr die Tat erleichtern. Emma sei völlig arg- und wehrlos gewesen. „Sie hat mit keinem Angriff gerechnet.“ Schon gar nicht von der eigenen Mutter.

Verteidiger von Emmas Mutter: „Sie hat ihr Kind über alles geliebt“

Dass die Anklägerin keine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes beantragt hat, hängt mit der Verfassung der Mutter zur Tatzeit zusammen. Die 46-Jährige soll unter kognitiven und depressiven Verzerrungen gelitten haben. Sie müsse deshalb als vermindert schuldfähig eingestuft werden.

Das sehen auch die Verteidiger so, die allerdings nicht von einem Mord ausgehen. Sie halten auch einen sogenannten Mitnahme-Suizid für denkbar. „Die Angeklagte hat ihr Kind über alles geliebt“, so Anwalt Siegmund Benecken. Sie sei eine Art „Übermutter“ gewesen. Am Tattag habe sich die 46-Jährige jedoch in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Sie habe möglicherweise gar nicht nachgedacht, sondern einfach nur gehandelt. Deshalb könne man auch nicht sicher feststellen, dass sie die Wehrlosigkeit ihres Kindes bewusst ausgenutzt habe.

Emmas Mutter: „Ich kann das alles nicht begreifen“

Die Verteidigung fordert eine Verurteilung wegen Totschlags – und nicht wegen Mordes. Auch die von der Staatsanwaltschaft beantragten elf Jahre Haft seien deutlich zu hoch. Ein konkreter Antrag ist von der Verteidigung allerdings nicht gestellt worden.

Auch die Angeklagte, die ihren Oberkörper während der Plädoyers wieder in einen ständigen Pendelmodus versetzt hat, hat sich am Dienstag selbst zu Wort gemeldet. „Ich kann das alles nicht begreifen“, sagte sie den Richtern. Die Tat hatte sie schon am ersten Verhandlungstag gestanden. Wie das Essener Schwurgericht den Fall am Ende sieht, ist noch offen. Das Urteil soll am Freitag verkündet werden.