Bottrop. Von wegen, die Senkung der Mineralölsteuer werde am 1. Juni an den Zapfsäulen nicht zu spüren sein: Die Spritpreise sind fast überall gesunken.

Bottrops Autofahrer haben am Morgen eine angenehme Überraschung erlebt. Über Nacht sind die Benzinpreise fast überall gesunken. Nur die Shell-Tankstelle auf der A2 bot den Liter Super am Mittag noch für 2,31.9 Euro an. Die meisten Tankstellen haben die Steuersenkung auf Mineralöl in voller Höhe an die Kunden weitergegeben.

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An der Total-Tankstelle an der Bottroper Straße in Kirchhellen hat Ralf Josten für uns ins Kassensystem geschaut. „Dienstag Abend haben wir den Liter Super für 2,24 Euro verkauft. Jetzt kostet er 1,88 Euro.“ Damit hat der Totalkonzern den sogenannten Tankrabatt in voller Höhe weitergegeben. Bis Dienstag betrug die Mineralölsteuer 65,45 Cent für einen Liter Benzin und 47,04 Cent für einen Liter Diesel. Nun wird sie für drei Monate auf das europäische Mindestmaß reduziert: auf 35,9 beziehungsweise 33 Cent pro Liter.

Ralf Josten von der Total-Tankstelle zählt bis zu zehn Preisänderungen am Tag.
Ralf Josten von der Total-Tankstelle zählt bis zu zehn Preisänderungen am Tag. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Wo wir wegkommen, da war noch nichts runtergesetzt“

Die Preissenkung am Mittwoch fand flächendeckend statt. Dabei lag die Preisspanne in Bottrop um 15 Uhr zwischen 1,85.9 (Westfalen) und 1,94.9 (Aral). Alles richtig gemacht, sagt deshalb ein Tank-Kunde aus Ostfriesland bei Josten am Mittag: „Wo wir wegkommen, da war am Morgen noch nichts runtergesetzt.“ Zumindest in Bottrop wurden an der Zapfsäule die Experten widerlegt, die noch am Dienstag befürchtet haben, die Mineralölkonzerne würden den Tankrabatt nicht in voller Höhe an die Autofahrer weitergeben.

Dazu gehörte auch der Automobilclub ADAC. Er hatte den Tankrabatt der Bundesregierung ein „richtiges Zeichen“ genannt, aber auch gemahnt, dass der Rabatt „eins zu eins bei den Autofahrern an der Tankstelle ankommen“ müsse. Der Automobilclub fordert die Mineralölkonzerne dazu auf, den Spielraum für die Preissenkung nicht zur eigenen Gewinnmaximierung auszunutzen.

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Das haben die Unternehmen womöglich auf eine andere Art getan, vermuten Autofahrer an der Zapfsäule: In den letzten Wochen sei der Sprit immer teurer geworden, obwohl die Rohölpreise gesunken waren. „Da haben sich die Konzerne einen Puffer für den Tankrabatt aufgebaut“, heißt es etwa an der Jet-Tankstelle an der Hans-Sachs-Straße.

ADAC: Sparsame Fahrweise kann Verbrauch um bis zu 20 Prozent senken

Trotz niedrigerer Preise sollten Autofahrer laut ADAC ihren Spritverbrauch reduzieren, durch eine sparsame Fahrweise könne der Kraftstoffverbrauch um bis zu 20 Prozent gesenkt werden. Außerdem sollten auch weiterhin vor dem Tanken die Preise verglichen werden. „Sowohl zwischen den Tankstellen sind die Preisunterschiede immer wieder erheblich als auch im Tagesverlauf. Abends zu tanken, spart teilweise zehn Cent oder mehr pro Liter gegenüber den Morgenstunden.“

Dass die Preise viel schneller in Bewegung sind als früher, kann auch Ralf Josten bestätigen. „Früher haben wir am Tag bis zu drei Preisabfragen bei der Konkurrenz machen müssen. Heute werden die Preise über unser Kassensystem zentral eingespeist. Es gibt bis zu zehn Preisänderungen am Tag.“

„Mobilität darf keine Frage des Geldbeutels werden“

Die Vorteile des Tankrabatts sieht der ADAC vor allem für Menschen, die zum Beispiel mangels adäquater Alternativen auf dem Weg zur Arbeit auf ihr Auto angewiesen sind. „Mobilität darf keine Frage des Geldbeutels werden. Die Spritpreise haben eine Dimension angenommen, die die Verbraucher extrem belastet“, begründet der Automobilclub.

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Die Energiesteuersenkung könne zumindest etwas Entlastung schaffen – auch für Nicht-Pendler, denn „nach zwei Jahren Corona-Pandemie sollte es auch möglich sein, noch mit dem Auto in den Urlaub fahren zu können.“ Doch nicht alles an dem Tankrabatt sieht der ADAC als Vorteil.

„Nicht absehbar, wie lange die Ausnahmesituation anhält“

„Es ist nicht absehbar, wie lange die Ausnahmesituation durch den Ukraine-Krieg anhält. Deshalb könnten wir in drei Monaten, nach dem Auslaufen des Tankrabatts, vor einer ähnlichen Preissituation an der Zapfsäule stehen wie vor Inkrafttreten der Steuersenkung“, so der ADAC. Allerdings: „Weil es bei der Energiesteuersenkung auf Kraftstoffe auch um Steuergelder geht, halten wir die Befristung auf zunächst drei Monate aber für sinnvoll.“ Danach müsse die Situation neu bewertet werden.

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Der Automobilclub befürchtet außerdem, dass der Tankrabatt in den kommenden Monaten zu einer erhöhten Nachfrage nach Benzin und Diesel führen könnte. „Das wäre für den Klimaschutz und in puncto Abhängigkeit von russischem Rohöl nicht gut.“ Deshalb, so der Club, sei es wichtig, dass auch der ÖPNV als Alternative zum Auto attraktiver wird, zum Beispiel mit dem Neun-Euro-Ticket.