Bottrop. Die Zinsen für Immobilienkredite steigen stark an. Finanzexperten erklären, warum die Nachfrage nach Wohneigentum in Bottrop dennoch hoch bleibt.
Die Nachfrage nach Wohneigentum bleibt in Bottrop auch bei gestiegenen Kreditzinsen groß. Denn beim Kauf von Häusern oder Wohnungen seien trotz der aktuellen Erhöhung nicht die Zinsen die entscheidenden Preistreiber, sondern vielmehr die höheren Preise für Baustoffe und Handwerksleistungen. Zu diesem Ergebnis kommen Immobilienexperten der Bottroper Sparkasse und der Volksbank. Auch das knappe Angebot an Wohnimmobilien in Bottrop halte die Preise hoch. Allerdings: Auch die Kreditzinsen für Immobilienkäufer steigen, erklären Experten der Bottroper Sparkasse und der Vereinten Volksbank.
„Die Zinsen für Immobilienkredite steigen überall“, sagt Andreas Bucksteeg, Leiter des Immobiliencenters der Bottroper Sparkasse. Er stellt seit Anfang des Jahres einen Zinsanstieg um mehr als ein Prozent fest. „Sie lagen bei 1,5 Prozent und sind jetzt bei 2,7 Prozent“, teilt der Bottroper mit. Auch die Volksbank könne sich den stark gestiegenen Zinsen nicht entziehen, erklärt Patrick Schmitz, ihr Abteilungsleiter für die Baufinanzierungen. Im Detail hänge der Zinssatz zwar auch von der Länge der Zinsbindung ab, doch: „Im Schnitt liegen wir um zirka 1,5 Prozentpunkte höher als zu Jahresanfang“.
Vorhersagen über Zinsentwicklung sind sehr schwierig
Damit sei der Zinsanstieg voraussichtlich auch noch nicht beendet, macht Andreas Bucksteeg klar. Wie sich die Zinsen entwickeln, hänge allerdings etwa von der Inflation ab; und auch davon, ob die Europäische Zentralbank den Leitzins erhöhen werde, berichten beide Experten. Die wirtschaftlichen Folgen durch den Ukraine-Krieg spielen ebenfalls eine Rolle. „Im Moment leben wir in Zeiten, für die es kein Muster gibt. Insofern ist eine Prognose sehr schwierig. Unter normalen Umständen gehen wir von ganz moderaten Zinssteigerungen aus“, meint Patrick Schmitz. Solche Unwägbarkeiten sieht auch Andreas Bucksteeg. „Die meisten gehen aber davon aus, dass die Zinsen weiter steigen werden“, blickt der Immobilienchef der Sparkasse voraus.
Der Zinsanstieg verteuert für die Käuferinnen und Käufer die Finanzierung ihrer Immobilien. „Bei einer Kreditsumme über 200.000 Euro sind das jeden Monat 200 Euro mehr an Belastungen. Das kann durchaus dazu führen, dass einige sich ihr Wunschobjekt nicht mehr leisten können“, erklärt Andreas Bucksteeg. Das betreffe aber eher jenen Kreis von Interessenten, für den der Kauf von Eigentumswohnungen und eigener Häusern finanziell ohnehin nur in Frage kam, weil die Kredite eine Zeit lang besonders günstig waren. „Im langfristigen Vergleich zeigt sich, dass die Immobilienkredite auch jetzt noch sehr günstig sind“, sagt der Leiter des Sparkassen-Immobiliencenters.
Finanzexperten sehen Zinsen immer noch in historischem Tief
Wie Andreas Bucksteeg spricht auch Volksbank-Baufinanzierer Schmitz trotz des aktuellen Anstiegs noch immer von einem historischen Zinstief. Auch durch erhöhte Zinsen steige aber fraglos der Preis für die notwendigen Immobilienkredite. Schmitz errechnet bei einem Kredit über 500.000 Euro und einer Laufzeit von 30 Jahren einen Zinsmehraufwand von etwa 112.500 Euro durch die 1,5-prozentige Zinssteigerung. Das mache pro Jahr 3.750 Euro Mehrkosten aus. Pro 100.000 Euro Kreditsumme liege die zusätzliche finanzielle Belastung bei 22.500 Euro auf 30 Jahre und 750 Euro im Jahr.
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Sollten sich weniger Bürgerinnen und Bürger eine eigene Immobilie leisten können, werde sich selbstverständlich auch die Nachfrage bei Bauträgern und Hausverkäufern verringern. Gleichzeitig könnten dadurch aber Mietwohnungen interessanter werden. Ein Vergleich der Wohnformen lohne sich durchaus. „Wobei auch klar sein muss, dass eine Verteuerung von Immobilien ja auch zu Mietsteigerungen führen kann“, betont Patrick Schmitz.
Kosten für Baumaterial und Rohstoffe erhöhen Immobilienpreise
Zurzeit seien die Immobilienkredite trotz der steigenden Zinssätze keine maßgeblichen Preistreiber, betonen beide Finanzexperten. Die hohen Immobilienpreise seien vielmehr Folge der Angebotsknappheit von Immobilien. „Das Problem ist, fürs Bauen überhaupt Handwerker zu finden und Angebote zu bekommen, weil die Betriebe ja selbst nicht wissen, wie sich die ohnehin schon stark gestiegenen Preise für Baumaterialien und Rohstoffe demnächst entwickeln“, erläutert Andreas Bucksteeg. Gerade seien auch die Preise für Dachpfannen wieder stark gestiegen, nennt er ein Beispiel.
Die Kaufpreise für Immobilien seien weit vor dem jetzigen Zinsanstieg in die Höhe gegangen, stellt der Bottroper fest. „Die günstigen Zinsen haben dazu geführt, dass es für mehr Leute als bisher möglich war, auch teure Häuser zu kaufen“, sagt Andreas Bucksteeg. Auch die Immobilienexperten der Sparkasse hätten sich mitunter schon gefragt, womit derart hohe Preise der Immobilienanbieter überhaupt zu rechtfertigen seien. Aber: „Die Nachfrage ist größer als das Angebot“, betont Bucksteeg, das treibe nach wie vor auch die Preise in die Höhe.
In guten Bottroper Wohnlagen steigen Immobilienpreise weiter
Höchste Mehrkosten in München
Seit einigen Wochen steigen die Zinsen für Baudarlehen an, meldet das Immobilienportal Immowelt. Wer jetzt eine Wohnung kauft, muss für die Darlehensrückzahlung mehrere hundert Euro pro Monat mehr bezahlen als noch Anfang des Jahres. Soweit deckt sich die Erkenntnis des Internetportals mit den Aussagen der Bottroper Banken.Allerdings untersuchte Immowelt die Lage in den 14 größten deutschen Städten. In München sind die Mehrkosten am größten, da Immobilien dort mit Abstand am teuersten sind. Doch auch Wohnungskäufer in Hamburg mussten Anfang des Jahres noch 1730 Euro für die eigene Wohnung zahlen, aktuell sind es schon 2030 Euro.Das Portal entwirft sogar ein Szenario mit einem dreiprozentigen Zinsanstieg. Für Käufer in München würde das Mehrkosten von 1030 Euro pro Monat im Vergleich zum Januar bedeuten. In Hamburg (720 Euro), Frankfurt (700 Euro) und Stuttgart (610 Euro) würde die Belastung auch stark steigen.
„Es gibt in Bottrop aber auch gebrauchte Eigentumswohnungen, die man zu Preisen unter 100.000 Euro kaufen kann“, sagt der Immobilienfachmann. Andererseits gebe es in sehr guten Wohnlagen Immobilien, die für mehr als 700.000 Euro angeboten werden. „Nach oben gibt es eine Grenze bis zu einer Million“ beobachtet der Bottroper. Die Bandbreite der Preise auf den Immobilienportalen der Volksbank sei groß. Selbstverständlich hängen die Preise von der Art der Immobilie ab, sagt auch Patrick Schmitz. „Im Schnitt liegen Immobilien hier bei 360.000 Euro“, erklärt er.
Dabei sehen beide Finanzexperten auch jetzt noch Steigerungspotenzial. „Ich glaube nicht, dass wir eine Immobilienblase haben und dass bald ein Preisverfall droht“, meint Andreas Bucksteeg. Steigende Preise für Eigenheime und Eigentumswohnungen seien keineswegs ausgeschlossen. „In attraktiven Lagen werden gute Immobilien wohl weiter stark nachgefragt und damit auch teurer werden“, sagt auch Patrick Schmitz. Woanders könne die sehr hohe Nachfrage etwas zurückgehen und die Preise könnten sich stabilisieren.