Bottrop. Im Bottroper Impfzentrum können derzeit nur Zweitimpfungen verabreicht werden. Das ändert sich so schnell nicht. Was das für Impfwillige heißt.
900 Impfungen stehen zu Wochenanfang im Impfzentrum an. Doch der Wartebereich ist am Montag erstaunlich leer. Wer kommt, der wird in der Regel direkt durchgeleitet. Papierkram, medizinische Aufklärung? Fällt beim Zweittermin weg oder aber zumindest wesentlich kürzer aus. Denn schon am Montag stehen hier am Südring nur Zweitimpfungen an. Und daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Dr. Harald Hofer, ärztlicher Leiter des Impfzentrums, hofft, dass es in rund drei Wochen wieder möglich sein wird, Erstimpfungen anzubieten.
Allerdings: Es handelt sich dabei nicht um ein Bottroper Phänomen. Vielmehr seien alle Bundesländer betroffen. Der verfügbare Impfstoff muss zunächst einmal für die Zweitimpfungen eingesetzt werden. Heißt aber auch: Wenn am 7. Juni die Impfpriorisierung fällt und sich jedermann um einen Termin bemühen kann, wird es kaum zusätzliche Termine geben. Im Buchungsportal sind überhaupt keine für Erstimpfungen freigegeben.
Termine für die Zweitimpfungen sind von den Einschränkungen nicht betroffen
Harald Hofer und sein Kollege Michael Althammer, der organisatorische Leiter des Impfzentrums, können derzeit nur auf die Haus- und Betriebsärzte verweisen und allen, die einen Termin für eine Erstimpfung vereinbaren wollen, raten, sich dorthin zu wenden. Allerdings sagt Dr. Hofer mit Blick auf die Impfstoffmenge. „Der Kuchen ist zwar zuletzt größer geworden, dafür ist aber auch die Zahl der Akteure gestiegen.“
Immerhin sind von den Einschränkungen die Zweitimpfungen nicht betroffen. Die Termine haben Bestand „und wir gehen davon aus, dass der Impfstoff dafür auch ausreichend vorhanden ist“, sagen die beiden Leiter des Zentrums. Doch weil der Impfstoff immer noch knapp ist, hätten diese Zweitimpfungen nun Priorität. Landesweit stehen voraussichtlich an: 588.000 Zweitimpfungen in der Woche ab 31. Mai, 441.000 Zweitimpfungen in der Woche ab 7. Juni und 473.000 Zweitimpfungen ab 14. Juni. Kapazitäten für Erstimpfungen gebe es im Impfzentrum, denn 300 zusätzlich Termine pro Tag würde man schon schaffen, doch allein es fehlt das Serum.
Druck auf die Bottroper Hausarztpraxen wird steigen
Bleibt die Frage nach dem ersten Piks. Hier gilt: Das, was an Erstimpfungen im Impfzentrum nun wegbricht, können die hiesigen Hausärzte nicht auffangen. Das sagt auch Dr. Christoph Giepen, der Sprecher des Bottroper Ärztevereins. Denn die Zahl der Impfdosen, die den Praxen zur Verfügung stünde, wachse nicht. Giepen spricht von einer „stetig gleichbleibenden mittelmäßigen Menge“.
Mit Blick auf die fallende Priorisierung erwartet er nun weiteren Druck auf die Praxen. Sein Rat: Wer einen Termin sucht, der solle sich am besten per E-Mail oder Fax an die Praxen wenden, bei einigen bestünde dann die Chance, auf eine Warteliste zu kommen.
Einige Bottroper Hausärzte haben ihre Warteliste erst einmal geschlossen
Wobei das auch nicht mehr für alle Kollegen gelte. Giepen selbst und einige andere Ärzte haben ihre Warteliste zunächst einmal geschlossen, arbeiten erst einmal diejenigen ab, die schon draufstehen. Denn: „Wir bekommen in unserer Praxis zwischen 36 und 48 Dosen Biontech.“ Dazu komme noch Impfstoff von Johnson und Johnson. Astrazeneca dagegen bestelle er schon gar nicht mehr und auch andere Praxen verzichteten darauf. Der Grund: Der Impfstoff ist nicht mehr gefragt, der Aufwand, Abnehmer dafür zu finden, sei groß.
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Leichter sei es dagegen bei Johnson und Johnson, denn der Vorteil hier: Es ist keine Zweitimpfung nötig. Insbesondere bei jüngeren Menschen sei der Impfstoff gefragt, hat Giepen beobachtet. Allerdings gebe es da eben das Problem, dass er aus medizinischer Sicht hier gar nicht so gut geeignet sei. Ähnlich wie bei Astrazeneca gilt auch bei dem Serum, dass die Ständige Impfkommission es für Über-60-Jährige empfiehlt.
Verantwortliche appellieren an die Geduld der Bottroper
Giepen appelliert an die Menschen, ihren teils auch verständlichen Frust nicht in den Arztpraxen abzuladen. Zuletzt sei es vereinzelt zu unschönen Situationen gekommen. Dabei seien die Praxen an der „absoluten Maximalbelastung“. Das gelte vor allem für die nichtärztlichen Mitarbeiterinnen. Denn die Organisation und oft auch das eigentliche Impfen sei Sache der Helferinnen. Dazu kommt der reguläre Praxisalltag. Hinzu komme, dass auch in den Praxen nun die Zweitimpfungen anstehen. „Die meisten Praxen sind ausgelastet“, sagt Giepen.
Die politische Entscheidung, die Impfpriorisierung aufzuheben, sieht der Sprecher des Bottroper Ärztevereins kritisch. Da ist er sich einig mit Michael Althammer: „Man hätte mit der Aufhebung der Priorisierung besser warten sollen, bis genügend Impfstoff vorhanden ist.“ Denn noch immer hätten nicht alle Impflinge der Prio-Gruppe 3 ihre Erstimpfung bzw. den Termin dafür erhalten.
Hoffen auf das dritte Quartal
In Bottrop wurden bisher rund 65.000 Erstimpfungen verabreicht, dazu kommen rund 25.000 Zweitimpfungen, sagt der organisatorische Leiter des Impfzentrums, Michael Althammer. Verabreicht wurden diese Dosen im Impfzentrum, bei den Hausärzten oder von mobilen Teams.
Althammer hofft, dass im dritten Quartal, das am 1. Juli beginnt, wieder mehr Impfstoff zur Verfügung steht. Er verweist auf Zusagen für 50 Millionen Biontech-Dosen für ganz Deutschland im dritten Quartal. Dazu kämen die Lieferungen der übrigen Hersteller. Höchstwahrscheinlich erhalte im Laufe dieses Vierteljahres dann auch der deutsche Hersteller Curevac die Zulassung für sein Präparat.