Bottrop. Der Wächterkreis achtet auf die Kirche St. Cyriakus. Über ein besonderes Ehrenamt, bei dem auch schon mal Frauen gelöscht werden müssen.

In der Regel sitzen Heinz Schrey und seine Mitstreiter hinten auf einem Hocker im Eingangsbereich der Cyriakus-Kirche. Unauffällig halten sie sich im Hintergrund, dabei ist ihre Aufgabe, ihre Anwesenheit immens wichtig. Denn ohne das Engagement dieser Kirchenwächter wäre Bottrops Innenstadtkirche tagsüber geschlossen und würde ihre Türen nur zu den Gottesdienstzeiten öffnen. Dass es anders ist, verdankt die Stadtgesellschaft schon seit mehr als 40 Jahren dem Wächterkreis. Er gründete sich, als die Überlegung aufkam, die Kirche tagsüber abzuschließen.

Viele Menschen kommen in die offene Kirche, um eine Kerze an der Madonna aufzustellen.
Viele Menschen kommen in die offene Kirche, um eine Kerze an der Madonna aufzustellen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„1978 war das“, erinnert sich Schrey. Damals kam es in der offenen Kirche immer wieder zu Unregelmäßigkeiten und Störungen und der Kirchenvorstand beriet, was zu tun ist. Es sei auch überlegt worden, den Kirchenraum durch ein Gitter oder eine Glaswand vom Eingangsbereich abzutrennen. Die Besucher wären dann tagsüber gar nicht bis in die Bankreihen gekommen. Schrey: „Aber die Gemeindemitglieder und insbesondere die Kolpingsfamilie Mitte haben dagegen protestiert.“

Ehrenamt bringt Verpflichtungen mit sich

Das war dann die Geburtsstunde des Wächterkreises. Bis heute sind dessen Mitglieder ehrenamtlich im Einsatz und achten darauf, dass sich Besucher im Gotteshaus angemessen benehmen, vermitteln oder antworten bei Nachfragen. Ein Ehrenamt, das aber gleichzeitig auch Verpflichtung bedeutet. Heinz Schrey verweis auf den Dienstplan. Sechs Stunden Öffnungszeiten müssen täglich – mit Ausnahme am Montag und am Wochenende – abgedeckt werden. Und darauf müsse man sich auch verlassen können, sagt Margret Bäcker.

Sie ist jetzt schon seit 13 Jahren dabei, an ihren Anfang in der Truppe erinnert sie sich noch genau. „Ich bin da etwas überrumpelt worden.“ Heinz Schrey habe sie angesprochen, er brauche noch jemanden, der Gründonnerstag auf die Kirche achtet. „Ich habe zugesagt, hatte aber gedacht, es geht nur um das eine Mal.“ Inzwischen gehört sie zum harten Kern der Gruppe.

Viele Menschen zünden bei der Madonna eine Kerze an

Die offene Kirche ist auch für die Stadtgesellschaft wichtig, glaubt Gemeindereferentin Christiane Hartung.
Die offene Kirche ist auch für die Stadtgesellschaft wichtig, glaubt Gemeindereferentin Christiane Hartung. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Aber wer nutzt denn jetzt das Angebot der offenen Kirche? Das sei unterschiedlich, sagen Heinz Schrey und Margret Bäcker. Viele Menschen kommen und zünden bei der Madonna eine Kerze an. Tatsächlich sind auch jetzt sämtliche Kerzenständer belegt, einige Kerzen lehnen nur lose an Querstreben. Rund 1000 Kerzen pro Woche würden sicherlich entzündet, schätzt auch Gemeindereferentin Christiane Hartung.

Und bei den Kerzen kam es auch zu einer der brenzligsten Situationen für die Kirchenwächter – im wahrsten Sinne des Wortes. „Da stand mal eine Frau in Flammen und wir mussten sie löschen“, schildert Schrey den dramatischen Vorfall. Die Dame habe wohl eine Kerze abstellen wollen und dabei über die brennenden Kerzen gelangt. Der Abstand war zu gering und auf einmal habe der Ärmel der Frau gebrannt. „Wir konnten es rechtzeitig löschen und wir haben die Frau dann nach Hause gebracht, zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert“, erinnert sich Schrey. Auch an den ein oder anderen nicht mehr ganz nüchternen Besucher der Kirche erinnert er sich, aber auch da passiere in der Regel nichts Schlimmes.

Wäre die Kirche abgeschlossen, würde der Stadtgesellschaft etwas fehlen

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Margret Bäcker hat den Eindruck, dass auch viele jüngere Menschen, die sonst vielleicht keinen großen Bezug zur Kirche hätten, das Angebot nutzen, einen Moment im Gotteshaus verweilen und vielleicht Trost und Beistand suchen. „Einige kommen vom Arzt, haben dann eine Tasche mit Medikamenten aus der Apotheke dabei“, erzählt sie. Womöglich suchten sie dann eine besondere Form der Unterstützung. Eingreifen müsse man vor allem, wenn Besucher den Altarraum betreten wollen. „Da bitten wir dann doch, dass sie unten bleiben.“

Christiane Hartung lobt das Engagement der Kirchenwächter. Gerade in einer Zeit, in der in der Pfarrei, aber auch im gesamten Bistum über das Thema Citypastoral gesprochen werde – also einfache, niederschwellige kirchliche Angebote jenseits der Gottesdienste – seien die Kirchenwächter gar nicht hoch genug einzuschätzen. „Eigentlich ist das die älteste und wertvollste Form des citypastoralen Ansatzes, die hier seit mehr als 40 Jahren angeboten wird.“ Sie ist überzeugt: Gebe es den Kreis nicht und müsste die Kirche abgeschlossen werden, „der Stadtgesellschaft würde etwas fehlen“.

Weitere Helfer willkommen

Die Kirchenwächter sind immer auf der Suche nach weiteren Helfern. Derzeit arbeiten 27 Ehrenamtliche fest mit, dazu kommen 15 Helfer, die bei Bedarf einspringen und Schichten übernehmen. Wer mitmachen möchte wendet sich an Heinz Schrey, 25757, oder schickt eine Mail an: ehrenamt@st-cyriakus.de.

Die Cyriakuskirche ist dienstags bis freitags von 9 bis 12 Uhr sowie von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Samstags stehen die Türen von 9 bis 12 Uhr offen. Hinzu kommen besondere Öffnungszeiten etwa zu Aktionen und Festen in der Innenstadt, darum kümmert sich aber ein weiterer Kreis Ehrenamtlicher.