Bottrop. Die letzten drei Grubenwehrmänner verlassen in Bottrop fast still das letzte deutsche Steinkohlenbergwerk. So nahmen sie Abschied von ihrem Pütt.

Die letzten Meter legen die drei Männer in aller Ruhe zurück. So als wollten Axel Kwiatkowski, Michael Graynert und Ralf Schmidt unter dem mächtigen Förderturm von Prosper-Haniel das kurze Stück vom Pförtnerhaus bis zum Zechentor noch einmal richtig genießen. Die Männer sind in Zivil. Doch ihre orangenen Helme haben sie zum Abschied noch einmal aufgesetzt. Die Grubenwehr des letzten Steinkohlenbergwerks hat Schicht gemacht. Mindestens 100 Jahre Grubenwehr stehen da jetzt vor dem Zechentor.

Draußen wartete schon ein fröhliches Empfangskommittee auf die Bergleute. Die Ehefrauen holten die drei Grubenwehrmänner ab. Michaela Graynert hat eine Gitarre dabei und stimmt das Steigerlied an: "Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt. Und er hat sein helles Licht bei der Nacht, schon angezünd't". Erst singen die Frauen mit, dann stimmen auch die Grubenwehrmänner ein: "Und damit fahren wir bei der Nacht ins Bergwerk ein".

Ehefrauen singen fröhlich das Steigerlied

Das aber tun sie jetzt nicht mehr. Ihre Frauen haben schicke Plakate mitgebracht. Rente 2020, ist darauf zu lesen. Glückauf steht natürlich auch drauf, Schlägel und Eisen sind zu sehen und natürlich Fotos ihrer ganz persönlichen Grubenhelden. "Eine Legende verlässt das Gelände", hat Martina Kwiatkowski auf das Poster für ihren Mann drucken lassen. Das kann sie auch getrost so sehen: Axel Kwiatkowski war der letzte Hauptgerätewart und der letzte hauptamtliche Grubenwehrmann auf Prosper-Haniel. 38 Jahre war er dabei.

"Wir sind eine ziemlich verschworene Gemeinschaft. Wir haben hier ja gemeinsam mehr Zeit verbracht als zu Hause bei unseren Familien", sagt Axel Kwiatkowski. Der Abschied von ihrem Bergwerk sei ein schwerer Schritt, sind sich die Grubenwehrmänner einig. Michael Graynert gehörte der Wehr 36 Jahre lang an, Ralf Schmidt war 26 Jahre lang dabei. Hauptgerätewart Axel Kwiatkowski kam als Maschinenschlosser von der Oberhausener Gutehoffnungshütte zum Pütt. Graynert und Schmidt haben auf dem Bottroper Bergwerk Elektriker und Bergmann gelernt.

Richtige Kerle stehen da und haben Tränen in den Augen

Richtige Kerle stehen da unter dem Förderturm. Fast schon cool meint Michael Graynert zwar: "Wir hatten ja Zeit, uns auf den Tag X vorzubereiten". Doch er räumt ein: "Das geht einem trotzdem nahe". Auch sein Kollege Ralf Schmidt gesteht ein, dass der Abschied für ihn sehr bewegend ist. "Ich hatte ein paar Tränen in den Augen", sagt er.

Die Grubenwehrmänner gehen etwas später in Rente. Auch wenn die Bergmänner auf Prosper-Haniel schon Ende 2018 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den letzten Brocken Steinkohle in die Hände gedrückt hatten und die Kohleförderung da längst beendet war, blieb ja noch viel zu tun. Die Bergleute mussten unter tage quasi noch aufräumen. Rauben nennen sie das, wenn sie zum Beispiel Fördermaschinen ausbauen oder noch brauchbares Material aus den Stollen und Streben holen. Deshalb wurde auch die Grubenwehr weiterhin gebraucht. Sie musste ja zur Stelle sein, falls unter Tage jemand Hilfe brauchte.

Beim letzten großen Grubenbrand lange im Einsatz

Hauptgerätewart Axel Kwiatkowski lässt ahnen, dass das kein einfacher Job war. "Andere laufen vor dem Feuer davon, wir gehen hin", erzählt er, als ob nichts dabei wäre. Vor allem an einen Einsatz erinnern sich die drei Grubenwehrmänner noch immer gut: an den letzten großen Grubenbrand auf Prosper-Haniel. Ralf Schmidt: "Da waren wir drei Monate lang jeden Tag 16 Stunden im Einsatz".