Kirchhellen. Nennen wir es ein Luxusproblem. Firmen standen Schlange für Flächen im neuen Gewerbegebiet, doch einige haben sich anders entschieden.

Das ist ein Lob wert. Einen Monat früher als geplant ist die Stadt fertig mit der Erschließung des neuen Gewerbegebietes im Pinntal. Ausgerechnet jetzt, wo die Firmen loslegen können, kann die städtische Wirtschaftsförderung bis zu sieben Flächen neu vergeben, obwohl die Unternehmen bei der Flächenvergabe Schlange gestanden hatten. Das sind die Gründe.

Während einige Unternehmen wie der Gebäudereiniger Siebe mit einem ehrgeizigen Zeitplan schon den Umzug ins Pinntal organisieren, werden andere Betriebe von ihrer Option auf eine Ansiedlung keinen Gebrauch machen. Zum Beispiel ein mittelständisches Bauunternehmen im Familienbesitz, das seit Generationen in der Kirchheller Heide ansässig ist und das die Wirtschaftsförderung dort sehr gerne gehalten hätte, denn noch immer sind Ansiedlungsflächen für Gewerbe in Kirchhellen knapp.

Plan B wie Brandenheide

Nachdem dieser Versuch nicht gelungen ist, hat sich das Unternehmen rund 6000 Quadratmeter im Pinntal gesichert. Jetzt soll aber Plan B ziehen: Wenn die Politik zustimmt, soll sich das Unternehmen im Grafenwälder Gewerbegebiet Brandenheide ansiedeln. „Da sind sie mit ihren Bedürfnissen besser aufgehoben“, sagt Sabine Wißmann, Leiterin der städtischen Wirtschaftsförderung.

So sieht es jetzt aus: Blick auf die neue Erschließungsstraße und den Bellendorf-Neubau.
So sieht es jetzt aus: Blick auf die neue Erschließungsstraße und den Bellendorf-Neubau. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Drei weiteren Flächen im Pinntal werden ebenfalls nicht in Anspruch genommen von Unternehmen, die dafür den Zuschlag bekommen hatten. Das hat etwas mit Corona zu tun und den unsicheren wirtschaftlichen Aussichten, sagt Sabine Wißmann. „In diesen Zeiten kann ich gut verstehen, dass Unternehmen Investitionsentscheidungen erst mal zurückstellen.“

Neu im Dorf: die Dekra

Bei seiner Entscheidung, nach Kirchhellen zu ziehen, bleibt der Kfz-Dienstleister Dekra. Das Unternehmen hat schon mehrfach versucht, in Bottrop ein Bein an den Boden zu bekommen, berichtet die Amtsleiterin: „Die haben schon ganz lange Flächen gesucht. Deshalb bin ich froh, dass es im Pinntal geklappt hat.“

Wie die rund 10.000 wieder freien Quadratmeter Ansiedlungsfläche auf sieben Parzellen jetzt vermarktet werden sollen, muss die Politik entscheiden, sagt Sabine Wißmann, falls der zuständige Ausschuss für Wirtschaftsförderung wie geplant im März tagen kann: „Wir leben wegen Corona in diesen Tagen ja im Konjunktiv.“ Wegen der Größe der Flächen lohne sich ein zweites Vergabeverfahren, nur zügig sollte es gehen angesichts der Flächenknappheit. An mangelnder Nachfrage werde die Vergabe nicht scheitern: „Wir haben genügend Interessenten auf unserer Liste.“

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Der erste und dringendste Interessent für Flächen im neuen Gewerbegebiet hat schon Nägel mit Köpfen gemacht. Das Autohaus Bellendorf hat bereits vorab 4000 Quadratmeter an der Ecke Gartenstraße bekommen für seinen überfälligen Erweiterungsbau. Schon seit dem Sommer 2019, während die Vergabe noch lief, hat Bellendorf seine Gebrauchtwagen auf die damals noch grüne Wiese gestellt. Noch vor der Stadt hat Bellendorf mit den Bauarbeiten begonnen und dafür eine Erschließung von der Gartenstraße aus genutzt. Inzwischen sind die Neubauten hochgezogen.

Gewerbegebiet auf der grünen Wiese

Das neue Gewerbegebiet Im Pinntal entsteht auf einem ehemaligen Acker. Trotz der Klagen über erneuten Flächenfraß in Kirchhellen hat eine Mehrheit in der Kommunalpolitik für den Neubau entschieden wegen des großen Mangels an verfügbaren Gewerbeflächen.

Das neue Gewerbegebiet ist eine Erweiterung des Gewerbegebietes Pelsstraße/Raiffeisenstraße. Vorgesehen ist es unter anderem für Betriebe aus dem Dorf, die expandieren wollen.