Bottrop. Fast 900 U-Untersuchungstermine für Bottroper Kinder sind im vergangenen Jahr nicht wahrgenommen worden. Das Jugendamt kontrolliert nicht mehr.
Verpflichtend sind sie nicht und doch wichtig, um die Entwicklung von Kindern im Blick zu behalten: die U-Untersuchungen. Zwischen dem ersten und fünften Lebensjahr stehen die U1 bis U9 an. Doch nicht alle Eltern nehmen das Angebot für ihre Kinder wahr. Die Ärzte müssen die U5 bis U9 ans Landeszentrum für Gesundheit (LZG) melden, das spiegelt der Stadt zurück, wie viele Termine versäumt wurden: 892 waren es im vergangenen Jahr. Doch die Stadt kontrolliert die Eltern nicht mehr.
Knapp 6000 Kinder zwischen null und fünf Jahren gibt es in Bottrop, rund 15 Prozent von ihnen haben demnach mindestens eine U-Untersuchung verpasst. Wobei es natürlich sein kann, dass ein Kind mehrere Untersuchungen nicht wahrgenommen hat. Im ersten Lebenjahr stehen die U1 bis zur U6 an.
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U-Untersuchung nicht wahrgenommen: LZG erinnert die Eltern
Beim LZG laufen die Meldungen über die Teilnahmen an den Untersuchungen zusammen, werden dort verglichen mit den Bevölkerungsdaten. Hat eine Familie ihren Termin nicht wahrgenommen, wird sie erinnernd angeschrieben. Erfolgt auch sechs Wochen nach der Erinnerung keine Untersuchung, meldet das LZG das Versäumnis an die Stadt.
Wie die Kommune wiederum auf die Eltern zugeht, ist Auslegungssache. Während früher noch strikter kontrolliert wurde, passiert das heute nicht mehr, nachdem das LZG seine Regelung dazu geändert hat. Nicht nur in Bottrop, auch in anderen Städten ist das so. Nach einer Evaluation der Landesjugendämter sei die Nicht-Einhaltung der U-Untersuchung „kein Indikator für eine Kindeswohlgefährdung“.
Bottroper Kinderärztin: „Kein sicheres Urteil zum Kindeswohl“
Das sagt auch die Bottroper Kinderärztin Dr. Elisabeth Borgmann. „Bei der U-Untersuchung kann ich kein sicheres Urteil zum Kindeswohl abgeben“, sagt Borgmann. Die U-Untersuchungen seien „enorm wichtig“, weil sie die Gelegenheit gäben, sich die Kinder in Ruhe anzusehen. „Aber auch wenn wir uns die Kinder ganz gründlich von Kopf bis Fuß ansehen, kann ich mit meiner Erfahrung nicht ausschließen, dass ein Missbrauch vorliegt.“
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Einen Anteil von 15 Prozent verpassten U-Untersuchungen gebe es in ihrer Praxis nicht. Früher, als noch die Briefe der Stadt mit dem Hinweis, den Arztbesuch verpasst zu haben, verschickt wurden, seien Eltern oft erschrocken zu ihr gekommen – weil sie es schlicht vergessen hatten, einen Termin zu vereinbaren.
Keine Kontrolle der U-Untersuchungen: Nicht weniger Untersuchungen
Die Stadt habe, so erklärt es Jan Neuhaus, Sachgebietsleiter im Fachbereich Jugend und Schule, lediglich einen Informations- und keinen Schutzauftrag. Das Jugendamt informiere die Eltern über das Beratungs- und Vorsorgeangebot. „Grundsätzlich sind die Untersuchungen wichtig, um die Kinder regelmäßig im Blick zu halten“, sagt Neuhaus. Wenn vom LZG Meldungen über nicht gemachte Untersuchungen eintreffen, informiere die Stadt die sozialen Dienste, frage ab, ob sie in Kontakt mit der Familie stehen.
„Vorher wurde das genauer überprüft, es gab mehr Fristen und Vormeldungen“, sagt Jan Neuhaus. Ob und wenn ja wie viele Kindeswohlgefährdungen sich durch die Mitteilungen des LZG feststellen ließen, sei aus der Statistik nicht herauszulesen. Kinderärztin Borgmann erlebt jedenfalls nicht, dass seit der fehlenden Kontrolle weniger Kinder zu den U-Untersuchungen kommen. Und auch die Zahlen der Stadt der versäumten Untersuchungen rangieren seit Jahren zwischen 800 und 900.