Bottrop. Die Abwassergebühren in NRW sind zu hoch, sagt ein Gerichtsurteil. Wie die Stadt Bottrop reagiert und was Hausbesitzer nun tun können.

Hat die Stadt Bottrop in den letzten Jahren zu hohe Abwassergebühren verlangt? Das Oberverwaltungsgericht hat ein Urteil gegen die Stadt Oer-Erkenschwick gesprochen. Die habe demnach zu hohe Gebühren vom Bürger verlangt. Grund: Die Stadt habe die Gebühren auf falscher Grundlage berechnet, die kalkulatorischen Zinsen zu hoch angesetzt und damit dem Bürger zu viel Geld abgenommen. Das Urteil würde demnach alle Städte treffen, in denen die Zinssätze zu hoch sind.

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Wie die Lage in Bottrop aussieht, vermochte Stadtsprecher Andreas Pläsken zunächst auf Anfrage nicht zu sagen. Noch sei das Urteil nicht in Gänze verfügbar, das aber brauche die Stadt, um zu sehen, inwieweit Bottrop auch betroffen sei.

Stadt Bottrop will auf Grundlage des Urteils das weitere Vorgehen beraten

Man werde sich nun das gesamte Urteil besorgen und auf dieser Grundlage werde der Fachbereich Finanzen entscheiden, was das für Bottrop bedeute. Sollte das Urteil Einfluss auf Bottrop haben, werde der Verwaltungsvorstand das weitere Vorgehen beraten. „Bei der Bedeutung und den möglichen finanziellen Folgen wird sich auch die Politik damit befassen müssen“, sagt der Stadtsprecher. Noch sei auch nicht klar, ob Oer-Erkenschwick gegen das Urteil nicht auch Rechtsmittel einlege.

Markus Kruse, Geschäftsführer des Vereins Haus & Grund in Bottrop
Markus Kruse, Geschäftsführer des Vereins Haus & Grund in Bottrop © Haus & Grund

Weiter ist man dagegen schon bei Haus & Grund in Bottrop. Geschäftsführer Markus Kruse urteilt, dass auch Bottrop über Jahre einen zu hohen Zinssatz angesetzt hat. Zuletzt habe er 2021 bei 5,92 Prozent gelegen. Das berücksichtige in keiner Weise die zuletzt schon über Jahre andauernde Niedrigzinsphase.

Haus & Grund in Bottrop fordert Rücknahme aller falschen Bescheide seit 2018

Was Kruse zusätzlich ärgert: Auch in Bottrop hatten Immobilienbesitzer Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt. Den habe die Stadt jedoch zurückgewiesen, stattdessen auf den Klageweg verwiesen. Dabei sei klar gewesen, dass die Klage anhängig sei und die Entscheidung angestanden habe. Man hätte die Gebührenbescheide auch so lang ruhend stellen können, sagt Kruse. So aber seien die nun womöglich unrechtmäßigen Bescheide rechtskräftig geworden.

Kruse fordert die Stadt nun auf, „alle falschen Gebührenbescheide der Jahre 2018 bis 2022“ zu ändern und den Bürgern die zu viel gezählten Gebühren zurückzuerstatten – ohne dass vorher ein Antrag gestellt werden müsse.

Haus & Grund bietet seinen Mitgliedern Musteranträge an

„Dem Bürger muss gezeigt werden, dass die Stadt Fehler entsprechend der Rechtslage korrigiert und Entscheidungen nicht nach Kassenlage trifft.“ Der Jurist sieht in Paragraf 130 der Abgabenordnung eine Möglichkeit, so zu handeln. Inwieweit die Stadt dem nachkommt, vermag bisher niemand zu sagen. Auch Kruse habe bisher niemanden bei der Verwaltung zu dem Thema erreicht, sagt er.

Und alternativ? Was können Hausbesitzer nun tun, wenn sie Geld zurück erhalten wollen? Kruse rät im Zweifel, Widerspruch einzulegen und sich auf die Abgabenordnung zu berufen. Entsprechende Musterformulare halte Haus & Grund vor und werde sie den Vereinsmitgliedern vorsorglich anbieten. In dem Fall sieht der Haus & Grund-Geschäftsführer eine „Antragsflut“ auf die Stadt zukommen.

Auch der Bund der Steuerzahler in NRW begrüßt das Urteil. Für die Verantwortlichen dort sind die Konsequenzen eindeutig: „Die Entscheidung bedeutet, dass jetzt alle Kommunen, die ihren kalkulatorischen Zinssatz aus dem Durchschnitt der vergangenen 50 Jahre berechnet und zusätzlich einen Aufschlag genommen haben, ihre Zinssätze neu berechnen müssen.“