Bottrop. Zwei Monate war das Tanzparkett verwaist, jetzt dürfen Tanzschüler in Bottrop wieder loslegen. Ein Stück Normalität - mit ungewohnten Regeln.

Wer zum Tanzunterricht kommt, darf keinesfalls vergessen: seine Tanzschuhe – und den Mundschutz. Denn die Tanzschulen dürfen zwar wieder öffnen, aber wie bei allen anderen Einrichtungen ist das in Zeiten der Corona-Pandemie an bestimmte Bedingungen geknüpft. Die gute Nachricht ist: Auf dem Tanzparkett angekommen, können die Tanzpartner sich wieder ganz ungeschützt anlächeln.

Das Tanzschul-Team weist auf die Abstandsregeln hin. Die Paare sollen auch draußen vor der Tür warten, bis sie hereingeholt werden. Im Eingangsbereich steht Desinfektionsmittel für die Hände. Der Gastro-Bereich ist abgesperrt.
Das Tanzschul-Team weist auf die Abstandsregeln hin. Die Paare sollen auch draußen vor der Tür warten, bis sie hereingeholt werden. Im Eingangsbereich steht Desinfektionsmittel für die Hände. Der Gastro-Bereich ist abgesperrt. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Die Musik spielt einen langsamen Walzer, 14 Paare wiegen sich dazu im dezent beleuchteten Saal der Tanzschule Frank. Alles wirkt auf den ersten Blick ganz normal. Ist es aber nicht. Davon erzählen schon die schwarz-gelben Klebestreifen auf dem Parkett. Sie weisen den Paaren drei mal drei Meter große Vierecke zu, aus denen sie nicht heraustanzen sollen - der Abstand! Das gilt auch, wenn später der Foxtrott an der Reihe ist, warnt Tanzlehrer Peter Frank seine Schüler zu Beginn gut gelaunt.

Die Profis tragen die ganze Zeit einen Mundschutz

Er selbst trägt wie Leia Müller, Tanzlehrerin in Ausbildung, die ganze Zeit einen Mundschutz; mit ihr tanzt er Figuren von Cha Cha Cha oder Samba vor, aber zu den Schülern halten die Profis anders als gewohnt Distanz. Der Kurs ist auch kleiner als sonst und die Unterrichtszeit auf 45 Minuten begrenzt. Tanzpartner mal tauschen, sich nach dem Kurs noch etwas aufhalten, im Gastro-Bereich was bestellen – alles gestrichen zurzeit. „Eigentlich wollen wir eine Gesellschaftsveranstaltung sein, wo man sich auch trifft“, so Frank. „Aber das geht jetzt nicht.“ Es geht nur: Mit Mundschutz reinkommen – tanzen – mit Mundschutz rausgehen. Und zwischendurch desinfizieren – die Tanzschüler ihre Hände, das extra noch einmal in Hygiene geschulte Team diverse Flächen.

Mit Abstand und Mund-Nase-Schutz gibt Tanzlehrer Peter Frank den Paaren Tipps.
Mit Abstand und Mund-Nase-Schutz gibt Tanzlehrer Peter Frank den Paaren Tipps. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Immerhin: Die Menschen können ihrem Bedürfnis nach Bewegung nachkommen, „Ängste abbauen, sich seelisch ausgleichen, ein bisschen Normalität erleben“, meint Peter Frank.

Auch auf kleinem Raum sind viele Tänze möglich

„Wir haben schon darauf gewartet“, bestätigt später Lorenz Schmalenbach mit Susanne Dahlmann. Sorgen vor zu viel Nähe, die eine Ansteckung mit dem Corona-Virus befördern könnte, hatten sie sich vorher nicht gemacht. Beide staunen mit Blick auf die abgeteilten Vierecke: „Dass man auf so einem kleinen Stück so viel tanzen kann!“

„Viele Leute haben sich schon gefreut, dass es wieder losgeht“, weißt auch der geschäftsführende Gesellschafter Peter Frank. „Einige haben aber auch gemeint, dass es ihnen noch zu gefährlich ist.“

Das junge Paar Sarah Liersch und Lucas Czybora hat in puncto Sicherheit in der Tanzschule ein ganz gutes Gefühl. „Das ist hier so geregelt, dass man sich keine Sorgen machen braucht“, sagt der Erzieher. „Im Supermarkt habe ich mehr Angst mich anzustecken“, ergänzt seine Partnerin. Beide hatten auf die erste Tanzstunde nach der Corona-Zwangspause schon hingefiebert. „Wir sind sonst teilweise zweimal die Woche hier.“ Das fehlt natürlich - trotz der Videos, die die Tanzschule online zur Verfügung gestellt hat. „Das haben wir auch gemacht, wir haben im Garten getanzt“, erzählt Sarah Liersch. „Es hat Spaß gemacht. Aber das ist ja nicht das Gleiche.“

Tanzlehrer wird vorübergehend wieder Krankenpfleger

Und wie hat das Tanzschul-Team die Zwangspause wirtschaftlich überstanden? Die festen Mitarbeiter sind in Kurzarbeit gegangen, berichtet Frank. „Und ich selbst bin nach 34 Jahren in meinen alten Beruf als Krankenpfleger am Marienhospital zurückgekehrt.“ Das sei spannend gewesen. „Die Pflege am Patienten selbst ist sicher gleich geblieben. Aber das Technische drumherum und die Organisation auf der Station, da gab es einiges zu lernen.“ Der 57-Jährige will einmal in der Woche dort noch weiter aushelfen, „solange Corona virulent ist“.

Was auch sehr geholfen habe, die weiterlaufenden Kosten wie Miete, Strom und Wasser zu begleichen, war dies: „Fast alle Gäste haben ihren Kursbetrag weitergezahlt.“ Ihr Übriges tat u.a. die Soforthilfe dazu.

Am Ende der 45 Minuten ist tatsächlich noch der Foxtrott ran. „Da könnt Ihr schön kleine Schritte üben in eurem Viereck“, ruft Leia Müller ihren Schülern zu. Die „Herausforderung des Tages“ klappt am Ende bestens; der Abstand von Paar zu Paar bleibt gewahrt. „Das hat einfach gut getan“, resümiert Susanne Dahlmann.

So soll es auch sein, wenn in einem nächsten Schritt die Kurse für die Jugendlichen wieder starten sollen.

Mehr Fotos vom ersten Tanzen nach der Corona-Zwangspause

Kinderkurse schon im Blick

Das Tanzstudio Jörgens nimmt seit dem 17. Mai ebenfalls den Kursbetrieb wieder auf, auch hier dürfen die Erwachsenen als erstes aufs Parkett. Über ihre Facebook-Seite informieren Kirsten und Ralf Jörgens über die Corona-Regelungen. „Wir begrenzen die aktuelle Kursgröße auf maximal fünf Paare“, heißt es da etwa.

Die Gastronomie bleibt zunächst noch geschlossen, ein Aufenthalt im Tanzstudio über die 45 Minuten Unterrichtseinheiten hinaus ist nicht möglich.

„Für alle Kinder- und Hip-Hop-Kurse arbeiten wir schon an einem entsprechenden Stundenplan und versuchen mit den Erfahrungen aus den Kursen der Erwachsenen schnellstmöglich ein verantwortbares Konzept für euch zu entwickeln“, so die Tanzschul-Betreiber.

Auch sie haben ihren Gästen die Möglichkeit eröffnet, online bzw. per Video-Tanzstunde daheim zu üben.