Essen. Schlechtes Omen in der Corona-Krise: Die seit Jahren üppig sprudelnden Steuerquellen der Revierstädte haben schon 2019 an Kraft verloren.
Mitten in die Coronakrise hinein platzt eine schlechte Nachricht für die leidgeprüften Kämmerer vieler Ruhrgebietstädte. Die seit Jahren üppig sprudelnden Einnahmequellen aus der Grund- und der Gewerbesteuer verlieren im Revier langsam an Kraft. Gegen den Landestrend nahmen die Revierkommunen 2019 deutlich weniger dieser direkten Steuern ein als im vorangegangenen Jahr. Das geht aus Zahlen der Landesstatistikbehörde IT.NRW hervor.
142 Millionen Euro weniger in den Stadtkassen als noch 2018
Demnach kassierten die 53 Städte und Gemeinden in den Grenzen des Regionalverbandes Ruhr (RVR) 2019 mit rund 3,8 Milliarden Euro an Grund- und Gewerbessteuern zwar eine immer noch eindrucksvolle Summe. Gegenüber 2018 landeten aber 142 Millionen Euro weniger in den Stadtkassen als noch 2018 - ein Minus von immerhin 3,6 Prozent. Landesweit stiegen die Einnahmen der so genannten Realsteuern der NRW-Kommunen dagegen an, wenn auch nur leicht um 0,7 Prozent auf insgesamt 16,5 Milliarden Euro. Allein im Regierungsbezirk Köln stiegen die kommunalen Steuereinnahmen um 3,8 Prozent auf über 4,4 Milliarden Euro, obwohl dieser Bezirk rund zehn Prozent weniger Einwohner hat als das Ruhrgebiet.
Besonders die Gewerbesteuereinnahmen brechen ein
Hintergrund der Entwicklung im Revier sind vor allem die deutlich eingebrochenen Gewerbesteuereinnahmen. Sie gingen im Ruhrgebiet um 6,3 Prozent zurück. Alle Revierstädte zusammen erzielten aus der Steuer auf Gewerbeerträge der örtlichen Unternehmen 2,6 Milliarden Euro - satte 177 Millionen Euro weniger als im Jahr davor. Das Einnahmeplus bei der von allen Immobilieneignern und ihren Mietern zu leistenden Grundsteuer in Höhe von rund 35 Millionen (plus 3,1 Prozent) konnte den Verlust bei der Gewerbesteuer nicht annähernd kompensieren.
Großen Unterschiede
Allerdings entwickelten sich die Steuereinnahmen im Revier extrem uneinheitlich. Während Essen (plus 1,5 Prozent), Bottrop (plus 1,2), Herne (plus 11,3) und Mülheim (plus 30,1) teils deutlich zulegten, gingen die Einnahmen in Duisburg (minus 3,9), Oberhausen (minus 7), Bochum (minus 9,3) und Gelsenkirchen (minus 29) teilweise ebenso deutlich zurück. Diese großen Spreizungen erklären sich fast ausnahmslos aus den hohen Gewinnen und Verlusten bei der Gewerbesteuer. Die Grundsteuer in der summenmäßig relevanten Variante B erwies sich erneut als stabiler Einkommensanker für die Kommunen.
2019 begann die wirtschaftliche Abkühlung
Für den Kommunalfinanzexperten Martin Junkernheinrich kommt die Entwicklung nicht überraschend. Die Zahlen aus dem Ruhrgebiet spiegelten kein regionales Muster wider, sagte der Professor der TU Kaiserslautern der WAZ. Die rückläufige Gewerbesteuer sein Ausdruck der im vergangenen Jahr bereits beginnende wirtschaftliche Abkühlung. Die Zunahme bei der Grundsteuer lasse auf einen wachsenden Bestand am Wohnungen und Gewerbeimmobilien schließen. Die teils hohen Einbrüche bei der Gewerbesteuer in einzelnen Städten hängen laut Junkernheinrich oft an der Auftragslage eines einzigen Großunternehmens vor Ort. Teils habe der Rückgang auch mit Korrekturen bei der vorab eingereichten Steuermeldung der Betriebe zu tun.
Gewerbesteuer-Schwäche der Region
In diesem Jahr dürfte sich die Finanzkraft der Städte im Revier indes weiter verschlechtern. "Wegen der Coronakrise und ihren wirtschaftlichen Folgen muss man sich in den Rathäusern darauf einstellen, dass die Steuereinnahmen stark einbrechen werden", warnte Junkernheinrich.
Auf die Gewerbesteuer-Schwäche der Region bei anhaltend hohen Soziallasten macht auch die CDU-Fraktion im Regionalverband aufmerksam. Nach einer aktuellen Berechnung der Fraktion sind etwa in Düsseldorf und Münster rund die Hälfte aller Soziallasten allein durch die Gewerbesteuereinahmen gedeckt. In Duisburg, Mülheim und Oberhausen liegt die Deckungsquote dagegen deutlich unter 20 Prozent.