Bottrop. In Bottrops Südosten errichtet die Essener Krupp AG ab 1903 eine Sprengstoff- und Munitionsfabrik. Es folgt die Siedlung im Gartenstadtcharakter.

Krupp und Bottrop: Zwei Namen, die man im Ruhrgebiet nicht sofort in einem Atemzug nennt. Und dennoch hat der traditionsreiche Industrie- und Stahlkonzern auch in dieser Stadt Spuren hinterlassen, die bis heute erhalten sind. Auch darum geht es in Wilfrid Krix’ Buch „Die alten Bottroper (Berg)-Arbeitersiedlungen“, das demnächst in der Reihe „Geschichtsstunde“ des Stadtarchivs erscheint.

Von der alten Pulvermühle zur modernen Munitionsfabrik

Denn der Essener Unternehmer erwirbt 1903 die ursprüngliche Pulvermühle. Die ist laut Wilfried Krix von Wilhelm Martin 1875 errichtet worden. Später stellt die Arenberg’sche Bergwerksgesellschaft dort Schwarzpulver her, bis dessen Verwendung im Bergbau verboten wird. Die Produktionsstätten liegen dann mehr oder weniger brach, bis Krupp auf der Bildfläche erscheint, die alten Anlagen niederlegt und neue Produktionsstätten im Süden der Stadt errichtet, die nicht nur Sprengstoff sondern auch Munition herstellen können, was ins Portfolio des späteren „Kanonenkönigs“ passt. Außerdem ist zu der Zeit der Bottroper Süden, genauer der äußerste Südosten, noch ziemlich unbesiedelt, was einer derartigen Produktion entgegen kommt.

Das Haus Feuerwerkerstraße gehört zur alten Siedlung der früheren Krupp’schen Feuerwerker-Kolonie. Mit dem niedrigen Stallanbau wollte man damals den ländlichen Eindruck einer Gartenstadt-Siedlung verstärken. Die meisten Häuser wurden in den letzten Jahrzehnten stark verändert.
Das Haus Feuerwerkerstraße gehört zur alten Siedlung der früheren Krupp’schen Feuerwerker-Kolonie. Mit dem niedrigen Stallanbau wollte man damals den ländlichen Eindruck einer Gartenstadt-Siedlung verstärken. Die meisten Häuser wurden in den letzten Jahrzehnten stark verändert. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

1906 beginnt die Produktion. Aus zunächst 30 Mitarbeitern wird Dank ständiger Kapazitätserweiterung bis kurz vor dem Ausbruch der Ersten Weltkriegs 1914 eine Belegschaft von 437 Mann. Bei Kriegsende 1918 sind es bereits 2.380 Mitarbeiter. Und die müssen natürlich wohnen und verpflegt werden. Darin hat die Krupp-Familie sich ja schon länger als vorbildlich erwiesen. Natürlich ganz im patriarchalen Sinne der Zeit. Denn wer hübsch wohnt, wie zum Beispiel in der kurz vorher begonnenen Krupp’schen Siedlung auf der Essener Margarethenhöhe, kommt nicht so leicht auf krumme (politische) Gedanken und bleibt gerne seinem Arbeitgeber treu.

Blick von der Knappenstraße auf den früheren „Krupp’schen Konsum“, wie Georg Lücker ihn 1925 festhielt. Das Gebäude steht heute noch, beherbergt nur kein Geschäft mehr.
Blick von der Knappenstraße auf den früheren „Krupp’schen Konsum“, wie Georg Lücker ihn 1925 festhielt. Das Gebäude steht heute noch, beherbergt nur kein Geschäft mehr. © Stadtarchiv | Georg Lücker

1910 stellt die Friedrich Krupp AG einen Bauantrag für die „Feuerwerker“-Kolonie, dem noch im selben Jahr stattgegeben wird, ebenso, wie kurz darauf die Mitteilung des Recklinghäuser Kreisausschusses herausgeht, dass man keine „Kolonieabgeben“ erheben wird. Dazu sind Bauherren eigentlich verpflichtet, dienen sie doch zur Errichtung notwendiger weltlicher wie geistlicher Infrastruktur. Als die evangelische Kirchengemeinde nachfragt, heißt es lediglich, dass „die Baumaßnahme keinen erheblichen Einfluss auf die Gemeinde-, Kirchen- und Schulverhältnisse habe“, wie Wilfried Krix für sein Buch recherchiert hat.

Die Bevölkerung wächst danach nie mehr so rasant an

Zunächst sollen es sieben Wohnhäuser mit zwei Meister- und 12 Arbeiterwohnungen sein. Und zwar an der heutigen Einmündung „In der Welheimer Mark“ / Knappenstraße. Noch im Ersten Weltkrieg will Krupp um 60 Arbeiter- und 21 Meisterhäuser erweitern. Damit skizziert sich die heutige „Feuerwerker“-Siedlung zwischen Knappenstraße, Speckenbruch, Feuerwerkerstraße und In der Welheimer Mark heraus. Und natürlich soll auch einer der berühmten Krupp’schen „Konsums“ entstehen. Das größere zweistöckige Gebäude gibt es bis heute - nur nicht mehr als Einkaufsort.

Der alte Krupp-Konsum heute. Auch die „Feuerwerker“-Siedlung hat sich verändert, ist aber in ihren Grundzügen immer noch zu erkennen.
Der alte Krupp-Konsum heute. Auch die „Feuerwerker“-Siedlung hat sich verändert, ist aber in ihren Grundzügen immer noch zu erkennen. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Die Erweiterung der „Feuerwerker“-Siedlung wird genehmigt, die Anlage ist ja schließlich kriegswichtig. Und Krupp zahlt jetzt auch die Kolonieabgabe: 100 Mark für die Gemeinde Bottrop, 42 für Schulzwecke und 75 Mark gehen pro Haushalt an die katholische und evangelische Kirchengemeinde. Der typische Gartenstadt-Charakter prägt die Siedlung bis heute. Manche Häuser haben sogar noch den flachen Stallanbau, der „den Eindruck der niedrigen, ländlichen auweise noch erhöhen“ sollte, wie es im damaligen Bauantrag zu lesen ist, den Wilfried Krix für seine Arbeit ausfindig machte.

Die „Feuerwerker“-Siedlung fällt in die letzte große Boom-Phase Bottrops. Danach steigt die Bevölkerung der Stadt weitaus weniger rasant an.

Das Buch

Das Buch „Die alten Bottroper (Berg)-Arbeitersiedlungen“ von Wilfried Krix soll in der Reihe „Geschichtsstunde“ des Stadtarchivs erscheinen. Wegen der Corona-Pandemie steht noch kein genaues Datum fest.