Bottrop. In vier Tagen sind 400 Mitglieder der „Nachbarschaftshilfe Bottrop“ beigetreten. Sie wollen älteren Menschen in Corona-Zeiten im Alltag helfen.
Näher zusammenrücken, Solidarität zeigen: Was viele, nicht nur Politiker, in dieser virusgeplagten Zeit fordern, setzt die neue Gruppe „Nachbarschaftshilfe Bottrop“ gerade in die Praxis um. Eine handvoll Bottroperinnen und Bottroper um den Fuhlenbrocker Marco Lewis möchte Menschen, die einer Corona-Risikogruppe angehören, helfen, trotz aller Widrigkeiten auch in den nächsten Wochen den Alltag zu meistern. Dabei geht es um Einkäufe oder Apothekenbesuche, kurz alles, was für den normalen Alltag wichtig ist und was ältere Menschen oder solche mit Vorerkrankungen nicht selbst erledigen können oder sollten. Wie sehr die Facebook-Gruppe einen Nerv trifft, zeigen die Zahlen: „Seit die Gruppe am Freitag offiziell an den Start ging, sind ihr bis Montagnachmittag gut 400 Menschen beigetreten“, sagt Marco Lewis.
Auch Simone Schubert ist dabei. Nicht bei den Gründungsmitgliedern, wie sie betont, aber immerhin bei den Leuten der ersten Stunden. Im Netzt geht vieles eben rasend schnell. Inzwischen hat sie den Flyer gestaltet, der demnächst an möglichst vielen Briefkästen oder Haustüren zwischen Feldhausen und Batenbrock, im Fuhlenbrock, auf dem Eigen oder in der Boy zu sehen sein soll. Denn: „Nicht alle älteren Menschen, um die geht es ja überwiegend geht, sind online unterwegs oder haben einen Internetzugang“, so Simone Schubert, die selbst in der östlichen Innenstadt lebt.
Idee: Stadtteilbezogen zu helfen
Die Idee ist, möglichst stadtteilbezogen zu arbeiten, vieles auf einem Weg erledigen zu können und so vielleicht auch dauerhaft soziale Strukturen im Umfeld zu stärken. Der Prozess läuft so ab: Wer den Flyer an einer Tür oder einem Briefkasten sieht und zur hilfsbedürftigen Gruppe gehört, kann ihn an direkt an der Tür mit Namen und Telefonnummer ausfüllen. Das Mitglied der Nachbarschaftshilfe meldet sich dann und man bespricht Einzelheiten. „Wir rufen zurück und organisieren“, sagt Simone Schubert. Und Marco Lewis ergänzt: „Wir haben einen Prozessablauf erarbeitet, der auch Betrug verhindern soll.“ Man tauscht gegenseitig die Telefonnummern aus, der Einkäufer geht mit maximal 25 Euro in Vorkasse, später wird vor der Tür abgerechnet. Niemand muss die Wohnung betreten. Alles ist eine private und unentgeltlich Initiative, wie auch auf der Facebook-Seite ausdrücklich betont wird.
Fast alle Helfer sind zwischen 20 und 55 Jahre alt
Die Gruppe steht darüber hinaus auch in Kontakt zum Krisenstab der Stadt, dem auch gute Bekannte von Marco Lewis angehören. Eine zentrale Rufnummer gibt es (bis jetzt) noch nicht. Zurzeit sind die Flyer an den Häusern oder das Internet über die Facebook-Gruppe die einzigen Kontaktmöglichkeiten. Und natürlich die Mund-zu-Mund-Propaganda, wenn sich die Aktion etwas herumgesprochen hat. Weitere Gründungsmitglieder seien zum Beispiel Sebastian Abend oder Julia Peters (beide aus Stadtmitte), die auch beim Aufbau der Organisation helfen, so Marco Lewis.
Die meisten der bisherigen Akteure gehören der Altersgruppe zwischen Anfang und Mitte 20 bis etwas über 50 Jahren an. Fast alle sind natürlich berufstätig und setzen sich in der Nachbarschaftshilfe neben Job und Familie ein. „Ich bin zum Beispiel gerade wegen meiner kleinen Kinder im Homeoffice und versuche, alles unter einen Hut zu bringen“, sagt der gebürtige Waliser, der einst bei der britischen Armee in Deutschland stationiert war und seit 25 Jahren in Bottrop lebt.
„Jetzt müssen wir die Älteren unterstützen“
Vor allem in Zeiten wie diesen sollten alle zusammenhalten und das tun, was möglich ist, um diese Epidemie zu überstehen. „Bringt euch nicht in Gefahr, aber helft. Die Älteren und Schwächeren sollten jetzt zuhause bleiben“, so Marco Lewis über die Anfangsidee. Die kam ihm übrigens, als er eine Tante versorgte, die aus Mallorca zurück kam und sich in Quarantäne begeben musste.