Bottrop. Der Lebensmittel-Bringdienst Picnic liefert vom Standort Essen aus jetzt bis hoch zur A 2. Lokale Händler in Bottrop sehen Konkurrenz gelassen.

Der Online-Supermarkt Picnic weitet sein Angebot in Bottrop deutlich aus: Von dem Verteilzentrum Essen aus hatte man bereits 16.000 Haushalte in der Stadt im Blick, seit vergangener Woche ist der Radius um zusätzliche 24.000 Haushalte erweitert worden. „Unser Liefergebiet geht jetzt hoch bis zur A2“, sagt Frederic Knaudt, der zum Gründungsteam von Picnic in Deutschland gehört. Insgesamt gibt es in Bottrop nach Stadtangaben rund 56.700 Privathaushalte (Stand Ende 2019).

Online-Supermarkt Picnic reagiert auf Anfragen aus Bottrop

Frederic Knaudt, Mitbegründer von Picnic in Deutschland, hier im Lager des Lieferdienstes in Herne.
Frederic Knaudt, Mitbegründer von Picnic in Deutschland, hier im Lager des Lieferdienstes in Herne. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Mit der Erweiterung des Angebots werde auf viele Anfragen aus Bottrop reagiert, so Knaudt. „Wenn man schon einen Teil der Stadt beliefert, dann stellen gerade benachbarte Anwohner oft die Frage: Warum kommt ihr nicht zu uns?“ Aber es gebe nun einmal Kapazitätsgrenzen. Doch jetzt sei ein Weg gefunden worden, wie die bestehende Flotte an Tagen, an denen sie nicht voll ausgelastet ist, in weiter entfernte Gebiete geschickt werden kann.

„Wir testen das von unseren Standorten Essen und Krefeld aus“, so Knaudt. „In Bottrop schaffen wir es, die Kunden an fünf Tagen zu beliefern: montags bis donnerstags und samstags.“ Dafür stehen 30 Elektro-Vans zur Verfügung. Rund 15 Prozent der erreichbaren Bottroper Haushalte hätten sich bereits über die Picnic-App angemeldet. „Die erste Woche läuft besser als geplant.“

Junge Familien und Corona-Risikogruppen zählen zu den Kunden

Picnic-Kunden seien klassischerweise junge Familien, die sich die Zeit für den Samstagseinkauf sparen wollen. „Währen der Corona-Krise haben sich aber auch viele aus den Risikogruppen gemeldet“, berichtet Knaudt.

Wolfram Triebe, Betreiber mehrerer stationärer Rewe-Läden, hat die Picnic-Auslieferungsfahrzeuge in Bottrop schon registriert. „Natürlich ist das ein Mitbewerber“, sagt Triebe. „Jede Dose Brechbohnen, die dort verkauft wird, verkaufe ich nicht.“ Inwieweit der Mitbewerber sich in Bottrop bemerkbar mache, bleibe abzuwarten. Triebe steht dem Online-Handel mit frischen Waren skeptisch gegenüber. „Wenn ich in den Laden gehe, will ich die Stange Porree angucken, bevor ich sie kaufe.“ Das heiße aber nicht, dass er niemals in das Liefergeschäft auch mit frischen Lebensmitteln einsteigen würde. Sollte der Konzern Rewe, wie schon jetzt in bestimmten Gebieten, „auch bei uns damit anfangen, dann sind wir auch mit drin“. Dass vorbestellte Lebensmittel im Markt vor Ort abgeholt werden können ist eine Variante, die Triebe für sich in nächster Zeit kommen sieht.

Stationäre Supermärkte in Bottrop haben eigene Liefererfahrungen

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Eigene Erfahrungen hat Triebe bislang hauptsächlich mit der Auslieferung von Getränken an 100 bis 120 Kunden pro Woche über seinen Getränkehandel im Fuhlenbrock gemacht.

Kathrin Gödecke, Inhaberin von Rewe-Läden an der Horster und der Schulze-Delitzsch-Straße, betreibt selbst einen Lieferservice. „Man kann unser gesamtes Warensortiment bei uns im Markt bestellen, etwa per E-Mail oder Fax. Es gibt bestimmte Auslieferungstage, Dienstag, Donnerstag und Freitag, an denen wird in Kühlbehältern direkt bis an die Wohnungstür geliefert.“ Dafür wird 7,50 Euro berechnet. „Unser Zielpublikum sind vor allem Ältere, und die nehmen das durchaus in Anspruch.“ Auch die Möglichkeit, zwar selbst vor Ort einzukaufen, die Taschen aber nicht selbst heim schleppen zu müssen.

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Allerdings: Der Anteil der Lieferkunden an der Gesamtkundschaft liege bei unter einem Prozent. Gödecke versteht das Angebot vor allem als Service. „Ich habe die Angst vor dem großen Schreckgespenst Onlinehandel verloren“, sagt sie. Der sei sicher ein adäquater Mitbewerber, aber der stationäre Handel biete andere Qualitäten, wie das individuelle Eingehen auf Wünsche etwa an der Fleischtheke, Beratung vor Ort durch Fachpersonal, Beurteilen der Qualität von frischen Waren durch die Kunden selbst. Nicht zuletzt sei der Supermarkt, wenn auch in der Corona-Krise eingeschränkt, ein sozialer Treffpunkt.

Spezialisierung auf Bio durch eigenen Online-Shop ergänzt

Das Team von Spickermanns Bioladen wiederum fürchtet Picnic schon aufgrund der eigenen Spezialisierung auf Bioprodukte nicht, sagt die stellvertretenden Filialleiterin Judith Bruns. Zudem hat Spickermann einen eigenen Online-Shop, über den nach vorheriger Registrierung sehr individuell bestellt werden könne. „Wir liefern mit unserem Firmenauto bis Essen, Dorsten oder Gladbeck. Pro Wochentag ist in der Regel eine Stadt oder ein Stadtteil an der Reihe. Ab 25 Euro ist das lieferkostenfrei“, so Bruns. Pro Tag würden bis zu 15 Kunden beliefert.

Wurzeln in den Niederlanden

Picnic stammt ursprünglich aus den Niederlanden, wo der Online-Supermarkt 2015 gegründet wurde. Drei Jahre später ging es in Deutschland los, und zwar in Neuss.

Bestellt wird bei Picnic über eine App, bei einem Mindestbestellwert von 35 Euro wird gratis ausgeliefert. Versprochen wird nach dem Milchmann-Prinzip eine Lieferung innerhalb eines 20-Minuten Zeitfensters; bei Bestellungen vor 22 Uhr bereits am nächsten Tag.