Bottrop. Die Theke muss leer bleiben, der gewohnte Kneipenbetrieb ist (noch) nicht erlaubt. Manche Wirte schließen wieder, andere öffneten erst gar nicht.
Restaurants und Gaststätten dürfen seit einer Woche wieder öffnen. Zwar unter strengen Hygieneauflagen und mit eingeschränkter Kundenzahl, aber immerhin ist es ein Lichtschimmer für die coronagebeutelte Gastronomie. Aber was bedeuten die neuen Vorschriften für in Bottrops Kneipen, die vorwiegend vom Thekenbetrieb und Getränkeumsatz leben und wie gehen die Wirte damit um und vor allem: Wie nehmen die Gäste das Angebot an?
Ein erster Blick auf die City-Gastromeile Gladbecker Straße. Dort ist es Freitagabend noch sehr übersichtlich, aber die meisten der reduzierten Außensitzplätze sind belegt. Im König Pilsener Bierhaus wartet die erste Überraschung. Obwohl auch innen die Tische besetzt sind, teilte Lisa Minney mit, dass ihre Mutter das Lokal schon am Samstag wieder schließen werde. Der Aufwand sei für den Ertrag zu hoch, die Auflagen zu extrem der Schreibkram, insbesondere die Dokumentation der Desinfektionen und die Gästelisten zu aufwändig.
Ohne normalen Thekenbetrieb funktioniert das Konzept „Kneipe“ nicht
Es fehle besonders der gewohnte Thekenbetrieb oder das Knobeln, denn aus Hygienegründen dürfe man die Knobelbecher nicht herausgeben. Mit der erneuten Öffnung wolle man bis zur nächsten Lockerung warten. Störend wird von den Gästen empfunden, das sich die gewohnten Gruppen nicht zusammen finden können. Joey und Jakob (23) treffen sich gewöhnlich mit vielen Kollegen, jetzt sitzen sie zu zweit am Tisch.
Gegenüber im Il Vinaio freut sich Martin Kröger, dass etliche Stammgäste wieder den Weg zur Weinbar gefunden haben. Die Auflagen könne man umsetzen, die Arbeit mit Maske störe ihn nicht mehr. „Es ist noch nicht so wie sonst, aber alles ist besser als vorher“, so sein Fazit. „Gewöhnungsbedürftig, aber man arrangiert sich“, „Schöner ist anders“ oder „ Lästig, aber es hilft ja nichts“ ist zu hören. Zwar gibt es auch Kritik: „Eine Zumutung“, „Strengere Regeln als in Verkehrsmitteln“ oder „Man kann ohne Kontrolle nicht mal mehr ein Bier trinken“. Insgesamt überwiegt wie bei Karl Trimborn „die Freude, wieder raus zu kommen.“ Die Auflagen müsse man dazu in Kauf nehmen. Anne Hanhörster findet: „Die Situation ist sicher steigerungsfähig.“ Sie genießt aber auch die Möglichkeit zu einem bisschen Normalität und das am liebsten draußen, weil sie sich dort geschützter fühlt. „Schöner ist anders“, heißt es bei Gabi und Ernst Feuchthofen, aber auch für sie wurde es Zeit, dass wieder geöffnet wurde. Das erste Bier seit Wochen schmeckte jedenfalls nicht nur den beiden.
In der Rathausschänke atmet Wirt Abdel Hamadi wieder auf. „Es füllt sich langsam, alles ist besser als der Stillstand.“ Zwar blieben die Kosten, aber man habe jetzt wenigstens etwas Umsatz. Zum Glück hat er genug Platz, um die Vorschriften einzuhalten. Im kleinen Saal haben sich sogar zehn Schützenbrüder der 1. Kompanie eingefunden, getrennt, zu zweit an den Tischen, aber die lang vermisste Unterhaltung geht quer durch den Saal.
Nicht anders im Vorort. Im Fuhlenbrock hat „Zum Keglereck“ seit Dienstag wieder geöffnet. Im sonst so beliebten Gaststättenbetrieb verzeichnet Wirtin Irena Kus wenige Reservierungen. Vorschriften mit Mundschutz, Desinfektion und Gästeliste werden peinlich genau eingehalten.
Die Stammgäste fehlen
Es fehlen aber die Stammgäste, die sonst die Theke beleben. Die Kegelbahn steht still - welcher Kegelclub hat schon nur vier Mitglieder aus zwei Familien? „Eine Katastrophe“, nennt Irena Kus schlicht die Situation. Die „Thekenturner“ kommen (noch) nicht, weil sie sich unwohl und unsicher fühlen und sich auch an den Tischen nicht zu Gruppen zusammen finden dürfen. Es fehlt die Unterhaltung - und die Diskussion über andere wirklich wichtige Themen des Lebens.
Warum „Hürter“ erst gar nicht öffnet
Die Regeln seien eher für Restaurantbesuche gemacht und nicht für Kneipen, in denen meist getrunken werde. Wahrscheinlich würde sie jetzt sogar die gleiche Anzahl von Essen verkaufen, wie vorher, aber dies allein würde keinen akzeptablen Umsatz abwerfen. Daher: Schließen und Warten.