Bottrop. Bürger im Bottroper Süden fühlen sich vernachlässigt, warnt der SPD-Ortsverein und will gegensteuern. Kritik an Stadt und eigener Partei.

„Es interessiert doch niemandem, was hier im Süden passiert. Der Bottroper Süden wird total vernachlässigt“, sagt Herbert Matthes. Er ist in der Welheimer Mark aufgewachsen, vor 20 Jahren ist er zurückgekehrt und lebt jetzt in seinem Elternhaus. Die Entwicklung, die der Süden genommen hat – ob es nun die Welheimer Mark, Ebel oder mit Abstrichen auch Welheim ist – sagt ihm nicht zu.

Herbert Matthes (r.) im Gespräch mit Nils Beyer (l.) und Marian Krzykawski vom SPD-Ortsverein Süd. Er hat das Gefühl, dass der Bottroper Süden vernachlässigt wird.
Herbert Matthes (r.) im Gespräch mit Nils Beyer (l.) und Marian Krzykawski vom SPD-Ortsverein Süd. Er hat das Gefühl, dass der Bottroper Süden vernachlässigt wird. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Aktuell ist es wieder eine Baustelle, die die Welheimer Mark ärgert. Die Knappenstraße in dem Stadtteil ist gesperrt, die Umleitung für Lkw ins Gewerbegebiet Kruppwald führt außenrum über die Straße An der Knippenburg. Doch leider halten sich nicht alle Lkw-Fahrer daran. Stattdessen fahren die schweren Lastwagen durch die engen Wohnstraßen der Siedlung. Er habe das Gefühl, das würde niemandem interessieren, Beschwerden laufens ins Leere und letztlich würden Regeln einfach nicht durchgesetzt.

Ortsverein fordert Konzept für Bottroper Süden

Marian Krzykawski und Nils Beyer, Vorsitzender und Stellvertreter im SPD-Ortsverein Süd, hören sich die Klagen geduldig an. Denn auch der Ortsverein ist mit der Situation vor Ort gar nicht zufrieden. Im Gegenteil, auch sie erheben den Vorwurf, dass die Stadt den Süden vernachlässigt. Sie fordern ein Konzept für diesen Teil der Stadt, wie soll er sich entwickeln? Wo soll er in fünf Jahren stehen? Und wie lassen sich hier die Themen Wohnen, Gewerbe und Industrie unter einen Hut bringen? Am Ende könne man dann Schritt für Schritt überprüfen, ob all die Ziele erreicht wurden. Es reiche nicht aus, immer nur auf das Projekt Freiheit Emscher zu verweisen, dessen Realisierung aus Sicht der Süd-SPD in viel zu weiter Ferne liegt.

Krzykawski, Beyer und die SPD-Mitglieder im Süden wissen, dass sie mit dieser Forderung auch in der eigenen Parteien nicht überall Beifall ernten werden und sie wohl auch kritisiert werden. Schließlich wäre es für die SPD als größte Fraktion im Rat ohne Weiteres möglich, eine solche Forderung zu stellen und die Verwaltung aufzufordern, ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten. Für die Innenstadt hat die SPD in den Etat-Beratungen auch genau das getan. Trotzdem: Die SPD-Süd hält an ihrer Kritik fest. „Es geht uns darum, dass sich die Situation für die Bürger hier bessert.“

Autoverwerter und Festhallen im Gewerbegebiet will die SPD künftig verhindern

Der Gehweg auf der einen Seite des Haverkamps ist komplett zugewuchert, die Pflastersteine unter Wiese und Laub nicht mehr zu erkennen.
Der Gehweg auf der einen Seite des Haverkamps ist komplett zugewuchert, die Pflastersteine unter Wiese und Laub nicht mehr zu erkennen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Dabei thematisiert der Ortsverein auch die aus seiner Sicht unbefriedigende Situation im Gewerbegebiet Knippenburg. Die zahlreichen Autoverwerter und die inzwischen drei Festhallen, die sich dort inzwischen niedergelassen haben, sind den Verantwortlichen ein Dorn im Auge. Dabei zielen sie auf die Zukunft, sie wollen verhindern, dass sich weitere Betriebe dieser Art dort niedergelassen. Dazu schwebt der SPD-Süd eine Änderung des Flächennutzungsplans vor. Auf diese Weise könne die Stadt Einfluss nehmen auf die Ansiedlung neuer Betriebe. Zuletzt hatte die Polizei am Freitag im Bottroper Süden eine Razzia gegen Clan-Kriminalität durchgeführt. Im Fokus der Ermittler: die Autohändler.

Nils Beyer: „Wir möchten erreichen, dass sich hier nachhaltige Betriebe ansiedeln, die den Menschen gute Arbeitsplätze bieten und hier auch Steuern zahlen und so der Stadt auch etwas zurück geben.“ Da drohe derzeit eine Schieflage, so die Befürchtung. Auch an anderer Stelle wünschen sich Krzykawski und Beyer mehr Nachhaltigkeit – etwa bei Dingen, die angestoßen und teils auch umgesetzt wurden. Etwa nachdem die Straßen in der Welheimer Mark wieder hergerichtet wurden. Da hätte es im Anschluss auch Kontrollen benötigt. Andere Dinge dauern dem Ortsverein zu lange. So hatte die SPD im Zuge der Etat-Beratungen eine Video-Überwachung der Einfallstraße nach Ebel gefordert, weil auch dort verbotenerweise Lkw durch die Wohnstraßen fahren. Der Auftrag ging an die Verwaltung, das zu prüfen und wenn rechtlich möglich umzusetzen. „Wir wissen immer noch nicht, wie es da weiter geht“, ärgert sich Krzykawski.

Ortsverein fordert mehr als nur „punktuelle Verbesserungen“

Auf Druck von Bürgern und SPD wurde die Polderstraße zur Einbahnstraße erklärt. Allerdings wird das Gebot häufig missachtet, so die Klage der SPD-Vertreter, die sich Kontrollen wünschen.
Auf Druck von Bürgern und SPD wurde die Polderstraße zur Einbahnstraße erklärt. Allerdings wird das Gebot häufig missachtet, so die Klage der SPD-Vertreter, die sich Kontrollen wünschen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Klar, es habe immer wieder punktuelle Verbesserungen und Reaktionen gegeben, etwa nach Veranstaltungen des Ortsvereins und Begehungen in den Stadtteilen mit Verantwortlichen aus der Verwaltung, doch: „Bei glaubwürdiger Politik muss die Verwaltung nachhaltig an einer Verbesserung der Maßnahmen arbeiten und nicht nur punktuell, wenn Kritik geübt wird. Hier sind insbesondere die zuständigen Dezernenten in der Verantwortung.“

Sauberkeit und Ordnung seien ein weiteres Problem in Teilen des Südens. Krzykawski verweist auf den vollkommen zugewucherten Gehweg auf einer Seite des Haverkamps. Das Bordsteinpflaster ist dort nicht mehr zu erkennen, es ist komplett zugewuchert, zur Pflege könnte man hier auch einen Rasenmäher einsetzen. Dann hat die SPD durchgesetzt, die Polderstraße zur Einbahnstraße zu machen, um die An- und Abfahrt der zahlreichen Autotransporter besser zu regeln. „Es wird immer wieder missachtet, ohne dass es Konsequenzen hat“, klagt Krzykawski, wohlwissend, dass die Stadt beim fließenden Verkehr auf die Polizei verweist. All das seien Faktoren, die dazu führten, dass Bürger im Süden sich vernachlässigt fühlten, glauben er und Beyer.

Ortsverein hofft, sich mit seinem Anliegen in der Bottroper Gesamt-SPD durchzusetzen

Sie beide hoffen, dass der Ortsverein sich mit seinen Anliegen auch in Partei und Fraktion durchsetzen kann. „Es genügt nicht, nur einfach den Klimanotstand auszurufen und dem grünen Mainstream zu folgen“, sagt Beyer. Vielmehr müsse es darum gehen zu zeigen, dass Klimaschutz machbar ist. Beleg dafür sei eben die Innovation City – im Süden der Stadt. Gleichzeitig gehe es aber auf der anderem Seite darum Sozialpolitik zu machen. „Wir haben hier Reiche und Arme oder auch Zugewanderte, all diese gilt es zusammenzuführen.“ Dafür müsse die SPD in Bottrop stehen, so Beyers Überzeugung.