Essen. Wegen der Corona-Krise rollt auf die Kommunen eine milliardenschwere Kostenlawine zu, sagen die Grünen. Das Land soll sich stärker engagieren.
Auf die Städte an Rhein und Ruhr rollt nach Berechnungen der NRW-Grünen selbst bei moderater Entwicklung der Krise eine corona-bedingte Kostenlawine in Höhe von 4,5 bis zu neun Milliarden Euro zu. Kommunalpolitiker und Gemeindeverbände drängen daher darauf, dass das Land die Kommunen wegen der erwartbaren Steuerausfälle mehr als bisher angekündigt entlastet.
RVR: Corona-Rettungsschirm kann nur der Anfang sein
„Jetzt ist es wichtig, nicht nur die Bilanzen zu verschönern, sondern den Kommunen schnell und konkret zu helfen“, sagte der grüne Landtagsabgeordnete und Essener Oberbürgermeister-Kandidat, Mehrdad Mostofizadeh, dieser Redaktion. Es reiche nicht aus, die Corona-Kosten in den Haushalten zu isolieren und den Städten als zusätzliche Kredite für die Zukunft aufzuerlegen, so Mostofizadeh.
"Altschuldenproblematik neu regeln"
Auch aus Sicht des Regionalverbandes Ruhr (RVR) geht das Hilfsangebot des Landes für die NRW-Kommunen nicht weit genug. „Durch die Auswirkungen der Corona-Krise geraten die Haushalte der Ruhrgebietskommunen, die derzeit alle Kräfte zur Bekämpfung der Pandemie mobilisieren, weiter unter Druck“, sagte RVR-Direktorin Karola Geiß-Netthöfel. Ein kommunaler Rettungsschirm könne nur der Anfang sein. Nach der Krise müssten die Soziallasten- und die Altschuldenproblematik neu geregelt werden, sagte Geiß-Netthöfel.
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Rettungsschirm auch für öffentliche Krankenhäuser und den Nahverkehr?
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Für den NRW-Städtetag sind die Maßnahmen des Landes ebenfalls nur "ein erster Schritt". Von den Ankündigungen müsse man nun zur konkreten Hilfe kommen, sagte Städtetag-Geschäftsführer Helmut Dedy. "Besonders dringend brauchen wir einen Erlass für die Erleichterungen im Haushaltsrecht", sagte Dedy der WAZ. Schnell geklärt werden müsse außerdem, dass auch Flughäfen, ÖPNV, Häfen und öffentliche Krankenhäuser unter den NRW-Rettungsschirm fallen könnten. Denn ein Teil der kommunalen Unternehmen habe jetzt ähnlich wie private Betriebe mit erheblichen Finanzproblemen zu kämpfen.
Corona-Kosten: Programm von NRW-Kommunalministerin Scharrenbach
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NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) hatte am Dienstag ein „Kommunalschutz-Paket“ zur Abfederung der Corona-Folgekosten in den Kommunen angekündigt. Wie das Ministerium dieser Redaktion bestätigte, sollen corona-bedingte Finanzschäden in den kommunalen Haushalten isoliert ausgewiesen werden, um Mehrausgaben zu ermöglichen. Städte sollen künftig festverzinsliche Kassenkredite auf Laufzeiten von bis zu 50 Jahre strecken dürfen. Bislang waren den Kommunen längerfristige Zinsvereinbarungen nur eng begrenzt erlaubt.
Hilfe für "Stärkungspakt"-Kommunen
Zudem solle geprüft werden, ob öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Verkehrsbetriebe europarechtliche Beihilfen wie Bürgschaften und günstige Kredite in Anspruch nehmen dürfen. Unterstützen will das Land zudem die besonders finanzschwachen „Stärkungspakt“-Kommunen, von denen es viele im Ruhrgebiet gibt. Deren teils mit höheren Abgaben und Gebühren für Bürger erkauften Sparbemühungen der letzten Jahre sollen – so das Ziel - nicht durch die Corona-Krise wieder zunichte gemacht werden. Bereitstellen will das Land dazu unter anderem bisher nicht verplante Stärkungspaktmittel in Höhe von insgesamt 343 Millionen Euro.
Einbruch bei der Gewerbesteuer durch Corona-Krise befürchtet
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Bereits in der vergangenen Woche hatten Kommunalpolitiker und Finanzexperten vor einem Finanzkollaps vieler NRW-Kommunen infolge der Corona-Krise gewarnt. Fachleute gehen davon aus, dass der erwartete Einbruch bei den Gewerbesteuern die größten Löcher in den städtischen Haushalten reißen wird. Allein in Essen und Dortmund steht ein Rückgang in Höhe von rund 350 Millionen Euro aus dieser Unternehmensabgabe nur für dieses Jahr zur Rede. Auch der kommunale Anteil an der Einkommens-und Umsatzsteuer dürfte stark zurückgehen. Zudem brechen den Städte derzeit Einnahmen aus kommunalen Angeboten wie Theater, Museen oder Musikschulen weg. Gleichzeitig drohen den Städten neue Soziallasten.