Bottrop. Kreuzdarstellungen mitten in der City bilden einen überraschenden Kontrast in einer modernen Großstadt. Einige Orte stellt die WAZ ab heute vor.
Wer zu Fuß durch die Gemeinde geht, sieht oft mehr. Bottrop, eine Stadt der Kreuze? Doch, denn es gibt nicht nur das bekannte Papstkreuz oben auf der Halde Haniel. Über das gesamte Stadtgebiet verstreut finden sich Wegekreuze, Bildstöcke, alte Hofkreuze. Sie erinnern an den ländlich-bäuerlichen Charakter, der die spätere Bergbaustadt zum Teil noch bis in die 1950er und 60er hinein prägte. Beginnend mit dieser Ausgabe möchte die WAZ in einer kurzen Serie bis Karfreitag eine Auswahl dieser Kreuze vorstellen, etwas über deren Geschichte oder ihre Bedeutung im Leben der Stadt und ihrer Bewohner berichten. Als Grundlage diente dabei auch der Band „Kapellen, Wegkreuze, Bildstöcke in Alt-Bottrop“ vom Emil Heinrichbauer, herausgegeben von der Historischen Gesellschaft. Mehrere dieser alten Landmarken werden so zusammengefasst, dass sich auch in den nächsten Folgen ein Parcours ergibt, der auch zu Fuß zu schaffen ist.
Erste Bottroper Kreuzdarstellungen schon im 15. Jahrhundert erwähnt
Der Kreuzkamp am Ende der fußläufigen Gladbecker Straße gehört zu den ganz alten religiösen Orten Bottrops, die sich seit dem Mittelalter nachweisen lassen. 1460 wird er erstmals urkundlich erwähnt. Zunächst gibt es am alten „Cruyskamp“ nur ein Holzkreuz, an dem auch die große Prozession zu Pferde an Pfingsten ihre erste Segenstation hatte. Später kommt eine Kapelle dazu. An die erinnert seit 1985 eine Bronzeplakette, die auch nach den jüngsten Umbauarbeiten an etwas anderer Stelle wieder ins Straßenpflaster eingepasst wurde. Das moderne Kreuz stammt von dem Bottroper Lehrer und Steinmetz Heinz Drabiniok (1927-2002). Er schuf unter anderem auch das Denkmal an die Opfer von Krieg und Gewalt im Stadtgarten oder das Städtepartnerschaftsdenkmal am Rathaus.
Kaum zehn Gehminuten später über die Gladbecker Straße fällt am Altmarkt zwischen der blockartigen Architektur das Bergermannsche Kreuz kaum auf. Lokalhistorikern zufolge soll es mit dem Kreuzkamp zu den ältesten Kreuzen der Stadt gehören und um 1458 bereits als Segenstation der Fronleichnamsprozession gedient haben. Ursprünglich befand sich dort der alte Kötterhof Spickermann, im 18. Jahrhundert wird dort bereits die Gaststätte und Metzgerei Bergermann erwähnt.
Maurer rettet Christusfigur aus dem Schutt
Beim Umbau des Altmarkts in 1960er Jahren wird dort das um 1900 erneuerte Kreuz abgebaut und auf einem Schutthaufen entsorgt. Ein Maurer soll aus Mitleid den Korpus abmontiert haben. Der wird später an einem Kreuz an der Scharnhölzstraße wiederverwendet. Das heutige Kreuz stammt von 1965. Die von den Anliegern gestiftete neue Christusfigur schuf der bekannte Bottroper Künstler Johann Fischedick. Inzwischen sorgt in direkter Nachbarschaft ein Laden für Raucherutensilien namens „Teufelswerk“ für lebhaften Kontrast zu dem ruhig dreinblickenden Christus.
Etwa fünf Wegminuten später findet man das nächste Kreuz direkt neben dem Eingang der Cyriakuskirche. Es geht auf ein großes Friedhofskreuz von 1716 zurück, das seither mehrfach versetzt wird. Nachdem Bau der heutigen Kirche (1861/62) wird es als „Missionskreuz“ erneuert. In der Nazizeit wird es mehrfach geschändet, zerstört und in einen benachbarten Garten geworfen. Zu dieser Zeit ist der heutige Kirchplatz noch dicht bebaut. Jetzt steht dort eine etwas kleinere moderne Darstellung. Sie erinnert zugleich an das alte Friedhofskreuz und das erstmals 1697 erwähnte große Hagelkreuz, das bis Mitte der 1960er Jahre direkt hinter dem Chor der Cyriakuskirche stand.
Alter Brauch wird wiederbelebt
Über die untere Hochstraße geht es weiter zur Peterstraße. Wer am Ende links abbiegt, trifft nach wenigen Minuten auf die schön gepflegte kleine Anlag, die das Trappesche Kreuz umgibt. Wie eine Mini-Ruheoase kommt das Gärtchen daher, umspült vom Verkehr der Kreuzung Essener Straße und Peterstraße.
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat das Kreuz unter einer Linder bis zum Bombenangriff im September 1942 vor der Wirtschaft Trappe gestanden. 1954 wird der heutige Baum gepflanzt. Der jetzige Korpus stammt vom alten Hochaltarkreuz der Cyriakuskirche und kommt nach der Umgestaltung der Kirche 1968 zunächst zu einem Kreuz an der Schützenstraße beim Josef-Albers-Gymnasium.
Nach Zerstörungen durch ein Gewitter wird die restaurierte Darstellung 1978 als Trappesches Kreuz an der jetzigen Stelle neu errichtet. 1983 beleben Anwohner dort sogar den alten Bottroper Brauch wieder, zu Fronleichnam die Wegekreuze mit Blumengirlanden zu schmücken.