Bottrop. In kleinen Gruppen und mit großem Abstand dürften Chöre wieder proben. Aber sie lassen es sein, obwohl sie den Gesang schmerzlich vermissen.
Das Land lässt seit letzter Woche Chorproben im kleinen Kreis und mit großem Abstand wieder zu. Die meisten Bottroper Chöre setzen das gemeinsame Singen trotzdem weiter aus - obwohl sie es schmerzlich vermissen. Musikschullehrerin Ruth Miketta und ihr „All Woman“ Chor zeigen immerhin im Netz: So geht Chorkonzert in Corona-Zeiten.
Diese Woche hat der Chor der Musikschule Bottrop seine Version von „California Dreamin’“ ins Netz gestellt. Mit großem logistischen Aufwand, berichtet Chorleiterin Ruth Miketta: „Ich habe am Klavier ein Playback eingespielt und rumgeschickt. Jede Sängerin hat dann mit einem Knopf im Ohr ihre Stimme eingespielt und davon ein Video gemacht.“ Die Mikettas haben dann aufwändig die Ton- und Videospuren zusammengeschnitten, Instrumente dazu eingespielt und das Ganze zu hörenswerten fast drei Minuten verdichtet.
Musikschule erlaubt nur drei Probenteilnehmer
Gemeinsames analoges Singen sitzt derzeit noch nicht drin, berichtet die Musikschuldozentin. Die von der neuen Coronaverordnung erlaubten sechs Teilnehmer einer Chorprobe hat die Musikschulleitung aus Sicherheitsgründen auf drei begrenzt. „In so kleiner Besitzung machen nicht einmal Stimmproben Sinn“, bedauert Ruth Miketta. Sie weiß, wie sehr die Chormitglieder das gemeinsame Gesangserlebnis vermissen. Dennoch hat sie soeben das am 28. März wegen des Lockdown ausgefallene Benefizkonzert ihres Chors für den Förderverein der Musikschule auf 2021 verlegt: „Bis auf Weiteres planen wir für dieses Jahr nichts mehr.“
Für die Chöre von St. Johannes in Kirchhellen hat Klaus Winterkamp, Generalvikar des Bistums Münster, die Landesvorgaben in seinem jüngsten Rundbrief so zusammengefasst: Proben mit bis zu sechs Teilnehmenden sind wieder möglich. Aber: Beim Singen sind Abstände von drei Metern zur Seite und sechs Metern nach vorne einzuhalten, außerdem muss für ausreichend Luftzirkulation gesorgt sein. „Das heißt, dass es bis auf die Choralschola, die nur aus einigen Männern besteht, für die anderen Chöre bisher keinerlei Änderung gibt“, sagt Kantor Detlef Steinbrenner. Er hatte schon im April vorhergesagt: „Es wird sehr lange dauern, bis unsere Chöre wieder proben dürfen.“
„Sehr schade um die Gemeinschaft“
„Es ist sehr schade um die Gemeinschaft der Sänger“, sagt Kantor Matthias Uphoff von der evangelischen Kirchengemeinde. „Aber wir haben uns darauf verständigt, bis auf Weiteres keine Proben abzuhalten.“ Die Gemeinde folgt damit der Empfehlung des Landeskirchenamtes, das auch auf die Altersstruktur in den Chören hingewiesen hat: Viele Sängerinnen und Sänger gehören zur Risikogruppe. Und mit den Abstandsvorgaben „bringt das Proben auch musikalisch nicht viel“, sagt der Kantor: „Chorgesang lebt von der Nähe.“
„Wir vermissen das alle unheimlich“, seufzt Paul-Gerhard Horsters, Vorsitzender des „Männer Quartett 1881“ mit derzeit 53 Sängern. „Wir haben schon darüber nachgedacht, in kleinen Gruppen wieder anzufangen. Aber das können wir nicht verantworten. Wir gehören alle zur Risikogruppe, einige haben auch Vorerkrankungen.“ Ohnehin ist derzeit noch der Probenraum in St. Michael dicht. „Unsere Hoffnung ist, dass wir nach den Sommerferien im September wieder gemeinsam musizieren können.“