Bottrop. . In dem schrägen Schacht bringt ein gigantisches Förderband das schwarze Gold nach oben. Es ist 7500 Meter lang und 800 Tonnen schwer.

Das Bergwerk Prosper II in Batenbrock ist die Zeche aller Bottroper Zechen. Denn sämtliche Rohkohle, die in und um Bottrop unter der Erde abgebaut wird, kommt auf der Zeche Prosper II ans Tageslicht. Mit einem Jahrhundertprojekt hatte die RAG schon vor über 30 Jahren die komplette Kohleförderung des Bergwerks Prosper-Haniel auf Prosper II zusammengefasst - mit dem Förderberg.

Dieser etwa 3,6 Kilometer lange schräge Schacht verbindet seit November 1986 die fünfte Sohle in einer Tiefe von 740 Metern direkt mit Prosper II. Der Förderberg beginnt unter Tage etwa drei Kilometer von der Zeche Franz Haniel entfernt im Nordwesten des Bottroper Stadtzentrums und führt direkt zu dem riesigen Gelände von Prosper II, das zwischen der Knappenstraße und der Prosperstraße liegt.

Ein spezieller Jeep bringt Bergleute den Schrägschacht von Prosper II hinab.
Ein spezieller Jeep bringt Bergleute den Schrägschacht von Prosper II hinab.

Keine zweite RAG-Zeche nutzte seither diese Technik. Für die Bottroper Zeche bedeutete der Förderberg jedoch eine enorme Verbesserung ihrer Wirtschaftlichkeit, berichten Zeitzeugen zum Beispiel in dem Band „150 Jahre Bergbau in Bottrop“. Denn das Bergwerk Prosper-Haniel insgesamt konnte von da an mit wesentlich geringerem Aufwand weitaus größere Mengen an Kohle zu Tage fördern und verarbeiten als zuvor.

Als Vater des Förderberges gilt der Bottroper Bergwerksdirektor Hanns Ketteler

Als Vater des Förderberges gilt der Bottroper Bergwerksdirektor Hanns Ketteler (†). Nach der Gründung der RAG war er zunächst Direktor der Zeche Prosper II geworden, bevor er dann zum Direktor des neuen Verbundbergwerks Prosper-Haniel ernannt wurde.

Die Installation des Förderbergs war ein wichtiger Schritt zur Zukunftssicherung des Bergwerks mit seinen Tausenden von Arbeitsplätzen. Als letztes deutsches Steinkohlenbergwerk überhaupt wird Prosper-Haniel gut 32 Jahre später zum Ende des Jahres geschlossen.

Das Gewicht zweier Boeing 747

Durch den Schrägschacht mit seiner Steigung von 21 Prozent rasen an 365 Tagen rund um die Uhr pro Stunde Tonnen von Kohle auf einem gigantischen Bandgurt an die Erdoberfläche. Oben werden die Kohlen auf andere Bänder verteilt, bevor das riesige Förderband über der Umlenkrolle eine Kehrtwende macht und zurück in die Tiefe rast.

In der Kohlenwäsche auf Prosper II, in die die Tonnen schwere Last aus der Tiefe von den kleineren Bändern inzwischen transportiert wurde, werden die Steinkohlen und Gesteinsreste voneinander getrennt. Über das unterlaufende Band werden die Gesteinsreste schließlich wieder unter Tage gebracht und zur Zeche Haniel abtransportiert. Dort werden die Berge durch Schacht 2 an die Erdoberfläche geholt und auf die Halden gekippt.

Das alte Förderband hat immerhin 75 Millionen Tonnen Kohle an die Erdoberfläche geholt

Der riesige Fördergurt, der durch den Schrägschacht läuft, ist der sicherlich stärkste und widerstandsfähigste der RAG überhaupt. „Der hält mühelos das Gewicht zweier voll beladener Boeings vom Typ 747 aus“ - als der damalige Prosper-Bereichsleiter Norbert Meyer-Wehrmann das gesagt hatte, bereiteten er mit seinem Team gerade den wohl letzten Austausch dieses gigantischen Förderbandes vor.

Denn selbst die 72 nebeneinander in extrem belastbare Deckplatten und Gummis eingebetteten Stahlseile halten so etwas nicht ewig aus. Als die über 25 RAG-Mitarbeiter und Spezialisten zur Weihnachtszeit 2008 den 7500 Meter langen und über 800 Tonnen schweren Gurt aus der Tiefe holten und den neuen hinab ließen, hatte das alte Förderband in seinen acht Lebensjahren in der Finsternis immerhin 75 Millionen Tonnen Kohle an die Erdoberfläche geholt und Millionen Tonnen Gestein wieder unter die Erde geschafft.

Die Bergehalden sind zu einer Terrasse aufgeschüttet

Die Zeche Proper II steht wie keine zweite für Neubeginn. Dafür ist nicht der bis heute existenzsichernde Förderberg ein Zeugnis: Denn neben der ja noch immer produktiven Zeche hat auf dem Gelände in Batenbrock im historischen Malakoffturm neben der ausgedienten Ausbildungswerkstatt eine Kulturstätte ihren Platz.

In der alten Waschkaue der Zeche wiederum sorgt das Grusellabyrinth für Freizeitvergnügen, und Ende Mai führt als Teil des Revier-Marathons der Glückauf-Zukunft-Lauf über das Zechengelände. Auf den zu einer Terrasse aufgeschütteten Bergehalden von Prosper II finden Tagestouristen außerdem ganz in der Nähe jenseits der Prosperstraße mit dem Tetraeder einen der beliebtestens Aussichtstürme des Reviers und von der Prosperstraße aus mit Alpincenter und Free-Fall-Turm weitere Freizeitstätten.

Eine zukunftsweisende Aufgabe bleibt

Und auch nach dem Ende des Steinkohlenabbaus wird dem Förderberg von Prosper II noch eine zukunftsweisende Aufgabe zugedacht. In der Theorie haben Wissenschaftler das Bergwerk Prosper-Haniel als besten Ort für das weltweit erste Pumpspeicherkraftwerk unter Tage ausgewählt. Anstatt mit Kohle Energie zu erzeugen, könnte mit dem darin die Schächte hinab stürzenden Wasser in Zukunft dann eben Ökostrom produziert werden.

Erstes Speicherkraftwerk unter Tage

Die Zeche Prosper II ist über Straßen, einen intakten Bahnanschluss und die Ankoppelung an Häfen und Kanal sehr gut ins Verkehrsnetz eingebunden. Mit Schiff und Bahn ließen sich die schweren und großen Maschinen für das Pumpspeicherkraftwerk schnell und günstig heranschaffen. Durch den Schrägschacht kämen sie dann unter die Erde.

Doch das ist derzeit alles nur graue Theorie. Die Kosten für ein Pumpspeicherkraftwerk sind hoch. Die Chancen, dass es gebaut würde, stehen schlecht.

Bei der Fahrt in die Grube lehren finstere Gestalten das Gruseln 

Schacht 13 hat es in sich. Hart! Brutal! Widerlich! So werben die Inhaber des Grusellabyrinths für ihre Fahrt in die Grube.

Ein echter Kumpel ist das nicht. Ein Erschrecker in Bergmannskleidung erhöht bei der Horrorshow um Schacht 13 den Nervenkitzel.
Ein echter Kumpel ist das nicht. Ein Erschrecker in Bergmannskleidung erhöht bei der Horrorshow um Schacht 13 den Nervenkitzel.

Horrorfans brauchen so etwas wohl. So gruselig ist dieses spezielle Erlebnis jedenfalls, dass die Verantwortlichen keinen teilnehmen lassen, der nicht mindestens 14 Jahre alt ist - und das auch nur in Begleitung Erwachsener.

Auch 15-Jährige dürfen übrigens nicht unbegleitet in den Horror-Schacht hinein.

Eine Hommage an den Pütt

Die Macher des Grusellabyrinths haben einen alten Fahrstuhl, mit dem früher Geräte unter Tage gebracht wurden, zum Eingang in die Horrorerlebniswelt umfunktioniert. Schacht 13 sei eine Hommage an den Pütt, erklärte Geschäftsführer Holger Schliemann zu Eröffnung des Spektakels.

Vor nicht ganz vier Jahren zog das Grusellabyrinth aus dem Alten Kieler Güterbahnhof aus und lehrt seither in der Waschkaue an der Knappenstraße den Freunden des gepflegten Horrors das Fürchten. Mit Oliver Helmke, dem Inhaber der Kaue, waren sich die neuen Mieter schnell einig. Eine siebenstellige Summe war letztlich für den Aufbau des neuen Grusellabyrinths in dem Bergbau-Altbau nötig.

Den Umzug in das Bottroper Revier hat Schliemanns Grusellabyrinth bestens verkraftet. In den ersten zwölf Bottroper Monaten waren gut zwanzig Prozent mehr Besucher im Grusellabyrinth als im letzten der insgesamt zwölf Kieler Jahre. Steigende Besucherzahlen meldete das Grusellabyrinth auch in der Zeit danach. Zur Horror-Hochzeit in den Halloween-Wochen verbuchte die Freizeitstätte Ende 2017 bei insgesamt 18 000 Gästen einen Besucherrekord.

Familienfreundliche Shows

„Schacht 13“ ist eine Ausnahme. Die meisten Sows seien familiengerecht, versichern die Veranstalter. In Gruppen können die Gäste durch die Kulissen gehen und eine Gruselgeschichte erleben, in der ihnen Schauspieler den einen oder anderen Schrecken einjagen. Der Gruselspaß sei so gestaltet, dass er allen Gästen ab acht Jahren gleichermaßen schrecklich Freude mache.

>> DAS GRUSELLABYRINTH

Der Malakoffturm in Bottrop ist eine Seltenheit 

Die Zeche Prosper II steht in mehrfacher Hinsicht für Einzigartiges. Denn sie verfügt neben dem Bottroper Förderberg über ein zweites Unikat: den Malakoffturm mit dem darin eingebauten stählernen Fördergerüst.

Fotografen auf Motivsuche im Malakoffturm.
Fotografen auf Motivsuche im Malakoffturm.

Der etwas über 30 Meter hoch gemauerte Malakoffturm und das darin eingebaute Fördergerüst steht unter Denkmalschutz. Er gehört zu den wenigen noch so gut erhaltenen gemauerten Fördertürmen, hält die Industriedenkmalstiftung fest. Die Stiftung hat das Denkmal gemeinsam mit der Historischen Gesellschaft sorgfältig restauriert, nachdem der Turm 15 Jahre lang dem Verfall preisgegeben war. Die Kombination von Mauerwerk und Stahlgerüst war typisch für Revierzechen, in dem es früher um die 130 Malakofftürme gab. Außer in Bottrop sind allerdings bei den 13 anderen erhalten gebliebenen Malakofftürmen die Fördergerüste demontiert.

Der Schacht wurde 1987 aufgegeben

Zwischen 1871 und 1875 wurde der Förderschacht mit dem aus Ziegelsteinen gemauerten Turm als Schacht 2 der Zeche Prosper gebaut. 1875 war Förderbeginn.

Eine russische Festung als Namensgeber

Der wuchtige Turm der Zeche Proper II hat seinem Namen von der Festung Malakow oder Malakoff (frz.) vor Sewastopol, in deren Zentrum der steinerne Malachow-Turm stand. Soldaten gelang es im Krimkrieg von 1853 bis 1856 zwischen Russland und dem Osmanischen Reich erst nach langer Belagerung, den Turm einzunehmen.

Als im Ruhrgebiet die ersten hohen Schachttürme gebaut wurden, erhielten diese wegen ihre Größe und Massigkeit im Volksmund den Namen der hart umkämpften Festung. Ihre wuchtige Form war aber auch das einzige, was die Mauerwerke im Revier und ihr Vorbild bei Sewastopol gemeinsam hatten.

Malakow-Türme waren im Bergbau gefragt, weil sie die schweren Seilscheiben halten und die enormen Zugkräfte der Fördermaschinen aushalten konnten. Erst später übernahmen das Fördergerüste aus Stahl. Im Ruhrgebiet gibt es noch 14 Malakowtürme. Alle stehen unter Denkmalschutz.

Die zunächst eine, dann zwei Seilscheiben drehten sich erst unter dem Dach des Turmes. Schon 1896 wurden die Seilscheiben aber zur Anpassung an größere Teufen und zur Aufnahme höherer Lasten in ein in den Turm eingezogenes Fördergerüst aus Stahl verlagert, berichtet die Historische Gesellschaft. Bis 1968 diente der Turm als Hauptförderschacht, danach für Seilfahrten. 1987 wurde der Schacht schließlich aufgegeben und verfüllt. Erst Mitte der 1990er Jahre begannen die Denkmalschützer mit der Restaurierung des mit seinen 1,80 Meter dicken Mauern wie eine Burgfestung wirkenden Turmes. Es heißt, den Impuls zur Rettung des massiven Förderturmes verdankt die Stadt der Internationalen Bauausstellung Emscherpark. Ohne das große Engagement der Historischen Gesellschaft wäre es allerdings kaum gelungen, das Denkmal zu erhalten. Immerhin brachte die Gesellschaft mit Hilfe von Mitgliedern, Förderern und Sponsoren zehn Prozent der Kosten der Restaurierung auf, die 2004 abgeschlossen wurde.

Heute ist der Turm ein Ort für Kulturveranstaltungen und Sport

Heute ist der Malakoffturm zu einem Ort für Kulturveranstaltungen und auch Sport geworden. Ausstellungen zur Bergbaugeschichte und zur Einwanderungsgeschichte finden darin Platz. Die Industriedenkmalstiftung lädt an jedem zweiten und vierten Sonntag zu Führungen zu Geschichte und Architektur des Turmes und der Zeche ein. Gesprächskreise und Seminare zur Familienforschung finden in dem Turm ebenso statt wie Ausstellungen und Musikkonzerte. Schulklassen und Kindergärten sind regelmäßig zu Gast.

Probe für „Der Turm klingt“.
Probe für „Der Turm klingt“.

Außerdem bieten als Ehrengarde ehemalige Mitarbeiter des Bergwerks Prosper-Haniel an jedem Donnerstag um 14 Uhr einen kostenlose Führung an. Im oberen Teil des Turms ist auch eine Kletterhalle eingebaut worden, die das Sportbildungswerk des Landessportbundes und der Bottroper Sportbund betreiben. Vereine, Schulen und geschlossene Gruppen können dort klettern.

Noch höher hinaus geht es auf die Aussichtsplattform, die sich auf der Bühne der unteren Seilscheibe des Fördergerüstes befindet. Von Dach des Malakoffturmes führt eine Stahltreppe dort hinauf. Besucher können einen Blick weit hinein ins Ruhrgebiet erleben. Jeweils donnerstags bietet die Historische Gesellschaft die Turmbesteigung an.