Bottrop. An Bottrops altem Handelsplatz kreuzten sich nicht nur Straßen. Dort war auch das erste Krankenhaus, Karstadt, Mensing, Kioske und Kneipen.
Kaum ein Bottroper Platz hat sich in 150 Jahren so häufig und stark verändert, wie der Pferdemarkt in der Innenstadt. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts findet dort der namensgebende Pferdehandel statt, an den heute nur noch ein Volksfest unter Pferdebeteiligung erinnert. Später kommt der Markt dazu, als mit dem Anwachsen des ehemaligen Dorfes der Altmarkt für die immer zahlreicher werdenden Händler zu klein wird. Und dann ist der Pferdemarkt, der Anfangs nur ein Verkehrsweg („Vestischer Hellweg“) noch fast ohne Randbebauung ist, immer auch Durchgangsachse von und nach Osterfeld, Sterkrade aber über die Hochstraße auch nach Essen.
Die ersten Gebäude waren eher schlicht
Im Gegensatz zum prächtigen Altmarkt mit seinen Gründerzeit- und zaghaft ornamentierten Jugendstilhäusern gibt sich Pferdemarktbebauung von Anfang an eher nützlich-schlicht. Das alte Kolpinghaus, der erste Krankenhaus und ab 1883 die Martinskirche auf der Nordseite sind sicher keine Prachtbauten aus der Zeit des Kaiserreichs, sondern solide auf ihren Zweck ausgerichtete Gebäude, von denen die Martinskirche mit ihrem kleinen Vorplatz die Zeit - und den Zweiten Weltkrieg - überdauert hat.
Auf der Südseite stehen zweigeschossige Geschäftshäuser. Althoff (Karstadt) aber auch die Wurzeln von Mensing liegen am südlichen Pferdemarkt. Das Möbelhaus der einstigen jüdischen Bottroper Familie Kleinberger am Pferdemarkt - etwas versetzt bei der heutigen Sparkasse / Einmündung Hochstraße - ist neben der Martinskirche der letzte große Bau aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, der heute noch steht. Wenn der frühere Stadtdirektor Norbert Wallmann in seinem Buch „Stadtplätze in Bottrop“ über den Pferdemarkt schreibt, steht der Verkehrsaspekt deutlich im Vordergrund. Kreuzungspunkt für Straßenbahnen, mehrere Buslinien und der Individualverkehr nehmen noch bis in die 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhundertes deutlich mehr Raum ein heute.
Da kommt es nicht von ungefähr, dass sich Gasthäuser und Kneipen aber auch eine Reihe von Kiosken, den so genannten Büdchen, dort ansiedeln. Ältere Bottroper werden sich an Kirschbaum, später Wissmann, Schäfer (den Kneipennamen gibt es immer noch), Triffterer oder Café Beckhoff zwischen Pferdemarkt und Gleiwitzer Platz ebenso erinnern, wie an das „Wasserschlösschen“ und dessen markanten nierenförmigen Nachfolgebau aus den 50er Jahren. Vor allem frei stehende hölzerne Kioske sind bis zum Zweiten Weltkrieg in mehrfacher Ausfertigung dort zu finden. Die „Historische Gesellschaft“ arbeitet gerade an einem Buch über den Büdchen-Mikrokosmos in der Stadt (siehe Infobox).
In den 50er Jahren entsteht auch der Bau der Hauptsparkasse. Es folgt ein Hotel anstelle des ehemaligen Krankenhauses (und späteren Kinderheims) neben der Martinskirche und Anfang der 60er Jahre der neue Mensing-Bau. Der Pferdemarkt wird einheitlicher, wirkt großzügiger, nicht zuletzt auch durch die Skulpturen in der Blickachse zur Sparkasse.
Heute mehr Aufenthaltsqualität
Mit dem Rückbau der Bushaltestellen und dem „Extrablatt“ plus Außengastronomie anstelle des einstigen WC-Kiosks erhält der alte Platz eine neue Aufenthaltsqualität. Und mit Kirmes, Stadtfest und den Ausläufern des Wochenmarktes, der sich aus Fußgängerzone bis dorthin zieht, erinnert der Pferdemarkt heute an die ursprüngliche Funktion - als Treffpunkt und Handelsort.
Die Historische Gesellschaft arbeitet an einem Buch über Bottroper Büdchen und Kioske. Gerade zu den früheren hölzernen Kiosken, von denen es am Pferdemarkt mehrere gab, gibt es nur spärlich Informationen.
Historische Gesellschaft sucht Infos und Bilder der alten Pferdemarkt-Büdchen
Eingesessene Bottroperinnen und Bottroper, die vielleicht noch alte Bilder haben, die diese Büdchen zeigen, oder die etwas über diese Mini-Geschäfte und/oder ihre Pächter oder Inhaber wissen, können sich mit Elsbeth Müller von der Historischen in Verbindung setzen: 0160-96 777 340.