Bottrop. Der Wochenmarkt ist ein Kundenmagnet in Bottrops Innenstadt. Dumm nur, dass Menschen mit Rollatoren dort Stolpersteine in den Weg gelegt werden.

Der Wochenmarkt in der Bottroper Fußgängerzone ist ein Frequenzbringer; böse Zungen sagen: der letzte Kundenmagnet. Er zieht auch Kunden aus den Nachbarstädten an. Womöglich würden noch viel mehr Menschen kommen. Wenn ihnen nicht, weil sie auf den Rollator angewiesen sind, Stolperfallen in den Weg gelegt würden. Ein Praxistest.

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Die Idee zu diesem Test hatten übrigens Mitglieder der Jungen Union. „An unseren Ständen vor der Landtagswahl haben sich immer wieder Menschen darüber beklagt, wie schwer zugänglich der Wochenmarkt ist“, berichtet Jan Fallböhmer. Um genau das zu demonstrieren, sitzt jetzt Hildegard Bergmann mit ihrem Rollator am Busbahnhof ZOB.

Jan Fallböhmer, Tobias Trill und Hermann Lanfermann (CDU, von links) begleiten Hlldegard Bergmann durch die Bottroper Fußgängerzone. Sie wollen im Bauausschuss für sichere Laufwege für Rollatorennutzer werben.
Jan Fallböhmer, Tobias Trill und Hermann Lanfermann (CDU, von links) begleiten Hlldegard Bergmann durch die Bottroper Fußgängerzone. Sie wollen im Bauausschuss für sichere Laufwege für Rollatorennutzer werben. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Seit einer Hüftoperation im Februar ist Hildegard Bergmann auf den Rollator angewiesen. Ihr Modell ist mit fünf Kilo eines der leichteren auf dem Markt, hat zehnfach verstellbare Griffhöhe, Betriebs- und Parkbremse sowie Ankipphilfe für höhere Hindernisse. Und trotzdem schränkt sie ihre Fortbewegungsmöglichkeiten ein: „Mit dem Bus fahre ich gar nicht mehr. Das ist mir zu gefährlich.“

Vielen anderen Menschen geht es ähnlich. Deshalb hat die Polizei im April auf dem Berliner Platz ein Rollatorentraining angeboten mit Tipps zu weit verbreiteten Hindernissen: Buseinstiege, Kopfsteinpflaster, Sand, Rasen. „Alles gut und schön“, sagt Hildegard Bergmann, „aber ich bin immer froh, wenn mich die jungen Leute mit dem Auto in die Stadt bringen.“ Das hat Jan Fallböhmer an diesem Morgen getan. Und prompt entdeckt, dass der Ausgang am Parkhaus Schützenbahn ein erstes großes Hindernis darstellt: „Barrierefreiheit geht ganz anders.“

Testrunde vom Busbahnhof in die Fußgängerzone

Glücklich am Busbahnhof angekommen, dreht Hildegard Bergmann in Begleitung der „jungen Leute“ Tobias Trill, Hermann Lanfermann und Jan Fallböhmer eine Testrunde durch die Fußgängerzone. Der erste Stolperstein Richtung Altmarkt sind die hohen Bordsteine an den Busbuchten. Klar, beim Einsteigen in den Bus sind sie hilfreich, weil sie den Höhenunterschied senken. Aber das Überqueren ist eine kippelige Angelegenheit. Ja, es gibt einen barrierefreien Weg über abgesenkte Bordsteine. Doch die führt über den Zebrastreifen und die äußeren Bussteige. Umweg im Rollatortempo: geschätzt fünf Minuten.

Sturzgefahr: Die Vorderräder können sich im Kopfsteinpflaster verkanten.
Sturzgefahr: Die Vorderräder können sich im Kopfsteinpflaster verkanten. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Marterstrecke für Rollatorfahrer: die Hansastraße

Die Bottroper Marterstrecke für Rollatoren ist die Hansastraße: „Parkinson für die Arme“, stöhnt Hildegard Bergmann über die Rüttelei auf dem Kopfsteinpflaster in der Straßenmitte. Klar, links und rechts auf dem glatten Pflaster käme sie besser voran.

Doch dort ist eigentlich immer etwas im Weg: Werbeaufsteller, Sperrschilder, Tische, Stühle und Podeste der Außengastronomie. Und das geht nicht nur in die Arme: Verkantet sich eines der bewegliche Räder an der Vorderachse in einer Pflasterkante, ist die Folge im besten Fall ein Stopp, im schlimmsten Fall ein Sturz.

Auf dem Bottroper Markt selbst wird es eng

Und wieder geht es nur durch die Mitte: Marktstände, Blumenkübel, Sitzmöbel und abgestellte Fahrzeuge verstellen am Wochenmarkt den Weg.
Und wieder geht es nur durch die Mitte: Marktstände, Blumenkübel, Sitzmöbel und abgestellte Fahrzeuge verstellen am Wochenmarkt den Weg. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Auf dem Markt selbst wird es dann im Wortsinn ganz eng. Links und rechts machen Marktstände den Weg schmal, wieder kommt Hildegard Bergmann nur auf dem Kopfsteinpflaster mühsam weiter. Kabel kreuzen ihren Weg, die eigentlich wegen der Stolpergefahr mit Matten abgedeckt sein müssten. Sind viele aber nicht. „Das sind die Sachen, die Leute aus Osterfeld oder Borbeck davon abhalten können, in die Bottroper Innenstadt zu kommen“, sagt Fallböhmer.

All diese Stolperfallen hat sich Hermann Lanfermann gut gemerkt. Das Bottroper CDU-Vorstandsmitglied, sachkundiger Bürger und stellvertretendes Mitglied im Bau- und Verkehrsausschuss, will in der Politik dafür werben, nach praktischen Lösungen für mehr Barrierefreiheit zu suchen. „Uns ist klar, das wir nicht mal eben die Pflasterung in der Fußgängerzone komplett erneuern können. Auch wollen wir den Markthändlern nicht mit Auflagen das Leben schwerer machen. Aber mit gutem Willen von Händlern, Marktaufsicht und Verwaltung muss es doch möglich sein, für Menschen mit Rollatoren Laufwege ohne Hindernisse auf dem Wochenmarkt frei zuhalten.“

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Die gute Nachricht zum Schluss: Auf der Hochstraße ist das schon gelungen. Auch hier unterbrechen Pflastersteine die Fußwegplatten. Aber sie sind geglättet auf dem Niveau des Gehwegs und kein Hindernis für Hildegard Bergmann. „Hier komme ich bestens durch“, sagt sie. „Nur, dass es ein wenig bergauf geht.“