Bottrop. Bottroper Ratsvertreter fordern wegen der Corona-Krise massive Hilfen von Bund und Land. OB Tischler zeigt auf, wo sonst viel Geld fehlen wird.
Mehrere Ratsparteien fordern wegen der Covid-19-Pandemie einen finanziellen Schutzschirm für die Stadt, damit diese die wegen der Krise sinkenden Einnahmen einerseits und die zugleich steigenden Ausgaben andererseits überhaupt verkraften kann. Ihre Sprecher befürchten andernfalls einen dramatischen Anstieg der Bottroper Schulden. Linke-Ratsherr Niels Schmidt nennt die Folgen der Corona-Krise für die Stadt schon jetzt niederschmetternd.
Grünen-Sprecherin Andrea Swoboda wirft Bund und Land deshalb vor, „vollkommen versagt“ zu haben vor. Sie fordert ein separates finanzielles Unterstützungsprogramm für die Kommunen. „Jetzt rächt sich auch, dass es noch immer keinen Altschuldenfonds gibt, mit dem insbesondere die durch den Strukturwandel hochverschuldeten Ruhrgebietskommunen entlastet würden“, meint sie.
Bottroper Linke nennt NRWs Corona-Hilfen lächerlich
Enttäuschend sei, dass die Landesregierung es bei reinen Ankündigungen belasse und keine Initiative für die Kommunen ergriffen habe. SPD-Landtagsabgeordneter Thomas Göddertz sieht das ähnlich. Die SPD habe im Landtag vergeblich gefordert, Sozialverbände und Kommunen schnell und unkompliziert zu unterstützen. Die Grünen vermissen aber auch auf Bundesebene Hilfsprogramme für die Städte.
„Bei den von Bundestag und NRW-Landtag beschlossenen Finanzhilfen werden die Kommunen wieder einmal hängen gelassen“, kritisiert auch DKP-Ratsherr Michael Gerber. Dabei hat die NRW-Regierung zumindest beschlossen, ein Kommunalschutzpaket auf den Weg zu bringen. Dieses sieht vor, dass bisher nicht verbrauchte Finanzhilfen aus dem Stärkungspakt von 340 Millionen Euro an stark verschuldete Städte wie Bottrop verteilt werden. Außerdem soll es Erleichterungen bei der Sparpolitik geben. Das reicht den Kritikern aber nicht aus. „Die bisherigen Vorschläge des Landes sind wirklich lächerlich“, meint Linke-Sprecher Schmidt.
Land übernimmt Hälfte der erstatteten Kita-Gebühren
„Schon jetzt ist klar, dass alle Städte, auch Bottrop, in Folge der Corona-Krise hohe Einnahmeausfälle haben werden“, stellt Grünen-Ratsfrau Andrea Swoboda fest. Sie rät, dass die Stadt alle Gelder, die sie zur Bewältigung der Pandemie aufbringen muss, separat erfasst. Denn es müsse genau abgegrenzt werden, welche Auswirkungen im Haushalt der Stadt eine Folge der Corona-Krise seien. Das sieht auch das NRW-Kabinett in seinem Schutzpaket so ähnlich vor.
Zu solchen Kosten gehören zum Beispiel die Gebühren für die Kinderbetreuung in offenen Ganztagsschulen und Kindergärten, die Oberbürgermeister Bernd Tischler den Eltern für April erstatten lässt. Die Bottroper Grünen wollen, dass das Land diese Kosten trägt. Das wird es auch tun, aber nur teilweise. „Das Land wird voraussichtlich 50 % der Erstattung übernehmen, so dass Mindererträge in Höhe von 270.000 Euro entstehen“, antwortet OB Tischler in einem Schreiben auf Fragen, die die Linke aufgeworfen hatte. Insgesamt wird die Erstattung der Gebühren demnach allein für den April rund 540.000 Euro kosten.
Stadt verbucht großes Minus bei den Vergnügungssteuern
Linke-Ratsherr Niels Schmidt fordert daher massive Finanzhilfe von Bund und Land ein. „Aus meiner Sicht ist es völlig ausgeschlossen, die kommenden massiven Lasten den Menschen in Bottrop durch weitere Steuer- und Gebührenerhöhungen aufzubürden“, betont er. Auch weitere Streichungen im Bereich der sozialen und kulturellen Infrastruktur und der Gesundheitsvorsorge verbieten sich, sagt der Linke. „Die Verschuldung der Stadt wird dramatisch ansteigen, wenn es nicht einen Rettungsschirm für die Kommunen gibt und die Altschulden endlich ersatzlos gestrichen werden“, meint auch DKP-Ratsherr Gerber.
OB Tischler führt ein weiteres konkretes Beispiel für die Einnahmeverluste der Stadt an: Allein wegen der Schließung von Gastronomiebetrieben und Spielhallen in Bottrop hat sie pro Monat rund 135.000 Euro weniger Vergnügungssteuern in der Kasse. Durch den Ausfall von Kulturveranstaltungen und die Schließung des Museums gingen ebenfalls Einnahmen verloren. Allein die Ausgaben der Stadt für Schutzmasken und Desinfektionsmittel belaufen sich dagegen schon jetzt auf rund 90.000 Euro. Noch ließen sich die meisten Finanzlücken gar nicht genauer beziffern.
OB Tischler befürchtet Umverteilung bei Steuergeldern
Klar sei aber, dass wegen der Schließung vieler Firmen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer weg brechen. Wegen der Ausweitung der Kurzarbeit und des drohenden Rückgangs der Beschäftigtenzahlen falle Bottrops Anteil an der Einkommenssteuer viel geringer aus, befürchtet Tischler. Auf der anderen Seite werden dadurch die Kosten der Stadt bei der Sozialhilfe steigen. Die Einnahmen aus der Umsatzsteuer werden ebenfalls sinken, weil die Bürger in der Corona-Krise weniger einkaufen können. Außerdem sei eine gravierende Umverteilung zu befürchten. Weil bisher steuerstarke Städte dann ebenfalls Geld aus dem Steuertopf des Landes bekommen, sinken die Geldzuweisungen für andere Städte wie Bottrop noch zusätzlich.
Tischler nennt die drohenden Steuerausfälle extrem. Die vom Land avisierten restlichen Gelder aus dem Stärkungspakt für Stadtfinanzen genügten da als Ausgleich nicht, meint die Linkspartei. „Das Geld, was ja ohnehin für die finanzschwachen Kommunen vorgesehen war, wird nicht entfernt die kommenden Mindereinnahmen auffangen können“, warnt Linke-Ratsherr Niels Schmidt. „Auch weil die Zahl der Kommunen mit großen Finanzproblemen massiv wachsen wird“, stimmt er dem Oberbürgermeister zu. Tischler fordert daher „weitreichende Finanzmittel zur Abdeckung“ der Corona-Krise. Da seien sich alle Städte einig.