Bottrop. Alte Verfahren binden Kraft. Aufatmen können die Gelsenkirchener Richterinnen und Richter bei den Asylverfahren. Deren Zahl sinkt deutlich.
Die 20 Kammern des für Bottrop zuständigen Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen müssen weiterhin unter hoher Belastung arbeiten.
Die Jahresbilanz von Präsident Dr. Siegbert Gatawis fällt dennoch positiv aus: „10.021 Verfahren konnten im Laufe des letzten Jahres erledigt werden. Seit vier Jahren bewegt sich die Leistung auf konstant fünfstelligem Niveau.“
Durchatmen können die Richterinnen und Richter zumindest bei der Bearbeitung von Asylverfahren. Erreichten das Gericht 2017 noch mehr als 11.000 Klagen, gingen die Eingänge im letzten Jahr auf 2240 zurück. Die vielen Anhörungen der Kläger und die Recherchen im Zusammenhang mit den Klagen verzögern oft den Entscheidungsprozess. So sind gut 5000 Asylverfahren noch nicht abgeschlossen. Immerhin, so Gatawis, seien im letzten Jahr mit 4215 Verfahren annähernd doppelt so viele Asylverfahren im Vergleich zu den Eingängen erledigt worden.
Richter aus anderen Bereichen unterstützen die Kammern
In erster Linie geht es um Asylbewerber aus Afghanistan, Syrien, Irak und Iran. Bis zu acht Richter aus der Finanz-, Arbeits- und ordentlichen Gerichtsbarkeit unterstützen die Kammern bei der Bewältigung der Klagen. Der Präsident widersprach Darstellungen aus der Anwaltschaft, die über Nachwuchsmangel in den Gerichten berichtet hatten. Gatawis: „Wir sind nach wie vor in der Lage, unseren Personalbedarf mit hervorragend qualifizierten Kolleginnen und Kollegen zu decken.“
Um die hohe Anzahl an den gesamten Verfahrensanhängen (10.624) zügiger bearbeiten zu können, sei das Gericht aber nach wie vor auf die Hilfe abgeordneter Richterinnen und Richter angewiesen. Gatawis: „Unser Ziel ist es, die Anzahl an Altverfahren so schnell wie möglich abzubauen.“ Oft tragen auch Verfahrensbeteiligte zur Verlängerung der Prozessdauer bei. Mit einer Flut von Anträgen kann sich so mancher Rechtsstreit über Monate und Jahre hinziehen.
Flut von Anträgen zieht Rechtsstreit in die Länge
So streiten sich etwa die AGR (Abfallentsorgungs-Gesellschaft Ruhrgebiet) und die Stadt Castrop Rauxel um die Höhe der Nachsorgekosten für eine längst geschlossene Deponie. Der Streitwert beträgt 20 Millionen Euro. Eine Richterin musste wegen der komplexen Materie seit einem Jahr eigens für diesen Rechtsstreit abgestellt werden. In 35 Aktenordnern sind die Rechnungen, um deren Höhe sich die Parteien streiten, abgeheftet. Nach sechs Erörterungsterminen folgen demnächst noch weitere fünf Verhandlungstage. Ein Ende ist nicht noch nicht in Sicht.
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Umstellen müssen sich Richterschaft und Mitarbeiter in der Verwaltung demnächst wegen der Einführung der elektronischen Akte. Zunächst verschwinden die Papierberge in drei Kammern, in denen Schul-, Bau- und Steuerrecht bearbeitet werden. Alle drei Monate sollen weitere Kammern folgen. Auch Anwälte richten sich bereits auf die elektronische Aktenbearbeitung ein. Nicht betroffen vom elektronischen Schriftverkehr werden Kläger sein, die ohne Anwälte vor Gericht ziehen. Sie dürfen auch in Zukunft auf Papier einreichen.
Zukunftsszenario: Großer Bildschirm im Sitzungsaal
Ende 2021 könnten auf allen Richtertischen Monitore für die Akteneinsicht platziert sein. Der Präsident geht davon aus, dass sich die Prozessbeteiligten dann über einen großen Bildschirm im Sitzungssaal austauschen können. Aber noch nehmen die Papierberge nicht ab, sind die Ordner prall gefüllt.
Viertes Mal in Folge fünfstellig
Mit 10.624 anhängigen Rechtsstreitigkeiten ist die gesamte Verfahrenszahl im vergangenen Jahr zum vierten Mal in Folge fünfstellig. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verfügt über 67 Richterinnen- und Richter-Planstellen. 85 Mitarbeiter sind in der Verwaltung beschäftigt.
Das Gericht ist zuständig für die Kreise Recklinghausen und Unna sowie die Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen und Herne.