Bottrop. Angelika Brauckmann möchte nach ihrem Tod Teil der Ausstellung von Gunther von Hagens werden. Warum die Bottroperin diese Entscheidung traf.

Diese Geschichte geht unter die Haut. Angelika Brauckmann hat sich entschieden. Nach dem Tod will sie ihren Körper der umstrittenen „Körperwelten“-Wanderausstellung zur Verfügung stellen. Die Präparate von Gunther von Hagens sind weltweit bekannt und stammen von toten Menschen, die zu Lebzeiten ihr Einverständnis dazu gegeben haben.

Die 62-Jährige besucht 2009 in Köln erstmals die „Körperwelten“. Mit den Jahren werden zwei weitere Besuche in Berlin folgen. Auch die aktuelle Ausstellung in Mülheim hat sie gesehen. Die menschlichen Körper, die in allen Facetten gezeigt werden, wecken ihr Interesse. Medizin hat sie schon immer fasziniert. An einem Infostand vor Ort erfährt sie mehr über die Präparate und die Konservierungsmethode „Plastination“. Anschließend lässt sie sich Unterlagen nach Hause schicken. Schließlich unterschreibt sie eine Verfügung, in der in ihrem Todesfall alles klar geregelt ist.

Auf einem Körperspender-Ausweis ist vermerkt, was im Fall der Fälle passieren soll.
Auf einem Körperspender-Ausweis ist vermerkt, was im Fall der Fälle passieren soll. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Neben dem Personalausweis hat sie seitdem einen Körperspender-Ausweis bei sich. Darauf ist vermerkt, was für den Fall der Fälle passieren soll. Nachdem ihr Tod festgestellt worden ist, wird ihr Leichnam zum Institut für Plastination nach Heidelberg überführt. Das ist sozusagen ihr letzter Wunsch. In der Verfügung hat sie mit „Ja“ oder „Nein“ verschiedene Aspekte der Körperspende angekreuzt. Unter anderem ist sie damit einverstanden, dass ihr plastinierter Körper zur medizinischen Aufklärung von Laien eingesetzt und der Öffentlichkeit, also bei „Körperwelten“, zur Schau gestellt wird.

Für die 62-Jährige geht es in Ordnung, wenn Gewebe wie Sehnen und die Hornhaut für Transplantationszwecke genutzt werden. Oder Studenten ihren Körper für die medizinische Ausbildung sowie Ärzte für die Weiterbildung verwenden. Auch ein Fortleben des Körpers als anatomisches Kunstwerk ist von ihr erlaubt worden. Welche Teile genau konserviert und präpariert werden, sei es Organe, Gliedmaßen, Herz, Kopf oder den ganzen Körper, darüber kann sie nicht entscheiden. Diese Wahl trifft das Institut für Plastination.

Die Familie respektiert die Entscheidung

„Ich stehe den Körperwelten für zwei Jahre zur Verfügung“, sagt sie. Das bedeutet: Alles, was letztlich keine Verwendung als Präparat findet, wird für jenen Zeitraum aufbewahrt und anschließend kremiert. „Es gibt für mich weder eine Trauerfeier noch eine Beerdigung“, sagt sie. Ihre Familie weiß von der Entscheidung und respektiert den Schritt. „Meine Kinder sind damit einverstanden.“

Die Verfügungen zur Körperspende sind nicht in Stein gemeißelt. Wenn sie möchte, kann sie das Institut informieren und Änderungen vornehmen. Und zudem besitzt sie ein Rücktrittsrecht, sodass sie die Verfügung ohne Angabe von Gründen widerrufen kann. Dass sie davon Gebrauch machen wird, ist eher unwahrscheinlich.

Über die Ausstellung gehen die Meinungen auseinander

„Körperwelten“ polarisiert seit der ersten öffentlichen Ausstellung im Jahr 1995. Einige empfinden sie als verstörend und abstoßend, andere wiederum als skurril, interessant oder informativ. Für Angelika Brauckmann ist sie „keine Sensationslust“, sondern „ein medizinischer Zweck“. Es werde gezeigt, wie Körper in ihrer Anatomie aussehen.

Organspende rettet Menschenleben

Angelika Brauckmann macht sich stark für die Organspende. Seit Jahrzehnten besitzt sie einen Ausweis: „Mit einer Spende kann ich Menschenleben retten.“ Die Organspende hat laut Verfügung Vorrang vor der Körperspende bzw. Plastination.

Im Technikum in Mülheim ist zurzeit die Ausstellung „Körperwelten – Eine Herzenssache“ mit rund 180 anatomischen Präparaten zu sehen. Wegen der hohen Sieben-Tage-Inzidenz in Mülheim ist sie vorübergehend geschlossen. Mehr Infos unter https://koerperwelten.de

Zum sensiblen Thema „Tod“ hat sie keine Berührungsängste. „Er hat in meinem Leben schon immer eine Rolle gespielt.“ Als Sterbebegleiterin engagiert sie sich in einem Hospiz, zuvor ist sie mehrere Jahre an verschiedenen Gerichten tätig gewesen. Unter anderem als Schöffin in einem Mordprozess. An ihr Lebensende verschwendet sie keine Gedanken. „Das Leben ist doch so lebenswert“, sagt die 62-Jährige lächelnd. Die Art der Bestattung, wie in einem Grab oder einer Urne, sei jedem selbst überlassen.

Aus beruflicher Erfahrung weiß sie, dass sowohl junge als auch ältere Menschen sich erst spät im Leben mit dem eigenen Tod auseinandersetzen und entsprechende Vorsorge treffen würden. „Ich weiß ja nicht, wie ich sterbe. Aber ich weiß, dass alles geregelt ist.“ Sie hat den Nachlass geklärt, und dazu zählt auch die Verfügung „Körperspende zur Plastination“.