Bottrop. Mit der Reform der Grundsteuer kommt viel auf die Eigenheimbesitzer zu, fürchtet Haus und Grund Bottrop. Das will die Finanzverwaltung wissen.

Die Grundsteuerbescheide für 2022 sind eingetrudelt. Neben der üblichen Aufstellung der Kosten für Grundsteuer, Abwasser und Müllabfuhr lag dem Brief in diesem Jahr aber noch ein Infoschreiben bei. Der Inhalt: Immobilienbesitzer wurden auf die Neuberechnung der Grundsteuer vorbereitet, die ab 2025 greifen soll.

Das Bundesverfassungsgericht hatte geurteilt, dass die Berechnung auf der derzeit gültigen Grundlage nicht mehr rechtens ist. Nun haben sich Bund und Länder auf ein neues Verfahren geeinigt und auch NRW hat sich entschieden, auf welcher Grundlage die Steuer nun neu bemessen werden soll. Und da sind die Eigentümer gefragt. Sie sollen die „aktuellen Merkmale“ ihres Grundstücks erklären, so heißt es in dem Anschreiben.

Haus und Grund in Bottrop bemerkt schon vermehrt Anfragen

Doch was genau damit gemeint ist, wie das vonstattengehen soll, diese Fragen beantwortet das Schreiben nicht. Stattdessen wird eine Information der Finanzverwaltung angekündigt, die an alle Eigentümerinnen und Eigentümer von Wohngrundstücken geht. Der Eigentümerverein Haus und Grund weiß schon, welche Merkmale abgefragt werden und fürchtet einen großen Beratungsbedarf bei Eigentümern. Teils zeige sich das schon jetzt nach der ersten Ankündigung, die mit dem Grundsteuerbescheid verschickt wurde, sagt Markus Kruse, Geschäftsführer von Haus und Grund in Bottrop.

Markus Kruse, Geschäftsführer von Haus und Grund in Bottrop.
Markus Kruse, Geschäftsführer von Haus und Grund in Bottrop. © Unbekannt | Verein Haus & Grund

Denn um den Wert des Grundstücks zu bemessen, würden zahlreiche Eckpunkte das Grundstücks abgefragt. Das gehe aus dem im Dezember im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Vordruck der Finanzverwaltung zur Grundstücksbewertung hervor, so Kruse. Harmlos fängt es da an, gefragt wird nach der Gemarkung und dem Flurstück – Angaben, die im Grundbuch zu finden sind. Einen entsprechenden Auszug sollte man haben, so Kruse.

Angaben zu Wohnflächen und Bodenrichtwerten sind gefragt

Aber auch vermeintlich einfache Fragen, wie etwa die nach der Wohnfläche, böten Fallstricke, befürchtet Jurist Kruse. Denn es gehe da um die Wohnflächenverordnung 2003. Aus seiner Erfahrung bei Haus und Grund weiß er, dass Flächenangaben vielfach fehlerhaft und für Laien auch nicht so einfach zu berechnen sind. Man denke nur an die Auswirkungen von Dachschrägen oder Terrassen auf die Gesamtfläche. „Wir als Verband beauftragen für solche Fragen immer Experten.“ Nur warteten Architekten und Sachverständige nicht unbedingt auf solche Aufträge – gar nicht daran zu denken, wenn auf einmal womöglich eine Vielzahl von Hausbesitzern derartige Dienstleitungen in Anspruch nehmen will.

Und wenn es um den Bodenrichtwert geht? Der lässt sich zwar im Internetportal Boris.NRW herausfinden, doch streng genommen seien dort nur Bodenrichtwertzonen verzeichnet, sagt Kruse. Die Werte der einzelnen Grundstücke variierten, seien abhängig etwa von der Ausrichtung des Grundstücks. Allerdings könne man wohl davon ausgehen, dass die Finanzverwaltung die Werte von Boris.NRW akzeptiere.

Höhe der Grundsteuer ist am Ende abhängig von vielen Details

Auch bei der Finanzverwaltung scheint man sich im Klaren zu sein, dass man Hausbesitzern und Grundstückseigentümern – auch für landwirtschaftliche Flächen etwa muss eine solche Erklärung abgegeben werden – bei dieser Reform vieles abverlangt. Entsprechend ausführlich auch die Erläuterungen im Anhang. Denn wer weiß schon genau, was sich hinter der umgangssprachlich rasch gesprochenen „Kernsanierung“ verbirgt.

Auch danach wird gefragt. Und dann ist es wichtig zu wissen, dass im technischen Sinne bei der Finanzverwaltung bei einer Kernsanierung nur noch die tragenden Wände stehen bleiben. Dach, Fußböden, Elektro- oder Heizungsleitungen etwa müssen komplett erneuert sein. Solche Details seien wichtig zu wissen, so Kruse, denn die Höhe der Grundsteuer hänge am Ende auch davon ab. Im Zweifel sei man gezwungen, die geforderten Angaben bei Experten einzuholen.

Sechs Millionen Grundstücke in NRW müssen neu bewertet werden

Tatsächlich gibt es nicht nur bei Haus und Grund Befürchtungen, dass Eigenheimbesitzer an ihre Grenzen stoßen könnten. „Nach Durchsicht der ersten Formulare für die Grundsteuererklärung kann ich nur sagen: Das wird manchen überfordern“, urteilt der Landesvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Manfred Lehmann. Schließlich müssten in NRW rund sechs Millionen Grundstücke steuerlich neu bewertet werden.

All das soll elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelt werden – mittels Elster-Zugang. Hier sieht Markus Kruse einen weiteren Engpass – auch für seinen Verband. Denn damit sei überhaupt nicht klar, ob Haus und Grund für die Mitglieder den entsprechenden Service überhaupt anbieten kann. Schließlich müssten die Mitglieder ihm im Zweifel dann den Zugang zur Verfügung stellen. Oftmals liege der aber beim Steuerberater. Inwieweit die aber helfen können, ist auch unklar. Der Präsident der Bundessteuerberaterkammer jedenfalls hat schon Zweifel geäußert, inwieweit das alles innerhalb weniger Monate schaffbar sei.

Kruse jedenfalls rät dringen, die Sache nicht liegenzulassen. Denn wer die Unterlagen nicht einreiche, bei dem schätze die Finanzverwaltung, und das sei nicht zum Vorteil des Bürgers, so Kruses Einschätzung. Zudem drohe eine Strafe von bis zu 25.000 Euro.

Aufkommensneutral

Städte und Gemeinden sollen durch die Neuberechnung der Grundsteuer am Ende nicht weniger, aber auch nicht mehr in der Kasse haben. Die Steuer soll „aufkommensneutral“ bleiben. Das hat man in die Hand der jeweiligen Kommunen gelegt, die mit ihren Hebesätzen die Höhe der Abgaben bestimmen. Von der Stadt Bottrop wünsche Haus und Grund sich nun ein Bekenntnis, dass man sich daran halte, so Markus Kruses Appell.Aber: Selbst wenn die Einnahmen der Städte sich am Ende tatsächlich nicht verändern, heißt das nicht, dass sich für die Grundstücksbesitzer nichts ändert. Hier wird es Fälle geben, bei denen mehr oder auch weniger gezahlt werden müsse als vor der Umstellung, sagt Kruse.