Bottrop. 57 Frauen und drei Männer arbeiten ehrenamtlich in der Stadtbibliothek, der Filiale in Kirchhellen und den Stadtteilen. Verstärkung ist gefragt.
„Du arbeitest ehrenamtlich für die Bibliothek, toll! Was kriegst du dafür?“ Sätze, die Ulrich Lindenberg zur Genüge kennt. Mittlerweile lächelt er darüber. Immerhin ist der Rentner, der früher im Bergbau auf Prosper aktiv war, seit etwa acht Jahren aktiver Ehrenamtler im Bereich der Stadtteilarbeit der Lebendigen Bibliothek. Und: „Ein Ehrenamt ist ein Ehrenamt, sonst würde ich einen bezahlten Job übernehmen“, so der 61-Jährige, der sich freiwillig und unbezahlt für Gesprächskreise für Senioren ebenso wie für Kita- oder Grundschulkinder stark macht. Zurzeit gehe es um Verkehrserziehung für Grundschüler, denn: „Auch heute wird längst nicht jedes Kind mit dem Auto zur Schule gefahren“, so Lindenberg.
Neue Projekte brauchen neue Unterstützer
In der Stadtbibliothek findet in der kommenden Woche ein Infoabend statt, an dem Ehrenamtlich und Hauptamtliche über laufende und kommende Projekte informieren - und vor allem neue Mitstreiter aktivieren wollen. Dort treffen wir auch Renate Häselhoff und Sonja Wiese. Beide zählen gewissermaßen zu den ehrenamtlichen Urgesteinen. Sie sind seit 2007 als Vorlesepaten in der Stadtbibliothek aktiv und gehören damit zum Team der etwa 60 Ehrenamtlichen, ohne die Projekte in der Stadtbibliothek im Kulturzentrum, in der Filiale in Kirchhellen aber auch in der Stadtteilarbeit in diesem Umfang gar nicht stattfinden könnten. Davon ist Eveline Siegert überzeugt. Sie gehört zum hauptamtlichen Team der Stadtbibliothek und organisiert dort den Veranstaltungsbereich, der seit vielen Jahren besonders breit und gut aufgestellt ist.
Die Vorlesepaten sind jeden Dienstagnachmittag aktiv in der Bibliothekszentrale. Die „Vorlesestunde in gemütlicher Runde“ ist seit über zehn Jahren ein Dauerbrenner im Veranstaltungskalender der Einrichtung. „Mit den Kindern ein Buch lebendig werden zu lassen, nicht nur lesen, sondern auch blättern, mit Kleineren über die Bilder sprechen, manchmal auch in einer förmlich zu versinken, das sind die schönen Momente dieser Arbeit, die ich nicht vermissen möchte“, sagt Renate Häselhoff. Für die pensionierte Arzthelferin ist es auch kein Problem, wen die Kindern mehr hören wollen, als es die vorgegebene Zeit erlaubt. „An manchen Tagen versammelt sich ein richtiger Fanclub - und das ist doch schön, ein Gefühl, das man mit Geld eigentlich nicht bezahlen kann.“ Dieses Geld gäbe der Bibliotheksetat auch gar nicht her. Das Personal werde ja nicht aufgestockt, so Eveline Siegert. Viele Projekte könnten ohne die Ehrenamtlichen gar nicht stattfinden.
Mehr als nur eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung
Dass Geld ja bekanntlich nicht alles ist, können Sonja Wiese und Pia Löber nur bestätigen. Löber war selbst als Studentin Ehrenamtliche in der Bibliothek. Es sei einmal gut, die eigenen Fähigkeiten auszuprobieren, aber auch, um Kontakte zu knüpfen, wenn man im Bereich Literatur oder Literaturvermittlung tätig sein möchte, so die Kinderbuchautorin, die heute genau in diesem Bereich arbeitet. Seit einiger Zeit auch in der Bottroper Bibliothek, wo sie demnächst ein neues Jugendprojekt „Vom Follower zum Influencer“ beginnen wird.
Vom Lese-Fan zur Literaturvermittlerin
Und Sonja Wiese? Als mehrfache Mutter war die gelernte Drogistin und absoluter Lese-Fan fast ständig mit ihren Kindern in der Bibliothek. „Was wir hier an Büchern herausgeschleppt und verschlungen haben, hätte ich nie privat kaufen können“, erinnert sie sich - und wurde 2007 Lesepatin. Auch Sonja Weise nutzte das Ehrenamt - das sie ist übrigens immer noch Vorlesepatin - als Sprungbrett für ihre neue Berufstätigkeit: Märchenerzählerin und Literaturvermittlerin. Als „Kräuterhexe“ („Das passt ja zu meiner ursprünglichen Ausbildung“) hat sie auch eigene Veranstaltungsformate.
Dass das Ehrenamt viel mehr ist, als sinnvolle Freizeitgestaltung bestätigt auch Rieke Paetsch-Saleh. Als Hauptamtliche betreut sie das Projekt „Wort-Schatz“ für Menschen mit geringen Deutschkenntnissen. Von ihren ehrenamtlichen weiß sie, dass es nicht nur die Resonanz auf ihre Arbeit ist, die das Ehrenamt so befriedigend macht. Oft sei es auch ein willkommener Ausgleich zum ganz normalen Berufsalltag - gewissermaßen ein entspannendes Kontrastprogramm.
Infoveranstaltung für alle Interessierten am 19. Februar
Die Informationsveranstaltung für interessierte künftige Ehrenämtlerinnen und Ehrenämtler beginnt am kommenden Mittwoch, 19. Februar, um 17 Uhr in der „Lebendigen Bibliothek“ im Kulturzentrum an der Böckenhoffstraße 30, 46236 Bottrop. Der Abend richtet sich an Interessierte aller Generationen. Es geht um neue Ehrenamtliche als Vorlesepaten, Betreuer für das „Media Lab“ in der Filiale Kirchhellen, das Projekt „WortSchatz“ für Menschen mir geringen Deutschkenntnissen sowie ein neues Jugendprojekt. Info: 02041/70 3848 oder per Mail an: Eveline Siegert@bottrop.de