Bottrop. In Zeiten der Corona-Pandemie sind mehr Familien gemeinsam daheim. Weißer Ring und SPD fürchten mehr Fälle von häuslicher Gewalt. Das soll helfen

Kurzarbeit, vermehrtes Homeoffice und die nach wie vor geltende Kontaktsperre in der Öffentlichkeit sorgen dafür, dass auch die Familien in dieser Stadt viel mehr Zeit als sonst in den heimischen vier Wänden miteinander verbringen. „Wir befürchten, dass deshalb die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt kurzfristig steigen wird“, sagt Ludger Vohrmann, Leiter der Außenstelle Gelsenkirchen/Bottrop des Weißen Rings.

Ihm ist es daher ganz wichtig zu betonen: „Wir sind auch während der Corona-Pandemie für alle Opfer von Straftaten da.“ Seit 2011 engagiert sich der 58-jährige Vohrmann für den Weißen Ring, seit 2019 ist er der Leiter der hiesigen Außenstelle. Mit ihm kümmern sich insgesamt sechs Ehrenamtliche im Alter zwischen 28 und 62 Jahren um jene Menschen, die Hilfe benötigen, nachdem sie Opfer einer Straftat geworden sind. „Das kann der Jugendliche sein, dem auf der Straße das Smartphone geraubt wurde, das können aber auch Hinterbliebene eines Verstorbenen sein, der Opfer eines Tötungsdeliktes geworden ist“, nennt Vohrmann die Spannbreite der Zuständigkeit.

Weißer Ring sucht empathische, psychisch stabile Mitstreiter

Der Außenstellenleiter sucht händeringend nach Verstärkung für sein Team. Doch nicht jeder sei für dieses Ehrenamt geeignet. „Wir suchen, empathische, gleichzeitig psychisch stabile Menschen, die für sich selbst ein emotionales Schutzschild bauen können“, beschreibt Vohrmann das Anforderungsprofil. Denn es sei schon starker Tobak, mit dem die Berater des Weißen Rings da manchmal konfrontiert würden, so Vohrmann.

Bottroper SPD fordert mehr Geld vom Land für Frauenhäuser

Unabhängig davon sorgt sich auch die Bottroper SPD, dass es infolge der häuslichen Isolation vermehrt zu Gewalt in Familien kommen kann. Der Landtagsabgeordnete Thomas Göddertz fordert eine bessere finanzielle Ausstattung der Frauenhäuser. Er verlangt von der Landesregierung auch, das Betretungsverbot von Schulen und Kindergärten für gefährdete Kinder aufzuheben. „Die Corona-Krise sorgt nicht nur für finanzielle Nöte in den Familien. Ich sehe eine akute Gefährdung durch das Kontaktverbot für die Opfer von häuslicher Gewalt“, sagte der Bottroper.

Das Land müsse sicherstellen, dass von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder geschützt werden, forderte er. Dazu müsse es die finanziellen Mittel aus dem Hilfspaket auch Frauenhäusern zur Verfügung zu stellen und digitale Angebote zügig ausweiten. Außerdem müssten gefährdete Kinder Schulen und Kitas betreten dürfen.

Gefährdete Kinder brauchen Schutz in Kitas und Schulen, so der Bottroper Abgeordnete

„Mit dem Gang in diese Einrichtungen haben Kinder und Jugendliche Kontakt zu vertrauten Bezugspersonen. Wir könnten sicherstellen, dass die Betroffenen direkte Ansprechpartner bekommen würden, an die sie sich im Notfall wenden können“, erklärte der Abgeordnete. Wie andere Bundesländer müsse auch die NRW-Regierung per Erlass Rechtssicherheit schaffen.

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Die SPD beobachte, dass die Aufnahmekapazität der Frauenhäuser an Grenzen stoße. „Die Einrichtungen werden zunehmend voller“, sagte der Göddertz. „Wir sind uns der gesellschaftlichen Verantwortung für den Schutz von gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern bewusst und werden uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mittel dafür einsetzen, dass diese Frauen und Kinder geschützt werden“, versicherte er.

Hier melden sich Helfer

Wer sich beim Weißen Ring engagieren will, der würde zunächst in drei Beratungsfällen hospitieren und hautnah miterleben, wie solch ein Gespräch zwischen Helfer und Opfer geführt werden sollte. Einem Grundseminar würden im Laufe der Zeit weitere Aufbauseminare folgen.

Für alle Opfer von Straftaten, auch jenen von häuslicher Gewalt, gibt es folgende Kontaktmöglichkeiten zum Weißen Ring: 0151/55 16 46 86 oder per E-Mail an ludger-vohrmann@web.de. Das bundesweite, kostenfreie Opfer-Telefon ist zudem täglich zwischen 7 und 22 Uhr erreichbar unter: 116 006.