Bottrop-Kirchhellen. Das Schloss Beck hat Frauen und Kinder aus der Ukraine aufgenommen. Darum ist die Hilfe für Renate Kuchenbäcker (88) eine Herzenssache.
Es ist ein Bild, das in Zeiten des Krieges in der Ukraine das Herz erwärmt. Larysa Salem und Viktoria Velichko kommen mit ihren Kindern aus dem Herrenhaus von Schloss Beck. Sie gehen die Stufen hinab. Mit dabei sind ihre Kinder. Als Amina, Anna und Anastasia plötzlich Renate Kuchenbäcker erblicken, laufen sie auf die 88-Jährige zu und umarmen sie ganz innig.
Erst vor zwei Tagen haben die beiden Familien in dem Freizeitpark eine Zuflucht gefunden. Mittlerweile sind es fünf Familien, die die Kuchenbäckers aufgenommen haben. Beim Anblick von Schlossherrin und den Kindern geht einem das Herz auf. Renate Kuchenbäcker hat selbst als junges Mädchen im Zweiten Weltkrieg erfahren, was es bedeutet, fluchtartig die eigene Heimat verlassen zu müssen.
Renate Kuchenbäcker erinnert sich an Flucht in der Kindheit
Ihr Vater arbeitete damals als Chefarzt in einer kleinen Stadt in Schlesien. Ihre Mutter zog alleine los mit ihr und den fünf Geschwistern. „Das muss man sich mal überlegen“, sagt die 88-Jährige. Als sie die Bilder aus der Ukraine im Fernsehen und in den Zeitungen sieht, fühlt sie sich an diese schreckliche Zeit zurückerinnert. „Das ist doch ein Wahnsinn“, sagt sie über den Krieg in der Ukraine.
Sie selbst habe damals so viele positive Dinge erlebt. Menschen hätten ihr und ihrer Familie auf der Flucht geholfen. „Es stand uns immer jemand zur Seite“, sagt Renate Kuchenbäcker. Deshalb will sie in der jetzigen Situation nicht tatenlos zusehen. Sie will handeln, und sie handelt. „Wir müssen diesen Menschen helfen“, sagt sie entschlossen. Gemeinsam mit ihrer Tochter Katharina nimmt sie die Sache in die Hand. In der idyllischen Natur im Schlosspark können die Familien nun zumindest für einige Zeit etwas zur Ruhe kommen.
Videos auf dem Smartphone zeigen den Krieg in der Ukraine
Larysa stammt aus Kiew, Viktoria aus Mykolajiw, einer Stadt mit knapp 480.000 Einwohnern nahe Odessa. Ihre Männer sind in der Heimat geblieben und kämpfen gegen die russischen Truppen. Den Kontakt zu ihren Familien halten sie übers Telefon. Ihre Flucht führt sie fünf Tage lang mit Bus und Bahn durch die Ukraine und Polen bis nach Dortmund, dann weiter nach Bochum und schließlich nach Feldhausen. Nur mit einem kleinen Rucksack, einem Köfferchen und den Sachen, die sie am Leib tragen, treffen sie am Schloss Beck ein. Den Rest ihres Hab und Guts mussten sie zurücklassen.
Auf ihren Smartphones zeigen sie Bilder und Videos, die das ganze Ausmaß der Zerstörung widerspiegeln. Zu sehen ist ein Hochhaus in Kiew, bei dem die halbe Häuserwand weggesprengt ist. Viktoria hat ein kurzes Video gedreht. Nachts gefilmt aus einer Wohnung in Mykolajiw. Man hört Einschläge von Bomben. Der dunkle Himmel wird in der Ferne immer wieder hell erleuchtet, wenn irgendwo wieder eine Rakete oder eine Bombe eingeschlagen ist.
Auf Schloss Beck sind die ukrainischen Familien in Sicherheit
Beide berichten darüber, wie sie sich aus Angst in Kellern verstecken mussten. Wie lange die ukrainischen Familien auf Schloss Beck bleiben, ist unklar. Auf die Frage, wie sie sich momentan fühlt, hebt Viktoria mit einem Lächeln im Gesicht nur den Daumen. Ein Bild sagt eben mehr als tausend Worte: Sie sind in Sicherheit.