Bottrop. In Bottrop haben rund 170 Bergmänner vor der Arbeitsagentur protestiert, weil sie von der RAG betriebsbedingte Kündigungen erhalten haben.
Rund 170 Bergleute und weitere 130 Angehörige haben am Dienstag vor dem Bottroper Arbeitsamt demonstriert. Am vergangenen Freitag bekamen etwa 200 Kumpel ihre Kündigung von der RAG und müssen sich jetzt arbeitslos melden. Drei von ihnen machten das am Vormittag in der Bottroper Arbeitsagentur symbolisch für alle Betroffenen.
„Versprechen gebrochen“
Daniel Kuhlmann, Anwalt von rund 140 der Bergmänner und Versammlungsleiter der Demonstration: „Unsere Mandanten kritisieren, dass es das Versprechen gab, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird. Dieses Versprechen wurde jetzt gebrochen.“ Adäquate Job-Angebote bei anderen Unternehmen habe es für die betroffenen Bergleute nicht gegeben, betonte der Anwalt.
Mit Prosper-Haniel in Bottrop wurde im Dezember die letzte Zeche geschlossen. „Kein Bergmann fällt ins Bergfreie“, war stets das Motto des Bergbaukonzerns RAG (früher Ruhrkohle AG). Jetzt hat es doch betriebsbedingte Kündigungen gegeben und für Wut bei den Betroffenen gesorgt. Mit Trillerpfeifen und Tröten zogen etwa 300 Leute von der ehemaligen Zeche Prosper II an der Knappenstraße zur Arbeitsagentur an der Prosperstraße. Begleitet von einer Polizei-Eskorte machten die in Arbeitsmontur gekleideten Bergleute ihrem Unmut Luft. „Die Kündigung wurde per Bote zugestellt. Unpersönlicher geht es kaum“, sagte Elmar Hammerschmidt. Er ist einer der drei Kumpel, die sich am Dienstag bei der Arbeitsagentur arbeitslos meldeten.
Bis zuletzt arbeitete er als Technischer Angestellter über Tage im Büro. „Das einzige wirkliche Job-Angebot, das mir gemacht wurde, war am Hochofen für einen Stahlfabrikanten“, berichtete der Gruben- und Sicherheitswart. Eine Tätigkeit, die seiner bisherigen in keiner Weise ähnlich sei, sagte der 52-Jährigen, der seit 37 Jahren Bergmann ist.
„Die Bergleute können nicht verstehen, dass jetzt Arbeiten im Bergwerk an Drittfirmen abgegeben werden, die von ihnen noch bis 2035 gemacht werden könnten“, sagte Kuhlmann ergänzte: „Einige meiner Mandanten müssen Leute anlernen, die ihre Jobs dann übernehmen.“ Zum Beispiel bei Thyssen Schachtbau, das die Schächte auf Prosper Haniel für die RAG zurückbaut und verfüllt.
Bergleute wollen Weiterbeschäftigung erreichen
Auch André Bosserhoff reichte am Dienstag seine Arbeitslosmeldung ein. „Das habe ich noch nie gemacht. Ich habe immer gearbeitet und möchte es auch weiterhin tun“, sagte der 48-Jährige. Ein wirkliches Angebot für eine Beschäftigung in einem neuen Unternehmen habe er aber nicht bekommen. „Bei den Firmen, die man uns genannt hat, waren gar keine Stellen ausgeschrieben“, sagte Bosserhoff. Ähnlich ging es auch Michael Ludwig, dem Dritten im Bunde.
Die Bergleute wollen die Kündigungen mit Hilfe von Anwalt Kuhlmann vor Gericht überprüfen lassen und eine Weiterbeschäftigung erreichen. Laut Daniel Kuhlmann laute die Begründung der RAG für die betriebsbedingten Kündigungen: Es gebe keine Arbeit mehr, man hätte alles für die Kumpel getan. „Dem ist aber nicht so“, sagte Kuhlmann. „Die angebotenen Stellen, wie Ingenieure oder Betriebsärzte, passen in keiner Weise zu den bisherigen Tätigkeiten der Kumpel“, so Kuhlmann. Bergmann Thomas Hoffmann betont, dass es noch bis 2035 Arbeit unter Tage gebe. „Da ist genug Arbeit, die wir machen könnten.“
„Keine schlaflosen Nächte vor Gerichtsverhandlung“
Unverständnis für die Demonstration und die Beschwerden der Kumpel äußerte hingegen die RAG: „Seit Monaten kontaktieren uns Firmen und fragen nach Mitarbeitern, weil sie wissen, der Bergbau wird beendet“, teilte Unternehmenssprecher Christof Beike mit. Zwar bestätigte er, dass es knapp 200 betriebsbedingte Kündigungen gegeben habe, betonte aber, dass jeder Bergmann mindestens zwei bis drei Stellen angeboten bekommen habe. Alle der RAG gemeldeten Stellenangebote seien ins Intranet der RAG gestellt worden. „Wenn wir passgenaue Stellen entsprechend der Qualifizierung unserer Mitarbeiter hatten, wurde der Mitarbeiter gesondert angeschrieben“, betont Beike. Die Resonanz sei aber gleich Null gewesen. Noch immer könnten sich Mitarbeiter auf freie Stellen bewerben.
Auch beim Thema Drittfirmen hat Beike kein Verständnis für die Demonstranten: „Im Rahmen der Investitionsprojekte für die ewige Wasserhaltung werden abschnittsweise Schächte zu Brunnenwasserhaltungen umgebaut. Für die Konzept- und Ausführungsplanungen werden Ingenieurleistungen eingekauft, weil eigenes Know-how nicht zur Verfügung steht.“ Ebenso würden Drittfirmen für kurzfristige Projekte eingesetzt. „Eine Vertragsverlängerung für Thyssen-Schachtbau bis 2035? Gibt es nicht“, betont Beike. „Vor einer etwaigen Gerichtsverhandlung hätte ich keine schlaflosen Nächte“, sagt der RAG-Unternehmenssprecher.