Bottrop. Wärmerückgewinnung, optimale Tageslichtausbeute oder Sonnenenergie - Was sich im Zukunftsgeschäftshaus der Innovation City Bottrop lernen lässt.

Nicht nur auf dem Dach des Innovation-City-Zukunftshauses in der Fußgängerzone liegen die Module mit den Solarzellen eng an eng, auch an der Fassade hängen welche. Insgesamt sind es mehr als hundert. „Wir haben so gut wie jeden freien Zentimeter genutzt“, sagt Besitzer Oliver Helmke. Das alte Geschäftshaus aus den 1950er Jahren sollte schließlich das weltweit erste zum Energie-Plus-Gebäude sanierte Geschäftshaus werden. So haben Bauherr Helmke und die Innovation-City-Gesellschaft es letztlich auch vermarktet. Bis heute ist das Haus an der Hansastraße, in dem mehr Energie erzeugt als verbraucht wird, für den Bottroper vor allem: ein Lernobjekt.

„Wirtschaftlich vernünftig war es nicht, das Haus so aufwendig zu modernisieren“, bekräftigt Oliver Helmke im Rückblick auf das Innovation-City-Projekt. Dazu stecke in dem Gebäude zu viel auf einmal an modernster Umwelttechnik, die bei der Anschaffung vor fast zehn Jahren ja auch teuer war. Darauf hatte der Bottroper Immobilien-Unternehmer schon während der Modernisierungsphase des Zukunftshauses immer wieder hingewiesen.

Bottroper Modernisierer senkt Energiekosten deutlich ab

„Wir haben es dennoch gemacht, damit es in zehn bis 15 Jahren prinzipiell machbar ist, so zu bauen. Wir konnten daraus ja auch lernen“, betont Oliver Helmke. Schon jetzt prüfe sein Team bei Neubauten oder auch Modernisierungen von alten Gebäuden, welche Elemente aus dem Zukunftshaus oder welche anderen Energiespartechniken sich verwenden lassen. „In 20 Jahren wird das Standard sein“, sagt der Bottroper mit Blick auf das Zukunftshaus in der Fußgängerzone. „Wir bauen aber auch jetzt schon sehr hochwertig“, versichert er.

Ein Modul mit Solarzellen neben dem anderen: Bauherr Oliver Helmke schaute gemeinsam mit dem damaligen Innovation-City-Sprecher Rüdiger Schumann (rechts) kurz vor der Eröffnung des Geschäftshauses nach, ob alles passt und funktioniert.
Ein Modul mit Solarzellen neben dem anderen: Bauherr Oliver Helmke schaute gemeinsam mit dem damaligen Innovation-City-Sprecher Rüdiger Schumann (rechts) kurz vor der Eröffnung des Geschäftshauses nach, ob alles passt und funktioniert. © Labus / FUNKE Foto Services | Winfried Labus / FUNKE Foto Services

Anfang 2015 war die Renovierung des alten Geschäftshauses auf der Zielgeraden und die ersten Mieter hatten ihre Etagen bezogen. Selbstverständlich führt Helmkes Immobilienfirma das Geschäftshaus der Zukunft auch heute noch auf ihrer Referenzenliste. Durch den Umbau senkte das Unternehmen nicht nur die entstehenden Energiekosten um drei Viertel, er führte insgesamt tatsächlich auch zu einem Überschuss an Energie. „Feuer, Luft, Wasser, Erde - alle diese Elemente helfen dabei“, meint der Bottroper, der auf eine effektive Kombination aus Geothermie, Fernwärme und Photovoltaik setzte. „Erdwärme braucht eher viel Strom“, merkt Helmke aber an.

Lamellen zwischen den Scheiben steuern Tageslicht

An dem Umbau waren namhafte Unternehmen beteiligt. So arbeitete Helmke mit Covestro und einem Verbund von weiteren Gebäudetechnik-Unternehmen zusammen. Auch Konzerne wie Bayer, Thyssen-Krupp oder General Electric brachten sich ein. Von Bayer zum Beispiel stammt die spezielle Dämmung hinter der neuen Fassade des Geschäftshauses. Eine vollautomatische Lüftungsanlage sorgt für gutes Klima. Außer der Fassade dämmten Bauarbeiter auch Kellerdecken und Dachflächen neu und setzten dreifachverglaste Fenster ein.

Namhafte Unternehmen am Werk

Der Umbau von drei Gebäuden zu Zukunftshäusern wurde während des Innovation City-Klimaschutzprojektes in Bottrop gefördert. Dabei wurden ein Einfamilienhaus an der Röntgenstraße, ein Mietshaus am Ostring und das Geschäftshaus von Oliver Helmke an der Hansastraße in der Bottroper Fußgängerzone aufwendig modernisiert.

An den Umbauten beteiligten sich namhafte Unternehmen und brachten sich mit Material und Knowhow ein. Außer Bayer, Thyssen-Krupp und Covestro gehören dazu zum Beispiel auch Innogy und Vivawest.

„Sehen sie die Lamellen?“, zeigt Helmke fragend auf diese Fenster. Die Lamellen liegen nicht etwa wie bei Jalousien vor oder hinter, sondern zwischen den Glasscheiben. Sie bewegen sich aber wie bei Jalousien und dienen als Sonnenschutz. Sie können allerdings auch so eingestellt werden, dass sie die Sonne an die Zimmerdecken spiegeln, so dass natürliches Licht länger für Helligkeit sorgt und so künstliches einspart. Auch über Glasfasern gelangt Sonnenlicht ins Innere, so dass selbst Räume ohne Fenster Tageslicht haben. Wird es dunkeler, schalten sich automatisch LED-Leuchten an. So ist es in den Zimmern immer gleich hell.

Wärmerückgewinnung zu 90 Prozent in jeder Etage

Jede einzelne Etage des Geschäftshauses verfügt über eine eigene Lüftungsanlage mit 90-prozentiger Wärmerückgewinnung. Der Aufzug gewinnt Energie zurück. CO2-Fühler sorgen für gute Luft. Die Sonnenenergie speichern zig Akkus im Keller des Geschäftshauses. „Wenn die Sonne mal gar nicht scheint und die Akkus leer sind, kann jeder Strom aus Wasserkraft beziehen“, erklärt der Bottroper. Strom aus dem Netz brauchen die Mieter an der Hansastraße allerdings kaum, versichert Oliver Helmke. Auch an der Fernwärmestation zeigten die Zähler jedes Jahr eine Null an, berichtet er.

Für die Mieter in dem Geschäftshaus habe das den Vorteil, dass sie keine sogenannte zweite Miete bezahlen müssen. Helmke: „Wir berechnen den Mietern hier jedenfalls keine Nebenkosten. Ihre Nettomiete ist auch die Bruttomiete.“