Bottrop. Alle wollen Umweltschutz, aber Bottroper Geschäftsleuten fehlt oft geeignetes Ersatzmaterial. Alternativen sind meistens auch teurer.

Seit dem 3. Juli darf bestimmtes Einweg-Plastik EU-weit nicht mehr produziert werden. Umweltbelastendes Einweggeschirr oder Verpackungen sollen schrittweise verschwinden, aber die Lagerbestände dürfen abverkauft werden. Nicht alle Lebensmittelhändler, die oft auch Speisen außer Haus anbieten, haben schon für ihre Produkte geeignetes Ersatzverpackungsmaterial über ihre Lieferanten gefunden. Was aber jetzt schon sicher ist: Es wird teurer. Für den Handel wie für die Gastronomie, wie einige Geschäftsleute in Bottrop bereits bestätigen. Noch reichen sie die Mehrkosten nach eigenen Angaben nicht an ihre Kunden weiter. Aber das könnte sich bald ändern.

Umweltfreundliche Verpackungen oder Einweggeschirr sind oft deutlich teurer

Das sagt zum Beispiel Panagiota Triantafillou, Inhaberin des Berliner-Platz-Grills schräg gegenüber vom ZOB. „Bis jetzt haben wir etwa die Hälfte unserer Verpackungen für den Außer-Haus-Verkauf auf umweltfreundliches also recycelbares Material umgestellt, das kostet uns bislang zwischen zehn und 20 Prozent mehr, was wir aber bis jetzt nicht auf die Kundinnen und Kunden umlegen“, so die Betreiberin des griechisches Imbisses. Allerdings räumt sie ein: „Solange das herkömmliche beim Lieferanten noch auf Lager ist, nehmen wir das Plastikgeschirr.“ Aber wenn es demnächst auch die noch einmal teureren recycelbaren Mitnahmetüten gebe, würden sie das auf die Kunden umlegen. „Das ist in allen anderen Geschäften ja auch üblich“, so Panagiota Triantafillou. Etwa 70 Prozent ihrer Kundschaft kauft Speisen zum Mitnehmen.

Einwegschalen aus Plastik - wie hier an einer Salattheke -  haben künftig ausgedient. Restbestände dürfen noch abverkauft werden, seit 3. Juli ist die Produktion aber verboten. Ersetzt werden sollen sie nach und nach durch Behältnisse aus abbaubaren Naturprodukten.
Einwegschalen aus Plastik - wie hier an einer Salattheke - haben künftig ausgedient. Restbestände dürfen noch abverkauft werden, seit 3. Juli ist die Produktion aber verboten. Ersetzt werden sollen sie nach und nach durch Behältnisse aus abbaubaren Naturprodukten. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Josef Bellendorf, Inhaber der gleichnamigen Dorstener Metzgerei, die kürzlich auch das Geschäft von Jaeger an der Hochstraße übernommen hat, ist noch nicht so weit. „Für Lebensmittel, vor allem Dinge die feuchter oder sogar flüssig sind, eignet sich Kunststoff immer noch am besten, sonst ist Papier natürlich eine gute Alternative“, so der Metzger. An der heißen Theke verkauft er in Bottrop die Mahlzeiten noch in Aluschalen.

Aluschalen sind vom Verbot noch nicht betroffen

„Alu ist ja vom Plastikverbot nicht betroffen“, so der Geschäftsmann, der mehrere Filialen betreibt. Allerdings seien die Aluschalen nicht mikrowellengeeignet. Manche Kundinnen brächten auch schon Kunststoffbehältnisse mit, die aber wegen der Hygienevorschriften auf, statt hinter der Theke befüllt werden müssten. Sein Hersteller arbeite jedenfalls an guten wie umweltfreundlichen Verpackungslösungen. „Dann“, so hofft Bellendorf, „geht es aber hoffentlich zügig mit der Umstellung.“ Nur günstiger werde es sicher nicht, eher umgekehrt.

In manchen betrieben hat Alu dennoch schon ausgedient

Alu-Schalen für Mitnahmegerichte haben in der Bio-Metzgerei Scharun schon lange ausgedient – und mit einer Übergangsfrist soll das auch für die aktuellen, mit Folie verschweißten Einweg-Kunststoff-Behältnisse gelten. Mit Ende der Sommerferien wollen die Bio-Metzger ihre Stammkunden in Stadtmitte und Kirchhellen auf Mehrweg einschwören, dazu arbeiten sie mit der Firma Recircle aus der Schweiz zusammen. „Wir haben bestimmt 80 Prozent Stammkunden“, sagt Ulrich Scharun. Die können künftig ihr Essen gegen eine Pfandzahlung von voraussichtlich zehn Euro in Mehrweggeschirr (zu 70 Prozent aus dem Kunststoff PBT, zu 30 Prozent aus Glasfaser) mit heim nehmen, es dort auch bis 120 Grad noch einmal in Ofen oder Mikrowelle erhitzen, und bringen es gesäubert zurück in den Laden. „Wir säubern das Geschirr dann noch einmal hygienisch - und schon ist es im Kreislauf drin.“

Die beiden Bottroper Bio-Märkte setzen sich naturgemäß schon länger mit der Verpackungsfrage auseinander. „Wir fahren schon länger zweigleisig“, sagt Mitinhaberin Karin Bukes vom gleichnamigen Bio-Supermarkt in der Innenstadt. „An der Bistro-Theke haben wir Pappe oder durchsichtigen Kunststoff auf Maisbasis“, so die Geschäftsfrau. Außerdem biete man Einweckgläser auf Pfandbasis an, was bei vielen Kunden recht beliebt sei. Angenommen werden aber auch eigene Behältnisse befüllt, die die Kundschaft mitbringt. An der Obst- und Gemüsetheke setzen die Bukes-Inhaberinnen seit mindestens zwei Jahren auf Papier- oder kompostierbare Tüten auch auf Maisbasis.

Alternativen aus Pappe und Glas

Schalen aus Pappe und Weckgläser an der Restauranttheke sind auch im Bio-Supermarkt Spickermann in Kirchhellen das Material der Wahl. „Wegen der leichten Verfärbbarkeit der wiederverwendbaren Kunststoffdeckel der Gläser durch Öle oder manche Dressings verkaufen wir die Deckel und die Kunden bringen ihren Deckel mit, wenn sie Speisen in Weckgläsern kaufen“, erklärt Bernadette Müting-Spickermann das System. „Wenn Kunden ihre eigenen Behältnisse mitbringen, werden die aber problemlos auch auf der Theke befüllt“, so die Händlerin. Und: Die Pappschalen seien teurer als das alte Plastik. „Etwa 20 bis 50 Cent mehr“, so die Geschäftsfrau. Bislang gibt sie das aber noch nicht an ihre Kunden weiter.

Noch zahlt die Kundschaft nicht mehr für umweltfreundliche Verpackungen

Beim Material der Plastikalternativen habe sie lange experimentiert. „Manches stellte sich dann doch nicht als so kompostierbar wie versprochen heraus.“ Deshalb gibt es zurzeit auch wieder die dünnen Plastiktüten an der Gemüsetheke. „Frischer Pflücksalat in Papier, der ist nach kurzer Zeit nur welk“, weiß Bernadette Müting-Spickermann aus Erfahrung. Ein Plakat in Tütennähe habe die Kundschaft aber offensichtlich sensibilisiert: „Muss es diese Tüte wirklich sein? Es grüßen Ihre Fische im Meer“. Inzwischen würden etwa 40 Prozent weniger von diesen Tüten genommen.

Als Fazit aus längerer Sucherfahrung kann sie sagen: „Viele Alternativen zum herkömmlichen Plastik sind oft gar nicht einfach zu finden.“

Frisch und feucht: dann wird Pappe zum Problem

Das kann Wolfram Triebe, Betreiber mehrerer Rewe-Supermärkte in Bottrop und der Region, nur bestätigen. „Wenn ich Eier- oder Fleischsalat in eine Packung aus dem Papierbereich gebe, weicht das nach ein paar Stunden durch“, nennt er ein Beispiel. Die Alternative, dass die Kunden ihre eigenen Behältnisse mitbringen und an der Theke befüllen lassen, gefällt ihm nicht so recht – aus hygienischen Gründen.

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Grundsätzlich gebe es bei Rewe im Verpackungsbereich „keine Beutel oder kein Papiere mehr, die nicht biologisch abbaubar sind“. In seinem Sortiment habe er zudem schon jetzt keine Einwegbecher oder Strohhalme mehr aus Kunststoff – auch deren Produktion ist verboten.

Diese Produkte sind jetzt schon verboten

Nur die Produktion bestimmter Einwegplastik-Produkte ist seit dem 3. Juli 2021 verboten. Darunter fallen Einweggeschirr und -besteck, Fast-Food-Verpackungen, Wattestäbchen, Trinkhalme, Rührstäbchen, Luftballonstäbe, Lebensmittelbehälter aus Styropor sowie Getränkebecher aus diesem Material.

Auch verboten ist die Produktion von Tellern, Bechern und Besteck aus biobasierten Kunststoffen sowie Produkten, die nur zu einem geringen Teil aus Kunststoff bestehen. Weiterhin erlaubt ist allerdings Alu-Material als Verpackung, zum Beispiel für Mitnahme-Gerichte.