Bottrop. Arbeiter zerlegen das Bergwerk in seine Einzelteile. Sie schaffen Platz für neue Firmen. Das Gelände wird Teil eines modernen urbanen Zentrums.
Der historische Malakoffturm mit seinem Fördergerüst aus Stahl steht wie eine unerschütterliche Burg in den ersten Trümmern, die jetzt auf dem Gelände von Prosper II herum liegen. Doch um diesen Trutzturm herum zerlegen Bauarbeiter die stillgelegte Zeche auf dem riesigen Areal zwischen Knappenstraße und Prosperstraße in ihre Einzelteile. Etliche Millionen Euro wird es kosten, bis die Bautrupps den Pütt in etwa 30 Monaten dem Erdboden gleich gemacht haben werden, schätzt Stephan Conrad, Sprecher der RAG Montan Immobilien GmbH, die den Rückbau der Zeche managt. Über exakte Summen spricht die RAG nicht. Der Abriss von Prosper II dient aber ohnehin nur einem weitaus größeren Vorhaben: Freiheit Emscher.
Die Zeche an der Knappenstraße ist eine von insgesamt fünf ehemaligen Bergbauflächen, um die herum im Bottroper Süden und Essener Norden ein neues urbanes Zentrum entstehen soll. In dem Gebiet südlich und nördlich der Emscher und des Rhein-Herne-Kanals wird dann Platz sein für moderne Industrie und Gewerbe, für neues Wohnen, für Grünflächen und Freizeitangebote am Wasser. Platz für Träume gibt es nebenbei auch noch: So gehört das Olympische Dorf für kühne Planer bei den erhofften Sommerspielen 2032 an Rhein-Ruhr unbedingt ins Freiheit-Emscher-Gebiet.
Träume vom Olympischen Dorf im Revier
Auf Prosper II ist dafür aber kein Platz. "Zielrichtung hier ist eine gewerbliche Entwicklung, weil wir ein Manko an Gewerbeflächen haben", macht Stephan Conrad klar. Gerade erst sei auf Prosper II der legendäre Förderberg-Schrägschacht verfüllt worden. Weil die Zeche aber zu dem städteübergreifenden Zukunftsprojekt Freiheit Emscher gehört, beginnen die Abrissarbeiten dort jetzt schon. Der Rückbau der anderen Bottroper Zechen müsse eben warten. "Prosper II hat Priorität", betont der RAG-Sprecher. Allerdings will die Immobilientochter der RAG nicht alle Zechengebäude abreißen. Die Kohlenmischhalle soll erst einmal stehen bleiben. "Womöglich können die Rundhalle ja Recycling-Unternehmen gut nutzen, warum sollten wir sie also jetzt schon abreißen", meint Conrad.
Sonst aber sind die Abrissarbeiten in vollem Gange. An allen möglichen Stellen liegen Trümmer herum. Hier liegt ein kleiner Berg große Träger aus Stahl, dort ein großer Haufen Blech, dazwischen lagern die zerschnittenen Förderbänder aus Gummimaterialen. In einer großen Mulde liegen zerbröselte Betonklumpen. Es handelt sich dabei um die Reste der Kohleverladung und ihrer Förderbrücken, erklärt Lukas Witt, der sich um die Bauüberwachung kümmert. "Gerade brechen wir Schacht 8 ab", erklärt er. Das Ganze sieht wüst aus. Doch dahinter steckt System. Denn die Baustoffe sind nach Materialart getrennt. "Der Bauschutt bleibt auf dem Gelände. Den kann man ja zum Beispiel beim Bau neuer Straßen gebrauchen oder um Hohlräume zu füllen, teils auch um die landschaftliche Gestaltung des Areals vorzubereiten", erklärt RAG-Sprecher Conrad. Stahl und Bleche kommen auf dem Schrott und bringen womöglich noch etwas Geld.
Ingenieur überkommt beim Abriss keine Wehmut
Zu dem gesamten Abrisskomplex gehören Bandanlagen, Ecktürme, die Bahnverladung, oder die alte Schlammbehandlung. Vor dem Abriss stehen neun Hauptgebäude mit insgesamt rund 237.000 Kubikmeter umbautem Raum, listete der RAG-Sprecher auf. Alles sind Teile einer ganz besonderen Zeche in Bottrop - wegen des ziemlich einzigartigen Förderbergs und weil die Förderbänder auf Prosper II zuletzt ja die komplette unter Bottrop geförderte Steinkohle über Tage transportiert hatten. Für die verantwortlichen Ingenieure ist der Abriss der Zeche dennoch nur ein technischer Vorgang. Für Gefühle wie Wehmut ist kein Platz.
"Ich sehe den Rückbau ziemlich emotionsfrei", sagt etwa Projektleiter Michal Krohne freimütig. Er habe mit dem Abriss der Zeche sein erstes sehr großes Projekt übernommen. "Ich weiß natürlich um die lange Bergbautradition und allem, was dazu gehört: vor allem die große Solidarität der Bergleute", betont der Ingenieur, doch Krohne selbst stammt nicht aus einer Bergarbeiterfamilie. Für ihn sei der Rückbau von Prosper II in erste Linie eine große technische Herausforderung. "Ich habe die Aufgabe, die Zeche abzureißen, und diese Aufgabe werden wir erfüllen", betont er. So ganz frei machen kann sich aber auch der Techniker nicht. Krohne erzählt von einem Kollegen aus seinem Büro. "Er hat mal auf Prosper II gearbeitet. Da habe ich ihn gefragt, ob er denn da jetzt nicht auch den Rückbau seiner alten Zeche übernehmen will", sagt der Projektleiter. Doch genau das wollte der Kollege nicht.
30 Lkw-Fahrten je Arbeitstag
>>> Die Rückbauarbeiten werden wochentags zwischen 7 Uhr und 18 Uhr sowie in Ausnahmefällen auch samstags zwischen 7 Uhr und 16 Uhr durchgeführt. Dabei ist von 20 bis 30 LKW-Fahrten pro Arbeitstag auszugehen. Der Baustellenverkehr wird über die Baustellenzufahrt an der Prosperstraße abgewickelt, teilte die RAG Montan Immobilien mit
Die RAG-Tochter will dafür sorgen, dass Belästigungen der Nachbarschaft auf ein Minimum reduziert werden. Sollten sich trotzdem Beeinträchtigungen ergeben, können sich Anwohner an diese Telefonnummer wenden: 0201/378-2535, oder auch per E-Mail an: michael.krohne@rag-montan-immobilien.de.