Gelsenkirchen/Bottrop. Die Richter arbeiten im Home-Office. Nur dringende Sitzungen finden statt. Diese Entscheidungen treffen Richter auch in der Corona-Krise.

Die Ausbreitung des Corona-Virus’ bleibt auch für die Justiz nicht ohne Folgen. Im Gelsenkirchener Justizzentrum, wo das Arbeits- und das Sozialgericht auch für Bottroper Bürger Entscheidungen treffen, sind die Türen für den Publikumsverkehr bis auf wenige Ausnahmen geschlossen. Nur bei nicht aufschiebbarer Dringlichkeit finden Sitzungen mit besonderer Eilbedürftigkeit statt. Das gleiche gilt auch für das Verwaltungsgericht, in dem Termine zunächst bis Ende März abgesagt worden sind.

Im Justizzentrum stimmt der Direktor des Amtsgerichts, Dr. Mathias Kirsten, als verwaltender Hausherr die Maßnahmen mit Vertretern der drei Gerichte ab. Er versichert: „Auch wenn wir zum Schutz der Bürger und unserer Mitarbeiter den Betrieb drastisch einschränken, leisten wir einen entscheidenden Beitrag, dass der Staat weiterhin funktioniert.“ Er lobt die gute Zusammenarbeit und die Solidarität unter den Mitarbeitern im Haus.

Gerichtsvollziehern suchen nicht mehr in jedem Fall Wohnungen auf

Als Beispiele für nicht aufschiebbare Entscheidungen nennt Kirsten Fälle, die unter anderem das Polizei-, Familien- oder Wohnrecht betreffen. So müssten Richterinnen und Richter entscheiden, ob für mögliche Straftäter, die von der Polizei gefasst worden seien, Untersuchungshaft angeordnet werden müsse. Auch ist ein Gerichtsbeschluss erforderlich, ob eine Person in einem geschlossenen Krankenhaus unterzubringen ist. Geht es um das Wohl des Kindes, müssen Gerichte bei Familiensachen eine Sorgerechtsentscheidung treffen. Auch wenn Vermieter ihren Mieter aussperren, ist eine sofortige gerichtliche Entscheidung zwingend. Bei Räumungsverfahren müssen sich Vermieter gedulden, sie könnten länger dauern als bisher üblich. Gerichtsvollzieher werden zu ihrem eigenen Schutz nicht mehr in jedem Fall Wohnungen aufsuchen, um die Urkunde zuzustellen.

Amtsgerichtsdirektor Mathias Kirsten - hier erläuterte er die Rechtsprechung in Bezug auf Migrationshintergründe der Prozessteilnehmer.
Amtsgerichtsdirektor Mathias Kirsten - hier erläuterte er die Rechtsprechung in Bezug auf Migrationshintergründe der Prozessteilnehmer. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Auch können, Situationen entstehen, die im direkten Zusammenhang mit der Corona-Epidemie stehen. Kirsten: „Wenn beispielsweise Zwangsquarantäne angeordnet worden ist, muss sich der Bürger wehren können und das Gericht anrufen.“ Wer sich gegen die Zahlung eines Bußgeldes wehrt, weil er die Quarantäne-Entscheidung ignoriert, kann trotz dünner Besetzung der Gerichte auf eine gerichtliche Entscheidung bauen. Bei häuslicher Gewalt entscheiden Familienrichter nach einem Antrag noch am selben Tag, wie die bedrohte Person geschützt werden kann. „Die Kernaufgaben der Justiz“, versichert Kirsten, werden erledigt. Bürger haben einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, auch wenn es in nicht eiligen Fällen auch zu Verzögerungen kommen kann.“

Gericht ist für Eilfälle gerüstet

Auch das Verwaltungsgericht ist für Eilfälle gerüstet. „Pro Kammer steht immer ein Richter zur Verfügung, der Entscheidungen trifft“, sagt Pressesprecher Wolfgang Thewes. Niemand müsse befürchten, dass er rechtsschutzlos ist. Als Beispiel für einen dringenden Fall nennt Thewes die Situation eines Ausländers, der abgeschoben werden soll, sich aber weigert, das Flugzeug zu betreten. Dann entscheidet das Gericht, wie zu verfahren ist.

In der Regel arbeiten die Richterinnen und Richter im Homeoffice. Bis Ende März finden keine mündlichen Verhandlungen statt. Mit Telefon- und Skype-Konferenzen stimmen sich die Vertreter der drei Gerichte im Justizzentrum ab und reagieren auf die weitere Entwicklung. „Kontakte untereinander“, sagt Kirsten, „werden gemieden.“ Mit flexiblen Arbeitszeitregelungen sei die Anwesenheit des Personals auf den ganzen Tag verteilt. Auf Kantinenessen müssen alle verzichten. Mitarbeitern steht nur noch ein Kiosk im Kantinenbereich zur Verfügung. Dort decken sie sich ein und nehmen das Essen mit aufs Zimmer.

Die Pforte ist besetzt

Sowohl im Justizzentrum als auch im Verwaltungsgericht ist die Pforte besetzt. Die Kantinen sind für externe Besucher geschlossen. Auch die Bibliothek ist nicht geöffnet.

Wer Rechtsanträge beim Verwaltungsgericht stellen möchte, sollte sich vorher telefonisch abstimmen. 0209/17010. Anträge für die Gerichte im Justizzentrum können Bürger in den Briefkasten werfen. Auf der Homepage können Formulare heruntergeladen werden: www.justizzentrum-gelsenkirchen.nrw.de