Bottrop. Wie der eher unwichtige Posten des zweiten Stellvertreters des Bezirksbürgermeisters für Verstimmung im Bezirk Mitte sorgte. Eine Analyse
Zweiter Stellvertreter des Bezirksbürgermeisters – die Bedeutung dieses Amtes zeigt sich eigentlich schon darin, dass immer mal wieder diskutiert wird, es abzuschaffen. Denn damit ein zweiter Stellvertreter tatsächlich einmal eine Sitzung leiten darf, muss schon viel passieren. Warum gibt es das Amt überhaupt noch?
Zu den Aufgaben eines Bezirksbürgermeisters gehört auch die Ehrung der Alters- und Ehejubilare. Da kommen im Jahr einige Termine zusammen, daher verteilt man diese Aufgabe auf drei Personen. Zweifellos eine verdienstvolle Sache, und diejenigen, die auf diese Weise geehrt werden, erfahren ein Stück Wertschätzung seitens ihrer Stadt. Allerdings sprechen Spötter auch gern vom Grüßaugust, wenn die Rede auf das Amt des stellvertretenden Bezirksbürgermeisters kommt.
SPD und CDU hatten in der konstituierenden Sitzung eine gemeisame Liste vorgelegt
Im Bezirk Mitte hat nun just dieses Amt zu einem Eklat geführt. Nach der letzten Sitzung forderte die FDP eine Entschuldigung von Bezirksbürgermeister Klaus Kalthoff (SPD). Was war passiert?
Kalthoff hatte sich eingangs der Sitzung zu den Wahlen in der konstituierenden Sitzung geäußert. Dazu hatten SPD und CDU eine gemeinsame Liste vorgelegt, nach der Johannes Allkemper (CDU) wie schon seit Jahrzehnten zweiter Stellvertreter hätte werden sollen. Grüne, FDP und ÖDP hatten ihrerseits eine gemeinsame Liste vorgelegt, und am Ende wurde Sigurd Köllner von den Grünen gewählt.
FDP-Vertreter wehrt sich gegen Äußerungen des Bezirksbürgermeisters
Kalthoff selbst und eine weitere SPD-Vertreterin fehlten in dieser Sitzung krankheitsbedingt. Auch ihre Anwesenheit hätte am Ergebnis nichts geändert. Trotzdem soll in der Sitzung der vergangenen Woche das Wort von den grünen „Rattenfängern“ gefallen sein, auf deren Initiative wohl die Zusammenarbeit der drei kleinen Parteien zurückging.
Das mochte Daniel Schuster (FDP) nicht auf sich sitzen lassen. „Ich will mir von Herrn Bezirksbürgermeister Kalthoff nicht vorwerfen lassen, ich sei bei der Wahlentscheidung von ‘Rattenfängern’, wie er die Kollegen der Grünen bezeichnete, eingefangen worden. Noch weniger möchte ich als gewählter Vertreter dieses Gremiums in der Folge als ‘Ratte’ bezeichnet werden.“ Er fordert Kalthoff daher auf, sich für die Wortwahl zu entschuldigen. Köllner wehrte sich schon während der Sitzung gegen dies Vorwürfe, warf Kalthoff vor: „Sie bauen hier Fronten auf.“ Zumal Gesprächsangebote seitens der Grünen im Vorfeld der konstituierenden Sitzung von der SPD ignoriert worden seien.
Devello beseitigt Dreck und Taubenschlupflöcher am ehemaligen Karstadt-Haus
Das anschließende Verhalten von SPD und CDU in der Sitzung kann man dann durchaus als Machtdemonstration sehen. Sechs Anträge der Grünen wurden kurzerhand und ohne große Diskussion abgeräumt. Dabei haben die Grünen es der Mehrheit an einigen Stellen aber auch leicht gemacht. Anträge zur Erneuerung von Wegen im Stadtgarten gehören nicht in die Bezirksvertretung. Das Gremium ist schlicht nicht zuständig, kann also gar nicht entscheiden.
Ein schwacher Trost für die Grünen ist, dass ihr Antrag, die Dreckecken am ehemaligen Karstadt-Haus zu beseitigen, gar nicht notwendig gewesen wäre. Wie Dorothee Lauter von der Wirtschaftsförderung berichtete, gibt es dazu schon Absprachen zwischen Stadt und Eigentümer, auch die Schlupflöcher für die Tauben würden beseitigt. Andere Anliegen der Grünen wären vielleicht unter dem Tagesordnungspunkt „Anliegen und Anregungen“ besser aufgehoben gewesen, in dem Bezirksvertreter vortragen können, was ihnen unter den Nägeln brennt, und die Verwaltung muss sich äußeren. Es gibt keine Möglichkeit, als Mehrheit dort Punkte abzuräumen. Vielleicht schafft es das Anliegen der Grünen, einen neuen Baum am Eingangsbereich des Kirchplatzes auf der Hochstraße zu pflanzen, ja noch dorthin.
Bezirksvertretungen sind eigentlich bekannt für bürgernahe Politik und Kollegialität
Am Ende war es eine befremdliche Sitzung eines Gremiums, das für seine Bürgernähe bekannt ist und in dem sonst auch die kleinen Parteien eine Chance haben, mit ihren Anliegen durchzudringen. Ein Beispiel: Im Vorfeld der Haushaltsberatungen bringen die Parteien ihre Vorschläge ein. Gemeinsam bereist man dann den Bezirk und schaut vor Ort, wie sich die Gelder am besten verteilen lassen. Entsprechend einmütig fallen dann meistens die Beschlüsse. Ein Vorgehen, das parteiübergreifend immer gelobt wird.
Daniel Schuster jedenfalls hofft, dass das Gremium „in den nächsten Sitzungen wieder zu einem geordneten und respektvollen Miteinander zurück findet“. Aus Kreisen von Grünen und SPD war tatsächlich zu hören, dass es so nicht weitergehen darf. Vielleicht lässt sich der Vorfall in der zweiten Sitzung unter Startschwierigkeiten abhaken. Am Ende sollten sich alle Beteiligten einmal überlegen, ob diese Aufregung wirklich nötig war und ob eine Bezirksvertretung der richtige Ort für knallharte Parteipolitik ist anlässlich einer Wahl zum zweiten Stellvertreter des Bezirksbürgermeisters.