Nach dem Krebsskandal um verfälschte Medikamente haben es Forderungen der Bottroper Selbsthilfegruppen in ein neues Gesetz geschafft.

Nach dem Skandal um tausendfach gepanschte Krebsmedikamente aus einer Bottroper Apotheke haben die Bottroper Selbsthilfegruppen einen Forderungskatalog erstellt, damit so ein Fall nie wieder passiert. Zwei ihrer wichtigsten Forderungen, die sie damals in einer Petition zusammen gefasst haben, sind jetzt vom Bundestag verabschiedet worden. Aber: Ausgerechnet an den vorgesehenen unangekündigten Kontrollen von Schwerpunktapotheken nimmt der Bundesrat, die Vertretung der Bundesländer, Anstoß. Vor der entscheidenden Sitzung will der Wohlfahrtsverband „Paritätische“ als Vertreter der Selbsthilfegruppen die Ministerpräsidenten überzeugen.

Sieben Forderungen

Unmittelbar nach der Verhaftung des Apothekers Peter Stadtmann Ende November 2017 haben die Bottroper Vertreter der Selbsthilfegruppen eine Petition mit sieben Forderungen erstellt, um solche massiven Betrugsfälle künftig wirksam zu verhindern. Dieser Forderungskatalog wurde als „Bottroper Petition“ bekannt. 10.000 Menschen haben sie durch ihre Unterschrift unterstützt. „Über einen Zeitraum von zweieinhalb Monaten haben wir hochkonzentriert gesammelt“, erinnert sich Jürgen Heckmann, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Bottroper Selbsthilfegruppen. „Wir haben dafür heftige Kritik zum Thema Datenschutz geerntet, aber auch viel Zuspruch nach dem Motto: Wenigstens ihr kümmert euch darum.“

Verband hat Forderungen übernommen

Zwar hat die Bottroper Petition nicht genug Stimmen für eine Behandlung im Bundestag bekommen, erinnert sich Anne Multmeier. Aber der Gesamtverband der Paritätischen hat die Bottroper Kernforderungen in seine Stellungnahme zu einem Gesetzentwurf übernommen. Und der Bottroper Bundestagsabgeordnete Michael Gerdes (SPD) „hat sich mit aller Kraft und Hartnäckigkeit für die Umsetzung der Forderungen sowohl beim Petitionsausschuss als auch in den Gremien des Bundes eingesetzt“, sagt Multmeier.

Gesetz beschlossen

Mit Erfolg. Anfang Juni hat der Bundestag das „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ beschlossen. „Es verpflichtet die Behörden zu unangemeldeten Kontrollen bei Schwerpunktapotheken. Das ist extrem wichtig auch für den Schutz von Whistleblowern“, sagt Friederike Lelgemann vom Selbsthilfebüro. Ausgerechnet diese Vorschrift stößt jetzt bei den Bundesländern auf Kritik. Deshalb will der Verband vor der entscheidenden Sitzung die Ministerpräsidenten mit einem offenen Brief anschreiben.

Multmeier: „Wenn die Länderkammer dem Gesetz zustimmt, lassen wir am Freitag nächster Woche die Sektkorken knallen.“

Schutz für Tippgeber

Das Europäische Parlament hat bereits im April eine Richtlinie verabschiedet zum Schutz von „Whistleblowern“: Tippgeber, die Missstände öffentlich machen, sollen besser geschützt werden und ihre Informationskanäle selbst wählen dürfen.

Die EU-Staaten müssen noch zustimmen und in nationales Recht umsetzen.