Bottrop. In Pandemie-Zeiten muss sich auch das „Restaurant der Herzen“ neu erfinden. Wie das aussieht und warum die Suppenküche trotzdem enorm wichtig ist
„Es ist auf jeden Fall nicht Kolüsch , wie wir es kennen“, sagt Felix Brill mit Blick auf die anstehende Saison der Suppenküche in Bottrop . Am Dienstag, 15. Dezember, geht es los – wie immer im Barbaraheim in Lehmkuhle . Doch Kolüsch – nicht umsonst immer wieder bezeichnet als „Restaurant der Herzen“ – lebt eben nicht allein davon, dass dort warme Mahlzeiten verteilt werden. Die Suppenküche ist Treffpunkt, Anlaufstelle und Ort für Gemeinsamkeit. All das aber falle in diesem Jahr weg, sagt Brill.
Auch für Kolüsch gelten die Corona-Regeln , und so gibt es das Essen diesmal nur zum Mitnehmen . Rund ums Barbaraheim arbeiten die ESB-Verantwortlichen mit Einbahnstraßen . Die Gäste kommen durch den Hintereingang rein und erhalten dann an zwei Ausgabestellen ihre Mahlzeit – abgepackt zum Mitnehmen. Durch den Vordereingang geht es dann hinaus. Dabei gelten Regeln zum Mindestabstand und zur Maskenpflicht .
Helfer achten auf Einhaltung der Corona-Regeln rund um die Bottroper Suppenküche
Und es ist auch nicht erlaubt, direkt vor der Tür die Verpackung aufzureißen und die Mahlzeit zu sich zu nehmen. Es gilt die offizielle Regel, wonach der Verzehr erst in mindestens 50 Meter Entfernung zulässig ist. Brill hofft jedoch, dass die meisten Kolüsch-Gäste die Mahlzeit tatsächlich mit nach Hause nehmen und dann dort essen. „Die wenigsten Menschen, die zu uns kommen, sind ja tatsächlich obdachlos. Die meisten haben einfach nur sehr wenig Geld.“
Rund ums Haus setzt die ESB ihre Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helfer ein, die aufpassen, dass die Regeln eingehalten werden. Außerdem kontrollieren die Helfer den Weg zum Bahnhof und achten darauf, dass die Verpackungen nicht in den Vorgärten landen. Man wolle die gute Nachbarschaft nicht aufs Spiel setzen, so Brill. Doch eigentlich rechne er nicht mit Problemen.
In der Vergangenheit wurden bei Kolüsch 80 bis 100 Mahlzeiten pro Tag ausgegeben
Brill und seine Mitstreiter sind noch unsicher, wie das Angebot in diesem Jahr angenommen wird. I n der Vergangenheit wurden bei Kolüsch pro Tag 80 bis 100 Mahlzeiten ausgegeben, wie sich die Zahlen diesmal entwickeln, vermag er nicht vorherzusagen. Es sei durchaus vorstellbar, dass einige Stammgäste, die vor allem wegen des Miteinanders gekommen sind, nun zu Hause blieben. Gleichzeitig könne es sein, dass stattdessen Gäste kämen, die sonst nicht so viel Zeit hätten.
In der ersten Woche kalkulieren die Verantwortlichen daher mit der üblichen Menge, bei Bedarf könne die Küche aber schnell reagieren. Gekocht wird das Essen übrigens vom Roten Kreuz in der Küche des Hauses Rottmannsmühle. Dort holen die ESB-Mitarbeiter die Portionen dann ab und geben sie am Unterberg aus. Hier gibt es von den Helfern noch ein Getränk und einen Nachtisch dazu.
Sozialarbeiter halten Kontakte oder erfahren von Problemen
Für die Sozialarbeiter der ESB ist Kolüsch nicht nur eine Suppenküche sondern auch die Möglichkeit, mit ihren Klienten Kontakt zu halten oder erste neue Kontakte zu knüpfen. „Wir kennen viele Leute nur von Kolüsch, die sind sonst gar nicht an unsere Beratungsstelle angebunden“, erklärt Brill die zusätzliche Bedeutung der Suppenküche. Hier komme man mit den Leuten ins Gespräch, erfahre auf diese Weise etwa von Mietschulden und drohender Zwangsräumung und kann dann frühzeitig Hilfe anbieten. „Das sind dann Fälle, von denen hätten wir sonst womöglich gar nichts oder erst viel später erfahren, in einem Stadium, wo Hilfe dann viel aufwändiger wäre.“
Begegnungen wie diese – kurze Beratungen auf Zuruf – das wird in dieser Saison nicht möglich sein. Doch selbstverständlich sei das gesamte ESB-Team vor Ort. Man sei ansprechbar, wenn es dann vielfach wahrscheinlich darauf hinauslaufen werde, einen entsprechenden Termin zu vereinbaren, sagt Brill. Doch wichtig sei eben, dass der Kontakt nicht ganz abreißt.
ESB hat immer an Kolüsch festgehalten, notfalls mit Plan B
Deshalb sei man sich bei der ESB schnell einig gewesen, dass Kolüsch auf jeden Fall stattfinden wird.
„Wir haben aber immer an einem Plan B gearbeitet, so dass wir eben die Mahlzeiten einfach nur ausgeben“, betont Brill. Denn es habe ja niemand sicher vorhersagen können, wie sich die Corona-Infektionen entwickeln. Nun ist es also tatsächlich Plan B geworden.
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Brill und die übrigen Mitstreiter hoffen, dass es das erste und einzige Mal sein wird, dass Kolüsch auf diese Weise stattfinden muss. Doch wenn diesmal auch vieles anders ist, eins ändert sich nicht: Am Dienstag zum Auftakt gibt es Grünkohl mit Mettwurst – wie in jedem Jahr zum Saisonstart.
Die Kolüsch-Saison beginnt am Dienstag, 15. Dezember. Die Essenausgabe ist immer werktags von 12.30 bis 14 Uhr im Barbaraheim, Unterberg 12.
Auf Spenden angewiesen
Kolüsch finanziert sich vor allem aus Spenden. Glücklicherweise sei die Spendenbereitschafts nach wie vor groß, sagt Felix Brill. Einen coronabedingten Rückgang der Spenden, weil Menschen möglicherweise in Kurzarbeit sind oder Sorge um ihren Arbeitsplatz haben, merke man bisher noch nicht.
Wer spenden möchte kann seinen Beitrag auf folgendes Spendenkonto bei der Sparkasse einzahlen: Ev. Sozialberatung Bottrop, IBAN DE40 4245 1220 0000 0020 89, BIC WELADED1BOT, Überweisungsstichwort „Kolüsch“.