Bottrop. Als DJ und Veranstalter war Tobias Lindemann coronabedingt sofort alle Jobs los. Zum Glück gibt es die elterliche Firma. Dort steigt er nun ein.
Die Corona-Pandemie greift seit über einem Jahr in die Lebens- und Berufsplanung vieler Menschen ein. Laut WAZ-Corona-Check, dem eine Umfrage unter 600 Bottroperinnen und Bottropern zugrunde liegt, hat sich die berufliche Situation verändert – sogar eher etwas verschlechtert (siehe Grafik). Manche haben branchenbedingt starke Einbußen erlitten, anderen haben sich beruflich neu orientiert oder umorientieren müssen, wie Tanzschulbetreiber Peter Frank, der zwischenzeitlich in seinen alten Beruf als Krankenpfleger zurückkehrte und aus der Tanzschule ein Testzentrum machte.
Auch für Tobias Lindemann haben sich berufliche Pläne zerschlagen. Die Veranstaltungsbranche liegt immer noch am Boden. Als DJ und Event-Planer und -veranstalter fielen er und sein Kompagnon Stephan Kückelmann, mit dem er eine GbR betreibt, mit dem ersten Lockdown ins Bodenlose. „Feierabendmarkt, Kirchhellener Dorffest, das sind natürlich Events, die unter die Kategorie Großveranstaltungen fallen und demnach abgesagt werden musste“, sagt Tobias Lindemann.
Aber auch als DJ für Partys, Hochzeiten und unzählige andere Anlässe flatterten ihm die Absagen fast täglich ins Haus. „Die ganze Saison war durchgeplant, so etwas geht ja nicht mal eben von heute auf morgen und die Pandemie bedeutete für mich, fürs alle aus unserer Branche, ein Fall ins Bodenlose, so fühlt es sich jedenfalls an“, sagt der 29-Jährige.
In der Veranstaltungsbranche brachen Einnahmen von heute auf morgen weg
Nach dem Abi am JAG studierte er Wirtschaftsingenieurwesen an der HRW. Dann machte sich der Spross der eingesessenen Fuhlenbrocker Familie, die lange das gleichnamige Gasthaus betrieb und mindestens eben solange die Lindemann Bauen und Wohnen GmbH führt, selbstständig. Mit Stephan Kückelmann gründete er die GbR, die ihren Namen trägt. „Es gibt sie noch, aber das Geschäft ist derzeit tot“, betont Lindemann. Das Schlimmste: „Die Einnahmen brechen von heute auf morgen weg, man hat für eine Saison vorgearbeitet – umsonst. Und wie viel man den staatlichen Hilfen zurückzahlen muss, kann zurzeit auch noch niemand sagen.“
So hat sich Tobias Lindemann kurzerhand umorientiert. Er stieg ins elterliche Geschäft ein. Die Vorgängerin der Lindemann Bauen und Wohnen GmbH hat sein Großvater Heinrich Lindemann 1986 gegründet, die Wurzeln sind aber noch älter. Derzeit vergräbt er sich in Akten, Verträgen, Plänen und Arbeitsvorlagen und -abläufen. „Vieles aus dem Studium kann ich dabei anwenden, anderes muss ich lernen.“
Einige IHK-Prüfungen waren auch notwendig, zum Beispiel in qualifizierter Immobilienverwaltung oder Wertermittlung. Die Firma hat zwei Standbeine. Einmal als Bauträgerin, dann als Verwalterin für Immobilien. Und gerade sei in der Bau- und Immobilienbranche wirklich viel zu tun.
Eingesessenes Bottroper Familienunternehmen
Natürlich, die berufliche Perspektive hat sich für Tobias Lindemann durch Corona sehr schnell verändert. Aber: „Ich bin im Vergleich zu ganz vielen anderen Menschen und auch verglichen mit vielen Kolleginnen und Kollegen eher weich gefallen“, resümiert der Fuhlenbrocker mit Blick auf seine aktuelle Lage.
Er kann sich inzwischen sehr gut vorstellen, ganz in das Familienunternehmen einzusteigen, was wiederum den Großvater freuen würde, der sich erst mit 84 Jahren aus der Firma zurückgezogen hat. „Er hat aber immer noch alles im Blick, weiß der Enkel. Der hält sich aber auch als Veranstalter oder DJ im Nebenjob noch ein Hintertürchen offen. Allerdings: „Mehr tagsüber und weniger nachts auf Achse zu sein, hat auch Vorteile, sagt zum Beispiel meine Verlobte.“