Bottrop. 19 Jahre lang hat Dr. Heinz Liesbrock das Josef-Albers-Museum in Bottrop geprägt. Nun geht er in den Ruhestand. Ein Blick auf sein Wirken.
Bottrop, die kleine Großstadt im Revier, besitzt ein Museum, um das sie auch weitaus größere Kommunen beneiden können. Dabei hat das Quadrat, wie das Haus kurz genannt wird, keine 50 Jahre auf dem Buckel. 19 davon prägte Dr. Heinz Liesbrock als Museumsdirektor, der im Herbst in den Ruhestand geht – nicht ohne mit der Josef-Albers-Galerie einen Erweiterungsbau zu hinterlassen, der fast schon ein eigenständiges Museum ist.
Und noch einmal lässt Liesbrock im Oktober das Quadrat leuchten. Die vom scheidenden Hausherrn kuratierte Ausstellung „Huldigung an das Quadrat“ rückt das Werk des Namensgebers von Museum und neuer Galerie in den Mittelpunkt wie nie zuvor. Vor allem die „Homages to the Square“, jene berühmten Quadrate, die als Markenzeichen des Bauhauskünstlers und international bekanntesten Bottroper Malers gelten.
Dass man sich in Bottrop ab den 60er-Jahren auf „den alten Professor Albers“ besinnt, der bereits 1933 zu Beginn der Naziherrschaft und der Auflösung des Bauhauses in die USA emigriert war, hat sicher auch damit zu tun, dass „man weg wollte vom Schmuddel-Image der alten Industriestadt“, wie Liesbrock es einmal formulierte.
Bottrop wird Zentrum der Albers-Pflege und Forschung
Erste Ankäufe, frühe Schenkungen, die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an den bekannten Maler und Pädagogen, der immer die familiären Kontakte in seine Heimatstadt gepflegt hat, die Eröffnung des Museums 1976, die erste große Schenkung von 300 Albers-Werken durch dessen Witwe Anni Albers und schließlich die Erweiterung um das heutige Josef-Albers-Museum 1983: Bottrop wird Zentrum der Albers-Pflege und -Forschung. Ein Schwerpunkt, der sich bereits unter dem Gründungsdirektor des Albers-Museums, Ulrich Schumacher, abzeichnet und den Heinz Liesbrock seit 2003 konsequent weiterführt und vor allem ausbaut.
Auch interessant
Er habe nie gezögert, das Bottroper Museum zu übernehmen, aber seine Frau erinnert den Kunsthistoriker Heinz Liesbrock an dessen Satz vor 20 Jahren: „Ich weiß nicht, ob Albers wirklich so ein großer Künstler war?“ Das habe sich nach der intensiven Beschäftigung vollkommen geändert. Mit Blick auf die kommende – seine Abschiedsausstellung – in der neuen Galerie formuliert der Museumschef seinen Anspruch so: „Es soll niemand aus der Ausstellung gehen, ohne Albers als einen der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts zu betrachten.“
Museumsdirektor Liesbrock: Nicht die großen Werbetrommeln rühren
Liesbrock arbeitet im Stillen, klappert kaum, rührt nicht die großen Werbetrommeln. Wie auch, bei übersichtlichem Budget und knapper Personalausstattung des Museums. Aber er ist zielstrebig, gut vernetzt. Große Ankäufe vor allem 2013 und 2016 in Millionenhöhe erweitern die Bottroper Sammlung um bedeutende Albers-Werke, Gemälde, Arbeiten auf Papier und vor allem auch Fotografien.
Moderne und zeitgenössische Fotografie spielt unter Heinz Liesbrock eine immer wichtigere Rolle. Erinnert sei an Schauen der Ikonen amerikanischer Fotografie, Robert Adams und Walker Evans, aber auch an die „Hüttenlandschaften“ der Industriefotografen Bernd und Hilla Becher im Kulturhauptstadtjahr 2010.
Agnes Martin, Sol LeWitt, Michael Venezia: Liesbrock setzt immer wieder die Moderne Malerei Nordamerikas in den Kontext zum Werk Josef Albers. Dem Namenspatron widmen Liesbrock und seine Stellvertreterin Ulrike Growe immer wieder wichtige Schauen, darunter „Interaction“ der Kulturstiftung Ruhr in Essens Villa Hügel oder „Der junge Josef Albers“, die die künstlerischen Einflüsse des Bottropers untersucht.
2006 wird das Josef-Alber-Museum zum „Museum des Jahres“
2006 erhält das Haus vom Internationalen Kunstkritikerverband die Auszeichnung „Museum des Jahres“. Im selben Jahr wird auf Initiative des Direktors der Museumsverein gegründet. Dort engagieren sich etwa 400 Bürgerinnen und Bürger nicht nur aus Bottrop für das Haus und dessen Sammlung.
Heute spricht Heinz Liesbrock vom „Glücksfall Albers“ für Museum und Stadt, in der er übrigens auch nach der Pensionierung wohnen bleibt. Im Haus in der Nähe des Rathauses, nach dessen erstem Anblick er 2002 denkt: „So schlecht kann Bottrop also gar nicht sein.“