Bottrop. Zwei Bottroper Angestellte erzählen, wie sie den Alltag in der Corona-Krise erleben. Sorgen gibt es viele. Aber Angst soll nicht überhand nehmen.

Die Corona-Krise hat Auswirkungen auf praktisch jeden Unternehmer, ob groß oder klein: Neue Verordnungen, Mitarbeiter im Homeoffice oder in Kurzarbeit, Sorgen um die Existenz. Und die Angestellten? Finden ihr Leben nicht minder beängstigend auf den Kopf gestellt. Zwei Bottroperinnen erzählen.

Ivonne Fleischer ist Friseurin - und damit aktuell auf Null gesetzt. Null Stunden Arbeit im geschlossenen Salon, null Kontakt zu Kunden oder Kollegen. Ihr Mann, erzählt die 43-Jährige, arbeitet auf 450-Euro-Basis, aus gesundheitlichen Gründen. "Ich bin größtenteils die Alleinverdienerin. Ich bin seit dem 1. April auf Kurzarbeit. Das wird richtig schwer werden." Bislang passten Verdienst und Unkosten genau, "wir kommen zurecht, es bleibt auch noch etwas übrig". Normalerweise verdiene sie knapp 2000 Euro brutto; 530 Euro im Monat betrage allein die Miete. Doch in Kurzarbeit? Sie geht davon aus, dass sie 60 Prozent vom Nettolohn erhält. "Eventuell mit Zuschüssen auch 75 Prozent, hat mir eine Bekannte gesagt." Aber das sei ungewiss.

Bottroperin in Kurzarbeit fehlen auch die sozialen Kontakte

Auch, wie lange die Situation anhält. "Ich sehe mich schon zum Sozialamt gehen, um aufstocken zu lassen", schaut sie düster in die Zukunft. Miete oder Strom stunden zu lassen, sei keine Lösung. "Das wird ja dann später fällig. Und dann gerät man womöglich richtig hinein in die Schulden." Die größte Existenzangst, nämlich dass ihr Chef den Laden nicht wird halten können, habe dieser der Belegschaft erst einmal genommen. "Das Ganze darf nicht ein halbes Jahr dauern. Aber eine gewisse Zeit geht es."

So richtig fehlen Ivonne Fleischer die sozialen Kontakte, an normalen Arbeitstagen reichlich vorhanden. "Ich bin glücklich, dass ich meinen Hund habe, der mich zwingt und es mir erlaubt, zwischendurch an die Luft zu gehen."

Physiotherapeutin muss auch Kinderbetreuung organisieren

Kaja Nikutta ist zwar nicht zur beruflichen Untätigkeit verdammt, aber seit dem 1. April auch in Kurzarbeit, "zu 25 Prozent". Als angestellte Physiotherapeutin kriegt sie hautnah mit, dass viele Patienten aus Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus ihre Termine absagen. Dabei wurden die hygienischen Maßnahmen in der Praxis deutlich hochgefahren - auch zum Schutz der Mitarbeiter. "Wir desinfizieren zum Beispiel mehr, eine Kollegin hat Mundschutze genäht - trotzdem bleibt ein mulmiges Gefühl, dass man etwas mit nach Hause trägt", so die 44-Jährige.

Dort lebt neben ihrem Mann, der viel in Nachtschicht arbeitet, auch noch die gemeinsame Tochter (4). Deren Betreuung will organisiert sein. Am ersten Montag mit geschlossener Kita Mitte März wurde die Kleine kurzfristig bei Freunden untergebracht, danach haben sie ("ich habe zum Glück einen flexiblen Arbeitgeber") und ihr Mann den Spagat versucht, sich die Betreuung daheim aufzuteilen. Schließlich ging das Mädchen, da Katja Nikutta in einem systemrelevanten Beruf arbeitet, teils auch in die Kita-Notbetreuung. Mit Blick auf ihre Kurzarbeit sagt die 44-Jährige nun: "Wir persönlich müssen dadurch nur noch einmal pro Woche die Notbetreuung in Anspruch nehmen, ich bin ja jetzt mehr zu Hause." Was andererseits aber natürlich finanzielle Sorgen aufkommen lässt - zumal niemand genau sagen kann, wie es weitergeht. Eine Ungewissheit, die zu schaffen macht.

Corona-Krise kam wie in Orkan ins Leben

Die Corona-Krise ist Katja Nikuttas Empfinden nach "wie ein Orkan" ins Leben gewirbelt. Wie belastend die Situation ist, spüre man auch am Kind. "Wir versuchen, ihr das Ganze kindgerecht zu erklären. Sie ist sehr anhänglich, braucht viel körperliche Nähe." Es flossen schon Tränen, weil Freunde und Großeltern nicht mehr getroffen werden können. "Wir haben das Glück, dass wir einen Garten haben. Wir gehen viel raus, damit unsere Tochter sich auspowern kann. Vorm Fernseher hocken wäre die schlechteste Variante." Insgesamt aber gelte es, viele Kompromisse einzugehen. "Einfach ist anders - aber man ist ja nicht alleine in der Situation."

Also wird der Alltag so gut gelebt, wie es geht. Wird mit Freunden per Videotelefonie Kontakt gehalten. Wird (auch für die Großeltern) eingekauft - mit mehr eingeplanter Zeit als früher und entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen. Wobei für Katja Nikutta wichtig bleibt: "Ich persönlich möchte die Angst nicht überhand nehmen lassen."